INTERVIEW DES MONATS
Der Herr der Häuser
Sagen Sie mal …
… Christian Völkers, Unternehmer
Es begann mit dem Verkauf eines Hauses in Rissen. Durch ständiges Reinvestieren wuchs Engel & Völkers zu einem weltweit agierenden Unternehmen.
Das war ein ganz spannendes Haus in Rissen, mit dem damals sehr hohen Kaufpreis von 980.000 Mark. Der Käufer, ein Steuerberater mit Büro in der Stadt, wollte eigentlich gar nicht so weit in den Hamburger Westen ziehen. Doch ich konnte ihn von dem Objekt überzeugen.
Wie hat sich Ihre Branche seitdem verändert?
Der Dienstleistungsprozess ist exakt der gleiche wie damals. Sowohl der Käufer als auch der Verkäufer haben die gleichen Erwartungen an eine konstant hohe Dienstleistungsqualität.
Sie haben schon ganz früh Abläufe standardisiert und in einer sogenannten Fibel festgehalten. Wie kamen Sie auf die Idee?
Damals hatte ich mit Dirk Engel eine sehr gute Arbeitsteilung. Er war an der Front, ich war für die Strukturen, Werbung und Marketing zuständig. Nachdem Dirk Engel sich das Leben genommen hatte, stand ich vor der Frage, ob ich den eingeschlagenen Weg einer veritablen Hausmaklerorganisation für die Elbvororte verfolge oder ein größeres Unternehmen aufbaue.
Ich habe mich für den zweiten Weg entschieden. Unsere Fibel war im Nachhinein die Voraussetzung für unser Wachstum. Mir war klar, dass es nur funktioniert, wenn die Mitarbeiter im Gleichtakt agieren.
Was bedeutet das im Detail?
Der Kunde hat ein gleiches Marken- und Dienstleistungserlebnis, unabhängig davon, an welchen Mitarbeiter er sich wendet. Das kann man nur erreichen, indem man die Vorgänge standardisiert.
Dabei wird jeder Vorgang, von der Objektbewertung über den Abschluss bis hin zum After Sale Service, niedergeschrieben. Für die Fibel habe ich mich damals drei Monate nach Mallorca zurückgezogen und diese verfasst. Jede einzelne Handlung ist darin dokumentiert. Wie wird der Kunde an der Tür begrüßt, wie wird eine Besichtigung durchgeführt bis hin zur Courtage-Rechnung. So sollte eine Besichtigung immer im schönsten Raum enden, denn der Kunde sollte das Haus in bester Erinnerung behalten. Jeder Mitarbeiter absolviert diese Schulung in unserer hauseigenen Akademie.
Sie sind auf vier Kontinenten aktiv, kollidiert der Inhalt der Fibel da nicht manchmal mit kulturellen Besonderheiten?
Diese Aufgaben lösen wir, indem wir die Fibel an gesellschaftliche oder auch rechtliche Gepflogenheiten anpassen.
Haben Sie ein Beispiel parat?
In Hongkong etwa konnten wir mit unserer schwarzen Tür (ein E&V-Markenzeichen, Red.) nichts werden. Eine schwarze Tür ist dort ein Signal für schlechtes Karma. Nun ist unsere Tür in Hongkong rot. In manchen anderen Ländern darf man keine Hauswurfsendung machen. So wird die Fibel nicht nur kontinental, sondern auch jeweils national angepasst.
„Eine schwarze Tür ist ein Signal für schlechtes Karma.“
Der Käufer findet das Objekt über Internetportale, ist dadurch besser informiert als früher. Das vereinfacht unsere Dienstleistung. Trotzdem merken wir, wie wichtig und hilfreich für Kunden die persöhnliche Beratung vor Ort ist.
Welche Konsequenzen hat das Internet für die Verkäuferseite?
Der Verkäufer überlegt sich nach wie vor sehr genau, zu welchem Makler er geht. Dabei orientiert er sich an der Marke. Deshalb sind Shops, kompetente Mitarbeiter und gezielte Marketingaktivitäten für uns so wichtig.
Früher hatte ich mit diesem negativen Image ein kleines Problem. Heute finde ich das völlig unwichtig und sage mit Freude, dass ich Hausmakler bin. Trotzdem bemühen wir uns, zu einem positiven Image der Maklerbranche beizutragen. Wir investieren viel in unsere Mitarbeiter und ihre Ausbildung. Dabei kann ich nachvollziehen, dass der Ruf mancher Hausmakler nicht der beste ist.
Die Entwicklung der Finanzmärkte führte zu einer massiven Nachfrage auf dem Immobiliensektor. Läuft der Markt zu heiß?
Dieser Aspekt ist für uns nur am Rande relevant. Steigert sich der Kaufpreis um zehn Prozent, steigert sich für uns die Courtage ebenfalls um zehn Prozent. Wenn der Markt heißer läuft, die Transaktionsgeschwindigkeit steigt, bleibt für uns vor allem das Marktvolumen relevant. Von Bedeutung hingegen waren die Jahre 2008 und 2009. Die Märkte fielen in sich zusammen. In Dubai haben wir in diesen Jahren statt zehn Millionen Euro Courtage nur noch eine Million gemacht – also ein Einbruch um 90 Prozent.
Das Geschäft in Deutschland war davon nicht beeinträchtigt?
In den Jahren 2008 und 2009 konnten wir unseren Umsatz in Deutschland steigern, anders als im Ausland. Insgesamt haben wir unseren Umsatz in jedem Jahr erhöht. In 2016 haben wir über eine halbe Milliarde Courtage-Umsatz erzielt. Das entspricht einem Transaktionsvolumen von ca. 16 Milliarden Euro.
Sie kaufen jetzt Lizenzen Ihrer Franchisenehmer zurück. Markiert das einen Strategiewechsel?
Wir nennen es Strategieanpassung. Die Märkte in internationalen Metropolen stellen große, konzentrierte Transaktionsvolumen dar, die man nur mit sehr vielen Mitarbeitern bewältigen kann. Wenn wir eine Stadt so bearbeiten wollen, wie wir es uns vorstellen, ist eine Investition von fünf bis acht Millionen Euro nötig. In einer Stadt wie Barcelona beispielsweise sind dann über 300 Mitarbeiter tätig, wobei jeder sein eigenes Kerngebiet hat. Deshalb haben wir unsere Lizenzen in einigen Großstädten zurückgekauft.
Ein Unternehmen der Größe von Engel & Völkers geht üblicherweise über kurz oder lang an die Börse.
Die Idee, eine Dienstleistungsmarke auf der ganzen Welt bekannt zu machen, ist genau genommen eine völlig wahnsinnige Idee. Unter anderen Umständen hätte sie auch nicht funktioniert. Es braucht große, institutionelle Partner und große Kapitalerhöhungen, um so eine Marke zu etablieren. Wir haben die Marke durch permanente Reinvestition der Gewinne aufgebaut, also immer unser Geld wieder ins Unternehmen gesteckt. Den Weg an die Börse haben wir kurz nachdem die Märkte zusammengefallen sind, eingeschlagen. Doch wir haben die Notbremse gezogen, da es enorm schwierig geworden wäre.
Sie sind jetzt seit den 70er Jahren im Geschäft. Wie sieht Ihr persönlicher Plan aus?
Wir haben bereits über eine Nachfolge nachgedacht. Ich hatte das Glück, dass einer unserer Auszubildenden, der hier in den Elbvororten das Immobiliengeschäft gelernt hat, einer unserer ersten Lizenznehmer im Ausland geworden ist. Er hat auf Mallorca so fabelhaft gearbeitet, dass wir ihn später wieder nach Hamburg geholt haben. Seit 2014 ist er als CEO auf der selben Ebene wie ich.
Das Blankeneser Engel & Völkers-Büro wurde neu gestaltet und wird von der Zentrale gesteuert. Woran werden Elbvorortler das merken?
Spürbar wird es für sie durch weitere Mitarbeiter vor Ort. Jeder einzelne wird sich noch intensiver um seine Kunden kümmern und somit eine noch höhere Dienstleistungsqualität liefern.
Herr Völkers, der KLÖNSCHNACK dankt für das Gespräch und wünscht viel Erfolg bei der Strategieanpassung.
Fotos: louisa.heyder(at)kloenschnack.de