30. Juni 2016
Magazin

Betreuerbestellung trotz Vorsorgevollmacht

<div general-layout-selector="#html_structura_area_v2

SERVICE RECHTSANWÄLTE 

Betreuerbestellung trotz Vorsorgevollmacht

Kommentar im Juli

Rechtsanwalt Ingo Holzhäuser, Telefon 86 64 61 71
Rechtsanwalt Ingo Holzhäuser,

Telefon 86 64 61 71
In Zeiten sich immer weiter entwickelnder medizinischer Möglichkeiten der Lebenserhaltung, die teils unter unwürdigen Umständen für den Betroffenen getroffen werden, errichten Menschen zunehmend Vorsorgevollmachten für den Fall, dass sie ihren freien Willen nicht mehr hinreichend äußern können und einem zu bestimmenden Vorsorgebevollmächtigten durch die Vorsorgevollmacht diese Aufgabe übertragen. Die Vorsorgevollmacht ist frei errichtbar und frei widerrufbar. Unter Ehegatten setzen sich diese häufig wechselseitig zum Vorsorgebevollmächtigten ein.

Die Vorsorgevollmacht soll nicht nur die Beachtung des Willens des Vollmachtgebers im Vorsorgefall sicherstellen, sondern in der Regel auch die Anordnung einer gesetzlichen Betreuung vermeiden. In den letzten Monaten sind hierzu einige Entscheidungen des Bundesgerichtshofes ergangen, die die Frage behandeln, wann bei bestehender Vorsorgevollmacht gleichwohl ein gesetzlicher Betreuer eingesetzt, das Ziel der Vollmacht dadurch durchbrochen werden kann. Auszugehen ist hierbei von dem in Artikel 2 Abs.1 GG geschützten Selbstbestimmungsrecht des Vollmachtgebers. Dieses grundgesetzlich geschützte Recht rechtfertigt nur in engen Schranken eine Begrenzung, d.h. ein Übergehen der Vollmacht durch Einsetzung eines Betreuers.

Zwei Fallgruppen bilden sich in der Rechtsprechung hierbei heraus. Die eine betrifft die Vollmacht selbst, die andere die Person des Bevollmächtigten. Kann in der ersten Fallgruppe nicht mehr zweifelsfrei festgestellt werden, ob die Vollmacht bei bestehender Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers errichtet oder widerrufen wurde, so kann dieser bestehende Zweifel es gebieten, eine Betreuung anzuordnen, wenn andernfalls zu befürchten ist, dass die Interessen des Vollmachtgebers nicht hinreichend gewahrt werden können. Konsequenz hieraus ist, dass die Errichtung der Vorsorgevollmacht nicht auf den Krankheitsfall aufgeschoben werden sollte, sondern rechtzeitig, also bei voller Gesundheit bzw. Geschäftsfähigkeit errichtet wird. In der anderen Fallgruppe bestehen Zweifel an der Eignung des Bevollmächtigten. Handelt dieser missbräuchlich oder gegen die Interessen des Vollmachtgebers, ist dies ohne weiteres nachvollziehbar. Aber auch ohne böse Absicht können Zweifel an der Eignung auch dadurch entstehen, dass dieser z.B. altersbedingt selbst nicht mehr zweifelsfrei in der Lage ist, elementare Entscheidungen für den Vollmachtgeber zu treffen. Werden also die sich wechselseitig bevollmächtigenden Ehegatten gemeinsam alt und tritt dann der Vorsorgefall bei einem Ehegatten ein, kann die Gefahr bestehen, dass auch der andere Ehegatte schon gesundheitlichen oder altersbedingten Einschränkungen unterliegt, die seine Eignung als Bevollmächtigten ausschließen. Ist dies der Fall, kann ein Betreuer eingesetzt und das Ziel der Vorsorgevollmacht damit vereitelt werden. Es empfiehlt sich daher regelmäßig zu überprüfen, ob die Vollmacht der aktuellen Situation noch gerecht wird oder aber eine besondere Regelung aufzunehmen ist, dass bei wegfallender Eignung des Bevollmächtigten bereits in der Vollmacht selbst ein Ersatzbevollmächtigter, beispielsweise das eigene Kind, neben dem Ehegatten eingesetzt wird. So wichtig eine Vorsorgevollmacht ist, so wichtig ist es auch, dass sie „richtig“ vorausschauend errichtet wird.

Auch interessant