1. Juni 2016
Magazin

Bemerkenswerte Neuerung

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LESERBRIEFE 

Klönschnack 5/2016
Klönschnack 5/2016

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Bemerkenswerte Neuerung

Betr.: Neue Seiten im KLÖNSCHNACK; Hauptstadtbrief – Informations- und Hintergrunddienst aus Berlin, (KLÖNSCHNACK 5/2016)

Dass der KLÖNSCHNACK unseren Blick über die vielen kommunalen Ereignisse und auch Probleme nun mit der Hintergrund-Einlage aus der Hauptstadt weitet, ist eine bemerkenswerte Neuerung.

Noch 20 Jahre nach der Gründung der CDU kannten wir in den Ortsverbänden regelmäßig den „Bericht aus Bonn“ des zuständigen Bundestagsabgeordneten, den die älteren Parteimitglieder erfurchtsvoll über sich ergehen ließen, während uns Jüngere oftmals diese kritiklose Vermittlung der Bundespolitik gepaart mit der Demutshaltung einer Provinz nervte.

Wir wollten mitreden und Signale aus dem Land Richtung damaliger Bundeshauptstadt richten, die einerseits fernab lag und sich bei allem nicht so wichtig nahm, wie Berlin, Hamburg zwar geografisch näher ist, aber politisch abgehobener wirkt.

Mit Bonn sprach die damalige Pressehauptstadt Hamburg dann aber zunehmend zumindest auf Augenhöhe. Das übrige besorgten Persönlichkeiten aus Hamburg und dem Norden, wie Helmut Schmidt, Herbert Wehner, Hans Apel, Gerhard Stoltenberg, Ernst Albrecht, Karl Schiller, Erik Blumenfeld, Volker Rühe. Zumindest bei den jährlichen Haushaltsberatungen und den großen politischen Debatten im Bundestag am Rhein war die Reihen des Bundesrates rechts vom Präsidium voll besetzt. Nicht nur der Kieler Ministerpräsident Stoltenberg griff zuweilen in Debatten ein. Heute herrscht dort meist gähnende Leere.

Nicht nur das unterscheidet die „Berliner“ von der „Bonner“ Republik. Der Umzug nach Berlin wurde einst damit begründet, näher am Volk zu sein. Untermauert wurde diese Position unter Verweis auf Ost-Berlin, das nun die Wirklichkeit der DDR präsentieren sollte, obwohl nicht nur die Dresdner als vernachlässigte Kulturmetropole ein Lied davon singen konnte, wie einsam privilegiert „Berlin, die Hauptstadt der DDR“ im Vergleich zur Provinz dastand. Der Umzug bewirkte offenkundig nicht mehr Bodenhaftung, sondern sorgte für die nun beklagte Käseglocke um Berlin-Mitte mit dem „Borchardt-Milieu“.

Insofern kommt der Befund von Max Thomas Mehr nicht überraschend. Nach Jahren des Tanzes um das goldene Kalb „Hauptstadt“, stellt der Autor ernüchtert fest, dass das dortige kommunalpolitische Fundament einer Metropole nicht würdig ist. Ich füge hinzu, dass dieses auch auf einer Wechselwirkung beruht. Nämlich der Abgehobenheit eines politischen und kulturellen „Hauptstadtaltars“, der alles in der föderalen Republik aufnehmen und abbilden soll. Der Weg zu einer zentralistischen Republik schien nicht mehr weit. Nun kommt die als populistisch bezeichnete Antwort aus der Fläche, aber am traditionellen Parteiensystem vorbei.

Bemerkenswert sind die Feststellungen des Mitbegründers der taz, der den Aufstieg der AfD nicht nur bei bisherigen Nichtwählern, sondern auch bei Wechselwählern aus dem bürgerlichen und linken Lager sowie bei Jungwählern festmacht. Das sei „nicht mit der Angst vor Armut oder sozialem Abstieg abzutun“. Es sei auch nicht die Angst vor einer ihnen fremden Religion. „Es ist die wie auch immer diffuse Ahnung, dass Migration und Terror eben doch zusammenhängen und beide mit dem politischen Islam zu tun haben, der bei sich zuhause um die Vorherrschaft unter den Muslimen ringt und hier die offene, westliche Gesellschaft bekämpft, wo immer er sie treffen kann.“
(…)

PETER SCHMIDT
VORSITZENDER DES ORTSVERBANDES
NIENSTEDTEN CDU

„Fassen Sie mich nicht an!“

Betr.: Lesererlebnis in der Hamburger S-Bahn

Am Dienstag, gegen Mittag steige ich am Bahnhof Iserbrook in die S-Bahn Richtung Blankenese. Ich wundere mich über einige Leute im Eingangsbereich, die DB-Westen tragen und setze mich in den hinteren Teil des Wagens und lese. Eine laute, brüllende Stimme lässt mich aufblicken.

Ich machen einen Mann mit fast ganz rasiertem Kopf im vorderen Teil ausfindig, der scheinbar völlig im Affekt ist. Es schlägt mit Kraft und voller Wut gegen eine Scheibe und brüllt dabei Schimpfworte.

Ich höre eine zaghafte Stimme, die sagt: „Wir sind von der DB-Sicherheit, was können wir für Sie tun?“

Der Mann wird noch lauter und wütender. Der Hinweis, sich doch zu beruhigen stachelt ihn noch mehr an. Ich höre noch ein „Fassen Sie mich nicht an, dann dreh ich durch!“ und sehe wie er mit kraftstrotzenden Schritten, dabei auf das Mobiliar einschlagend, den Gang entlang läuft und auf meine Sitzgruppe zukommt.

Man muss mir wohl mein mulmiges, inneres Gefühl angesehen haben, denn ein DB-Sicherheitsmann kommt und sagt: „Keine Angst, das ist nicht echt. Sonst wären wir schon längst eingeschritten. Das ist ein Schauspieler. Wir machen mit den neuen Kollegen des Sicherheitsdienstes ein Training on the Job, ein Deeskalationstraining.“

In Blankenese steige ich aus. Dort sehe ich eine weitere Gruppe von Männern in DB-Sicherheitswesten. Ist wohl die nächste Gruppe von „Frischlingen“, die hier eine sehr realistische Übung absolvieren soll.

Bei allem Schrecken, den ich empfunden habe, finde ich es beruhigend, dass die Mitarbeiter, die uns Fahrgäste schützen sollen, solch eine wirklichkeitsnahe Ausbildung erhalten. Und aus der zaghaften Stimme, „Wir sind von der DB-Sicherheit“, wird bestimmt auch noch eine kräftigere und selbstbewusstere werden. Ich nehmen an, dass kommt dann in der nächsten Trainingseinheit.

WOLFGANG HAASE
ISERBROOK

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