1. Dezember 2016
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Frollein Müller, bitte zum Diktat

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Frollein Müller, bitte zum Diktat

Kommentar im Dezember

Rechtsanwalt Ralph Sendler, Telefon 390 87 11
Rechtsanwalt Ralph Sendler, Telefon 390 87 11
In der heutigen Zeit ist aus Fräulein Müller Frau Müller geworden und viele Chefs schreiben inzwischen selbst, bitten aber gerne einmal zu einem Personalgespräch. Im Arbeitsrecht tätige Anwälte bekommen dann immer wieder die Frage gestellt, ob man eine anwaltliche Begleitung für das Gespräch hinzuziehen dürfe. Nachstehend daher ein Überblick über die einschlägigen Situationen und die Rechtsprechung hierzu:

Vielfach ist die Ausgangslage so, dass es „im Gebüsch knistert“ und die Mitarbeiterin (oder der Mitarbeiter) nicht so recht weiß, was eigentlich los ist und ob Unheil droht. In dieser Situation kommt die Aufforderung des Chefs zum Personalgespräch. Die Verunsicherung ist grenzenlos und die Mitarbeiterin wünscht die Hinzuziehung eines Anwaltes oder eines Betriebsratsmitgliedes für die Unterredung. Hierauf jedoch hat ein Arbeitnehmer keinen Anspruch. Lehnt also der Chef die Anwesenheit einer Begleitperson – ob Anwalt, Betriebsrat oder nur vertrauter Freund – ab, kann man die (strategisch nicht immer kluge) Entscheidung treffen, das Gespräch insgesamt abzulehnen. Ein Mitarbeitergespräch gehört nicht zum Inhalt der Arbeitspflicht und demgemäß besteht keine Verpflichtung zur Teilnahme. Andererseits ist es generell eher zu empfehlen, der Bitte nachzukommen und sich anzuhören, was Anlass für das Gespräch ist. Sofern der Arbeitsvertrag eine Schriftformklausel enthält, wie meistens, ist auch das Risiko gering, dass dem Arbeitnehmer nach dem Gespräch irgendetwas „untergeschoben“ oder „in den Mund gelegt“ wird. Außerdem neigen die Arbeitsgerichte bei einem späteren Streit über den Inhalt des Personalgesprächs, welches aufseiten des Arbeitnehmers meistens ohne Zeugen geführt wird, zu einer Anhörung des Mitarbeiters wie ein Zeuge, um die Waffengleichheit wieder herzustellen. Einen Anspruch auf Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes (und wohl alternativ eines Betriebsratsmitgliedes) hat das Bundesarbeitsgericht jedoch dann anerkannt, wenn das Mitarbeitergespräch der erforderlichen Anhörung des Arbeitnehmers vor Ausspruch einer Verdachtskündigung dient. Zuletzt im Juli 2016 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass Mitarbeiter zwar das Recht zur Einsicht in die Personalakte haben und hierzu, sofern ein Betriebsrat existiert, ein Betriebsratsmitglied hinzuziehen dürfen, nicht jedoch einen Anwalt. Hier reicht die Möglichkeit, Kopien – auf eigene Kosten! – zu fertigen und diese mit dem Anwalt zu besprechen. Das Einsichtsrecht in die Personalakte kann ein Mitarbeiter auch nicht auf einen Anwalt per Vollmacht übertragen. Ein solcher Anspruch folge weder aus der Rücksichtspflicht des Arbeitgebers noch aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Eine vergleichbare Ansicht vertreten einige Landesarbeitsgerichte im Übrigen für das Personalgespräch im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM). Bei diesem Gespräch, welches der Arbeitgeber nach einer mehr als sechswöchigen Arbeitsunfähigkeit mit dem Arbeitnehmer wegen der weiteren Gestaltung des Arbeitsplatzes führen muss, bestehe kein Anspruch auf Hinzuziehung eines Anwalts. Ist ein Arbeitnehmer krank, muss er jedoch nach Auffassung des Landesarbeitsgerichtes Nürnberg kein Personalgespräch führen. Insgesamt dürfte aber auf jeden Fall gelten: „Nicht übereinander, sondern miteinander reden.“

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