CAP SAN DIEGO
Ein Museum auf Reise
Die Seele im Hafen
Mit ernstem Blick schaut Kapitän Rüdiger von Ancken zur Uhr. „Notieren Sie, 18.12 Abfahrt“. An wen die Bemerkung geht, wird angesichts des Gedränges auf der Brücke nicht ganz klar. An von Anckens Seite steht Hafenlotse Jan Peter, der sogleich das Kommando übernimmt. „Backbord 20“, seine erste Anweisung, die von Ann-Kathrin Köpke, einer im Brückenschott stehenden, zukünftigen Kapitänin, unverzüglich an den Rudergänger weitergegeben wird. Das ist schwierig, denn die Gäste stehen dicht an dicht auf der Brücke und in den Nocken. Wer hier etwas zu sagen hat oder gänzlich ahnungslos aus dem Brückenfenster schaut, ist schwer zu unterscheiden.
Auf dem nahe der „Cap San Diego“ liegenden Luxusliner „Europa“, Stunden später wird er die „Cap San Diego“ auf der Elbe passieren, sind die Männer und Frauen der Besatzung noch an ihren Uniformen zu erkennen. Ob Nautiker, Servicepersonal oder Bademeister – alles blitzt und blinkt. Auf dem Museumsschiff „Cap San Diego“ hingegen tragen auch einige der wichtigeren Leute einen roten Overall.
Zu den wichtigsten Personen an Bord eines Schiffes zählt damals wie heute der Koch. Rund 500 Gäste und die Besatzung wollen verpflegt werden. Während die Brigaden auf der „Europa“ ein Vier-Gang-Menü für geladene Gäste zubereiten, steckt in der Kombüse in der Backröhre ein Rinderbraten Die Besatzung fasst ihr Essen in einem ehemaligen Laderaum, in dem noch Haken von der Decke hängen. „An ihnen hingen früher Rinderviertel“, erklärt ein Mann in rotem Overall. Ein anderes Besatzungsmitglied knurrt: „Haben Sie ein rotes Band?“. Denn nur wer ein rotes Band am Gelenk trägt, darf in dem ehemaligen Kühlraum mit den vielen Haken sitzen.
Es gibt noch mehr Parallelen von Luxusschiff und Museumsschiff. Hier wie dort orientieren sich die Gäste ganz verschieden. Die einen zieht es in die Bar, andere lauschen der Bordkapelle oder genießen Kunst. All das gibt es tatsächlich auch auf den Gästefahrten der „Cap San Diego“.
Gemeckert wurde einen Tag später nur bei den Umweltschützern vom Naturschutzbund Deutschland. Die warnten vor giftigen Schiffsabgasen.
Nur eine von 23 Kreuzfahrtschiffen verfüge über einen Landstromanschluss. Auf der „Cap San Diego“ gab sich niemand als Umweltschützer zu erkennen.
Autor: helmut.schwalbach(at)kloenschnack.de