PRAXIS-BESUCH
Balance zwischen Genuss und Vernunft
Oecotrophologie
Seit Oktober 2017 bietet Dr. Bettina Jagemann Ernährungstherapie in ihrer eigenen Praxis in Wedel an. Die studierte Oecotrophologin promovierte im Fachbereich Medizin und baute 2008 in der Uniklinik Eppendorf die Ernährungstherapeutische Ambulanz der hepatologischen und gastroenterologischen Abteilung im Zentrum für Innere Medizin auf. Dort ist sie auch weiterhin zwei Tage in der Woche tätig.
Eine enge Zusammenarbeit mit Ärzten ist der Wissenschaftlerin also nicht fremd. Da sie seit 2009 als Ernährungstherapeutin beim Berufsverband Oecotrophologie (VDOe) zertifiziert ist, wird ihre Therapie von den Krankenkassen bezuschusst. Dies ist das große Qualitätsmerkmal in der Ernährungsbranche. „Der Begriff Ernährungsberatung ist nämlich nicht geschützt“, weiß Jagemann.
Der Bedarf an Ernährungstherapien steigt jedoch zunehmend an. Immer öfter schicken Ärzte ihre Patienten in die Praxis nach Wedel, in der Dr. Jagemann unter anderem Beschwerden bei Magen-Darm-Erkrankungen, Lebererkrankungen, Bluthochdruck, Diabetes, Insulinresistenz und Übergewicht behandelt. „Die Ärzte klären die Patienten darüber auf, dass sie aktiv zu ihrer Genesung beitragen können. Dies wird teilweise sogar verordnet“, erzählt die Expertin.
Zuerst beginnt die 47-Jährige stets mit einer ausführlichen Anamnese der Krankengeschichte. Dabei berücksichtigt sie alle Blutwerte, Operationsberichte und den Gewichtsverlauf. Danach folgt eine Körperzusammensetzungsmessung mit einer speziellen Waage – wie viel Wasser und Muskeln sind da, stimmen die Verhältnisse überein? Im Anschluss erhält der Patient seinen angepassten „Fahrplan“, wie die Wissenschaftlerin ihn nennt, nach dem er sich ernährt.
In regelmäßigen Abständen wird gemeinsam überprüft, wie die Person damit zurechtkommt. Das passiert Schritt für Schritt. „Ich finde es nicht richtig, alles auf einmal umzustellen, denn der Patient soll sich ja dauerhaft besser fühlen und das Konzept beibehalten“, so Jagemann. „Eine Lebensstilveränderung, mit der sich Patienten langfristig wohlfühlen – zwischen Genuss und Vernunft.“ Die Therapie begleitet den Patienten zwischen drei und zwölf Monaten.
Eine Ernährungstherapie hat immer auch mit Psychologie und Fingerspitzengefühl zu tun, da jeder Patient unterschiedlich damit umgeht, sich fortan anders zu ernähren. Eine individuelle Behandlung und die Erkenntnis, dass Essen etwas mit Selbstfürsorge zu tun hat, sind elementar.
Zunehmend therapiert Dr. Bettina Jagemann auch Unverträglichkeiten mit beispielsweise unspezifischen Bauchschmerzen. Unverträglichkeiten nehmen aufgrund der schlechteren Ernährung weiter zu. „Die Qualität unserer Nahrung hat sich verändert, allein schon durch versteckte Zuckerquellen. In unserem schnellen Leben wird es immer schwieriger, qualitativ gutes Essen zu sich zu nehmen.“
Fructoseintoleranz entsteht durch einen Essfehler, den der Patient selber verursacht.
Auch die vegane Welle stellt laut der Oecotrophologin keine ausgewogene Ernährung dar. Viele verursachen damit eine Kohlenhydratunverträglichkeit.
Auch die starke Konzentration an Fruchtzucker in dieser Ernährungsform kann der Körper auf Dauer nicht verarbeiten, sodass es zu Unverträglichkeiten kommt. Die Fructosemalabsorption entsteht demnach durch einen Essfehler, den der Patient selber verursacht, weil er sich mit seiner Ernährung eigentlich etwas Gutes tun wollte. Hier gilt es, wissenschaftlich an die Ernährung und den komplexen Verdauungsablauf im Körper heranzugehen.
Ein weiterer Baustein der Ernährungsberatung ist die Prävention. Bei beginnendem Übergewicht lohnt es sich, rechtzeitig entgegenzuwirken, um idealerweise gar nicht übergewichtig zu werden beziehungsweise keine Erkrankungen davonzutragen. Hierzu veranstaltet die Ernährungstherapeutin spezielle Präventionskurse, die ebenfalls von den Krankenkassen bezuschusst werden.
Wer Interesse hat, kann am 15. September zum Tag der offenen Tür kommen, die Praxis und das Team kennenlernen und sich über die neuen Präventionskurse im Herbst informieren.
Dr. Jagemann selbst ernährt sich nicht vegetarisch, aber achtet auf die Qualität des Fleisches. Fisch sowie regionale und saisonale Produkte stehen außerdem auf ihrem Speiseplan.
„Es muss nicht immer alles Bio sein, da ist auch viel Quatsch dazwischen. Man trifft mich aber auch an der Pommesbude – bei zwei pubertären Kindern bleibt das nicht aus.“