30. September 2017
Magazin

„Ein reines Gewissen haben“

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INTERVIEW DES MONATS 

„Ein reines Gewissen haben“

Sagen Sie mal …
… Stefan Eckert, Modedesigner

In der tagsüber wuseligen Hafencity traf der KLÖNSCHNACK den ob seiner Erscheinung unübersehbaren Modemacher im Hotel 25hours zum Gespräch über Mode, Stil und Leder.

Herr Eckert, wie nehmen Sie Mode, oder auch Kleidungsstil, wahr?

Für mich ist Mode etwas unglaublich Schönes. Etwas, was meinem Leben Vielfalt verleiht und mir die Möglichkeit gibt, den Zeitgeist mitzugestalten. Darüber hinaus empfinde ich Mode als hervorragende nonverbale Ausdrucksform und beschäftige mich auch nach fast 20 Jahren noch viel und gerne damit.

Registrieren Sie guten oder auch schlechten Stil auch im Alltag?

Natürlich. Vor allem der persönliche Stil sagt vieles über das Selbstverständnis eines Menschen aus. Ich empfinde es als angenehm, wenn Menschen auf sich achten und sich auch Esprit zeigen, wenn es um ihre äußere Erscheinung geht.

Hat Kleidungsstil nicht auch etwas mit Höflichkeit gegenüber dem anderen zu tun?

Nein, man sollte prinzipiell Dinge niemals für andere tun. Wenn sich jemand wirklich nicht für Mode interessiert, sollte er sich zu nichts zwingen. Meist liegt dieser verweigernden Attitüde allerdings zugrunde, dass die Menschen, zumindest hierzulande, Mode eine gewisse Oberflächlichkeit unterstellen. Diesen Gedankengang kann ich schwer nachvollziehen. Als ob einem ein unmodisches Auftreten automatisch Tiefgang und Reflexion verleihen würde.

Jeder italienische Busfahrer ist besser gekleidet als der durchschnittliche deutsche Büroangestellte. Woran liegt das?

Das hat etwas mit der Lust an Schönheit und allgemeiner Lebenslust zu tun. Die Italiener empfinden Mode nicht als Belastung, sondern als Teil ihrer Kultur. In Italien und Frankreich merkt man das vor allem auch an einem komplett anderen Selbstverständnis der Frauen. Dort gilt es beispielsweise nicht als Gegensatz, wenn eine Frau erfolgreich, selbstbewusst und kompetent ist und gleichzeitig mit ihren weiblichen Reizen spielt. In Deutschland hingegen wird Schönheit und Geist immer gerne als etwas Gegensätzliches empfunden.

Erlaubt Kleidung, in Teilen, auf die Persönlichkeit zu schließen?

Wenn man sich über seinen Stil viel Gedanken macht, dann schon.

Wie unterscheiden Sie zwischen Mode und Stil?

Beim Stil sollte es immer um einen selbst gehen. Es sollte kein Zwang sein. Wenn man Mode trägt, nur weil sie gerade Trend ist, hat man den Sinn von Mode nicht verstanden. Mode soll Spaß machen und die Möglichkeit geben, seine Individualität auszudrücken. Du pickst dir das raus, was dir gefällt, und lässt das beiseite, was du eben nicht magst und dann bringt Mode Spaß.

Es geht also mehr um einen individuellen Stil als um Mode?

Jeder sollte wissen, was ihm steht und gefällt. So sollte er sich auch kleiden.

Sie sind Spezialist für Damenmode …

Seit zwei Jahren gibt es bei mir auch Herrenmode.

Bäckerei Hartmut Körner e.K.
Was unterscheidet für Sie Damen- von Herrenmode?

Bei den Damen kann ich natürlich verspielter und experimenteller sein als bei den Herren. Die Herrenkollektion ist eher schlicht und die Kreativität liegt eher in der Ausarbeitung und Interpretation von Details. Bei Männern geht es oft darum, sich ein besonderes Teil anfertigen zu lassen, das einen ein Leben lang begleitet. Daher entscheiden sich Männer oft gerne für Hirsch, da das Material sowohl sehr fein als auch robust und widerstandsfähig ist. Männer sind im Design oft flexibler und lassen sich gerne beraten. Der Fokus liegt vor allem auf der Passform und der Verarbeitung. Frauen hingegen haben oft eine mitreißende und erfrischende Lust an Mode. Die kommen in den Laden und fragen: Was gibt es Neues?

Gibt es modische Teile, von denen Sie sagen würden, die gehen nun gar nicht?

Ich merke immer wieder, dass mir ein aufrechter, bewusster Gang an Menschen positiv auffällt. Jegliches Schuhwerk, das diesen watschelnden Gang bei Frauen und Männern verursacht, finde ich daher absolut verzichtbar.

Woher kommt die große Nähe zum Material Leder?

Zum einen ist Leder mein Lieblingsmaterial und zum anderen geht es mir bei meiner Mode darum, etwas Nachhaltiges zu schaffen, etwas ökologisch sinnhaftes. Heutzutage wird Leder sehr schonend verarbeitet, es kommen immer weniger Chemikalien zum Einsatz. Eine Lederjacke ist etwas Dauerhaftes und eben kein Modeprodukt, das nur für eine Saison konzipiert ist.

„… Schönheit und Intellekt werden auseinander gedacht.“

Mich fasziniert die Idee, Produkte zu erstellen, die Menschen ihr ganzes Leben lang tragen können. Da Nachhaltigkeit für mich nicht nur im Material, sondern auch in der menschlichen Ressource wichtig ist, produziere ich ausschließlich in Deutschland. Mein Leder beziehe ich sehr verantwortlich und schaue, woher es kommt. Prinzipiell verarbeite ich nur Leder, das als Nebenprodukt der Lebensmittelindustrie entsteht.

Welche Rolle spielt der Aspekt Nachhaltigkeit in der Mode?

Stefan Eckert im Gespräch mit KLÖNSCHNACK-Redakteur Helmut Schwalbach im Hotel 25hours
Stefan Eckert im Gespräch mit KLÖNSCHNACK-Redakteur Helmut Schwalbach im Hotel 25hours
Der Nachhaltigkeitsaspekt wird immer wichtiger für die Menschen. Ich sehe aber auch, dass viele sich mit einer nachhaltigen Attitüde nur schmücken, aber wenn es schwierig wird, fragen sie dann doch lieber nicht nach. Für mich ist wichtig, dass ich ein reines Gewissen habe. Und wenn es Leute gibt, die das gut finden und deswegen bei mir kaufen, freut mich das natürlich.

Welche namhafte, sympathische Marke fällt Ihnen spontan ein?

Ich finde Hermès sehr sympathisch, da sich die Marke immer den Charme einer Manufaktur erhalten hat und trotz des immensen Erfolgs konstant sehr hochwertig gearbeitete Stücke liefert.

Ich weiß selbst, wie schwierig und zeitintensiv es ist, sich ein so hochkarätiges Atelierteam aufzubauen beziehungsweise auszubilden und habe vor dieser Leistung – gerade mit Blick auf den weltweiten Erfolg von Hermès – höchsten Respekt.

Sehen Sie einen Trend zur Manufaktur, ähnlich dem bei Schokolade, Kaffee oder Marmelade?

Es gibt beides. Den Mainstream mit großen Kampagnen, die den Menschen so lange ein Image verkaufen, bis das zündet. Und dann gibt es Menschen, die sagen, sie haben keine Lust mehr auf hohe Preise und schlechte Qualität. Letztere werden mit einer kompetenten Manufaktur wohl glücklicher sein.

Woher kommen Ihre Kundinnen?

Das ist wirklich ganz breit gefächert. Ich bin selbst oft überrascht, wie unterschiedlich meine Kundinnen und Kunden sind.

Welche modischen Wünsche verspüren Sie bei Ihren Kundinnen?

Ich denke, dass alle auf der Suche nach dem Besonderen sind und sehr die Qualität und Individualität meiner Produkte schätzen. Wie stehen Sie zu Magermodels? Ich sehe das aus männlicher Sicht. Ich finde Frauen einfach schön, die auch wie Frauen aussehen. Fünf Kilo mehr sind verzeihbarer als fünf Kilo zu wenig. Ich denke, dass ich hier für die meisten Männer sprechen kann.

Warum sind Sie vor drei Jahren vom Mittelweg in die Hafencity gezogen?

Ich wollte in einem urbanen Stadtteil arbeiten. Dafür ist die Hafencity perfekt. Denn hier trifft nationales und internationales Publikum zusammen.

Herr Eckert, der KLÖNSCHNACK dankt für das Gespräch.

Gespräch: helmut.schwalbach(at)kloenschnack.de

www.stefaneckertdesign.com

Hapag-Lloyd Kreuzfahrten GmbH

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