4. Januar 2016
Magazin

Ein Freund der Geige

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INTERVIEW

Ein Freund der Geige

DER KLÖNSCHNACK sprach mit David Garrett

FOTO: PHILIPPE MÜLLER
FOTO: PHILIPPE MÜLLER
Der Ausnahmegeiger begeistert seine Fans damit, dass er auf der Bühne genau das präsentiert, was ihm künstlerisch am Herzen liegt. Dafür meistert er den Spagat zwischen ausverkauften Crossover-Konzerten in Arenen und den Konzertsälen der Hochkultur. Mit dem Meister sprach Stadtkulturredakteurin Katharina Apostolidis. 

David, Du gehst auf Explosive-Tour, sind Deine Shows noch steigerungsfähig?
Nach jeder Crossover-Tour treibt mich die Frage an: Was machen wir bei der nächsten Tour? Bis jetzt ist mir immer was eingefallen! Es wird ein brandneues Programm geben, sowohl musikalisch als auch choreographisch. Die Bühne dreht sich z.B. 360 Grad. Ich hoffe, das Orchester ist schwindelfrei! (lacht) Ich denke, dass wir mit der nächsten Tour wirklich einen neuen Maßstab setzen.

Inwiefern klingt Deine neue CD „Explosive“ vom Sound anders?
Ich habe hier viel selbst geschrieben. „Rock Symphonies“ war ja fast schon programmatisch, deswegen waren viele Rocknummern drauf, bei „Music“ war mir die Vielfalt wichtig, ich wollte Musik aus aller Welt auf einer CD vereinen. Jetzt, bei dem „Explosive“-Album, hatte ich mir keine Regeln gesetzt und der Kreativität keine Grenzen gesteckt.

Wie komponierst Du?
Ich habe das Glück, durch die Weltgeschichte zu reisen, und kann dann bei den Songs sagen: Das Stück ist in Mexiko entstanden, das in Südkorea und dieser Song in Berlin. Die Eindrücke auf Reisen geben einem als Künstler enorme Denkanstöße und Inspirationen, etwas zu schreiben. Dieses Album hätte ich nicht einfach nur in der Wohnung schreiben können.

Schreibst Du Deinen Musikern ihre Stimmen auf?
Meistens lege ich Wert darauf, dass das, was ich im Kopf habe, auch so widergegeben wird. Ausnahme ist zum Beispiel Ritmo Español. Da habe ich dem Gitarristen gesagt: „Du, ich höre hier Flamenco-Gitarre, gib mir mal verschiedene Beispiele.“ Dann suche ich mir das Beste aus. Xavier Naidoo habe ich auch nicht die Melodie vorgegeben, weil er natürlich superprofessionell ist. Ansonsten bereite ich aber alles selbst sehr akribisch vor, das ist mir künstlerisch einfach wichtig.

Im Mai wirst Du bei Deiner „Recital Tour 2016“ hier in Hamburg in der Laeiszhalle mit Kreisler, Sarasate und Paganini auftreten. Was fasziniert Dich an diesen Komponisten?
Ich möchte kürzere, virtuose Stücke spielen, auch romantische fürs Herz. Das, was meine großen Idole Heifetz, Menuhin, Oistrach gemacht haben. Dieses klassische Rezital, was dem Publikum viel Spaß macht, das möchte ich wiedergeben.

Wie viele Stunden übst Du am Tag?
Im Alter von 7 Jahren habe ich 5 Stunden am Tag geübt, was aber auch in der Klasse, in der ich war, im Prinzip alle gemacht haben. Es hatte Priorität vor allem anderen, denn das Fundament des Übens liegt in der Kindheit. Gott sei Dank muss ich heute nicht mehr so viel üben, aber 2 bis 3 Stunden am Tag sind schon noch Pflichtprogramm.

Unterrichtest Du?
Nein. Gerade habe ich beim RTL-Spendenmarathon zum ersten Mal eine Stunde Unterricht versteigern lassen. Ich könnte einen Studenten momentan nicht einmal die Woche sehen, da würde ich als Lehrer unverantwortlich handeln. Die Regelmäßigkeit halte ich auch meinen Lehrern sehr zugute, selbst Itzhak Perlman habe ich damals jede Woche gesehen.

Was kannst Du musizierenden Kindern und Jugendlichen mit auf den Weg geben?
Man muss Zuhörer und Zuschauer werden und viele Konzerte anhören, dann fühlt man sich später auch selbst in der Situation auf der Bühne wohler. Es war für mich als Kind immer eine große Motivation, große Musiker live zu hören. Das hat mich angespornt, es auch so machen zu wollen.

Ein Tipp gegen Lampenfieber?
Es gibt kein Lampenfieber. Man muss die Angst umarmen.

Hast Du das Gefühl, dass Du in Deiner Geige einen Freund hast, der immer zu Dir steht, egal wie Du drauf bist?
Ja, und ich hoffe, ich bin auch ein Freund der Geige (lacht). 

Interview: katharina.apostolidis(at)kloenschnack.de

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