30. Juni 2016
Magazin

„Der Kurs ist richtig!“

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INTERVIEW DES MONATS 

„Der Kurs ist richtig!“

Sagen Sie mal …
… Marcus Weinberg, CDU-Bundestagsabgeordneter

Seit im vergangenen September Flüchtling zu Hundertausenden ins Land strömten wurde das Parteiengefüge durcheinander gerüttelt und der Ton im Land rauher.

„Mit der Flüchtlingsbewegung sind Ungewissheiten und sogar Ängste entstanden.“
„Mit der Flüchtlingsbewegung sind Ungewissheiten und sogar Ängste entstanden.“
Herr Weinberg, wie ist die Lage in Berlin?

Hoffnungsfroh und entschlossen gleichermaßen. Hoffnungsfroh sind wir, dass unsere Gesetze zum Asylrecht, zur Integration oder zur Terrorabwehr weiter wirken. Entschlossen sind wir bei der Bekämpfung extremistischer Strömungen im Inland und im Ausland. Dazu gehört für mich auch, dass wir unseren Partnern wie dem Ministerpräsidenten der Türkei klar machen, welchen politischen Umgang wir zukünftig er war ten. Hier müssen wir klare Ansagen machen.

Was konkret liegt vor der Sommerpause noch an?

Einzelnen Gesetzesvorhaben, wie die Gesetze zur Entgeltgleichheit oder zur Erbschaftssteuer, wollen wir noch vorbereiten. Für uns in der Union ist es wichtig, dass CDU und CSU endlich wieder enger beieinander stehen. Die Union muss wieder zur Geschlossenheit zurückfinden.

Sie gehören seit jeher zu den Merkel- Unterstützern. Liegen Sie nach wie vor auf Linie?

Ich gehöre zu denjenigen, die den Merkelkurs insbesondere im Hinblick auf die europäische Verantwortung unterstützen. Es muss für die Flüchtlingskrise und die Staatsschuldenkrise längerfristig europäische Lösungen geben. Frau Merkel und die Koalition haben mit den Gesetzen zum Asylpaket I und II und mit dem Integrationsgesetz aber auch die notwendigen innenpolitischen Maßnahmen ergriffen. Auch dafür steht Frau Merkel.

Das sehen nicht alle CDU-Mitglieder so. Kürzlich erst argumentierte ein langjährige CDU-Mann mir gegenüber, Kanzlerin Merkel habe in der Flüchtlingsfrage gegen ihren Amtseid verstoßen.

Ich habe Verständnis für die Sorgen auch der Menschen, die der Union immer nahe standen oder stehen. Mit der Flüchtlingsbewegung sind Ungewissheiten und sogar Ängste entstanden. Und ich verstehe, dass viele sagen, dass können wir vor Ort so nicht schaffen. Unsere Aufgabe ist es jetzt, gemeinsam in Deutschland umzusteuern, aber auch weiter für eine europäische Verantwortung zu werben. Deshalb haben wir innenpolitisch die Asyl-Gesetze verabschiedet und ordnen den Zustrom und die Integration. Wenn wir den Weg einer für uns unabdingbaren gemeinsamen europäischen Politik aber aufrecht erhalten wollen, dann ist der europäische Kurs von Angela Merkel richtig.

Hat Frau Merkels Politik dazu geführt, dass Terroristen unkontollierter ins Land kommen konnten?

Das stimmt nicht. Die Terroristen in Paris und Brüssel hatten belgische und französische Staatsbürgerschaften. Die waren schon vor Jahren nach Europa gekommen. Auch die Flüchtlinge, die seit dem Sommer nach Deutschland gekommen sind, wären auch ohne Frau Merkel nach Deutschland gekommen. Es war im September letzten Jahres richtig, dass wir die Tausenden von Menschen, insbesondere die Kinder, die vor Terror und Krieg geflüchtet sind und in Ungarn menschenunwürdig vor sich hin vegetierten, in Deutschland aufgenommen haben. Wir haben unsere christliche und unsere ethischmoralische Verantwortung wahrgenommen. Wir haben menschlich richtig gehandelt.

Noch ist unklar, wie sich die Flüchtlingszahlen entwickeln werden?

Wir haben im Moment nur noch wenige Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen. Aus den Balkanländern haben wir kaum noch Zugänge. Unsere Maßnahmen wirken. Und der Großteil der Flüchtlinge wird wieder in ihre Länder zurückgehen müssen, denn Vernicht zuletzt ist es die Aufgabe dieser meist jungen Menschen, ihr Land wieder aufzubauen. Für diejenigen, die bleiben, gibt es klare Integrationsvereinbarungen und klare Anforderungen, was wir als demokratischer Rechtsstaat erwarten.

Wie sehen Sie eine zukünftige Zusammenarbeit mit Ihrem derzeitigen Koalitionspartner?

Ich erwarte, dass wir die Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag so abarbeiten, wie wir es vereinbart haben. Versuche der SPD, zulasten des Mittelstandes oder der Wirtschaft, noch weitreichende Veränderungen vorzunehmen, werden wir vereiteln. Wichtiger wird aber zukünftig ein geschlossenes und einheitliches Auftreten von CDU und CSU als Vertretung der bürgerlichen Mitte sein. Die dauerhaften Querschüsse aus Bayern zahlen sich nicht aus. Ich erwarte, dass wir als Union uns endlich wieder auf unsere Werte besinnen, unsere Identität und unsere politischen Markenkerne zwischen Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und humanitärer Verantwortung definieren. Das Vertrauen der Menschen können wir nur dann zurückgewinnen, wenn wir ein klares Profil zeigen.

Im nächsten Jahr wird ein neuer Bundestag gewählt. Welche Themen werden im Mittelpunkt stehen, die Flüchtlingsfrage oder doch eher die Renten?

Ich hoffe, dass der große Zustrom an Flüchtlingen nun beendet ist. Die weitere Stabilisierung dieser Situation muss das politische Ziel sein. Jetzt geht es um eine nachhaltige verbindliche Integration der Menschen, die hier bleiben. Ich hielte es für äußerst problematisch, wenn das Thema Rente ein Wahlkampfthema wird. Wir müssen Reformen sachlich und überlegt diskutieren, denn im Wahlkampf sollte man keine Versprechen machen, die man später nicht halten kann. Ein Generationenkonflikt oder sogar eine tiefe Spaltung zwischen der jüngeren und der älteren Generation wäre fatal.

Welche Folgen hätte ein terroristischer Anschlag für die Bundestagswahl?

Zu jedem Zeitpunkt hätte ein Anschlag schlimme Folgen. Wir haben eine äußerst angespannte internationale Situation. Gerade deshalb sind jetzt auch im Hinblick auf die Terrorabwehr europäische Absprachen wichtig. Jetzt machen sich aber auch die falschen Einsparungen bei Polizei und Sicherheit bemerkbar. Wer nicht sicher ist, ist nicht frei, und eine freie Gesellschaft braucht Sicherheit.

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Wie groß ist die Sorge Ihrer Fraktion, nach der nächsten Bundestagswahl AfD-Leute neben sich sitzen zu haben?

Hauptsache wir bekommen eine handlungsfähige bürgerliche Regierung in Deutschland mit der Union an der Spitze. Wenn ich mir das Programm der AfD anschaue, ist es mit den Grundpositionen der deutschen Politik und einer freiheitlichen und solidarischen Gesellschaft im Sinne des christlichen Menschenbildes, der sozialen Marktwirtschaft und der europäische Integration nicht vereinbar. Und die Entlarvung ihrer Arbeit in den Parlamenten hat schon begonnen. Deutschland braucht Stabilität in diesen international schwierigen Zeiten, keine Rechtspopulisten.

Jahrelang war die Hamburger CDU stark vom Hamburger Westen geprägt. Nach den jüngsten Wahlen scheint diese Zeit vorüber zu sein.

Der Einfluss des Hamburger Westens ist so stark wie zuvor. Die Mitglieder der CDU haben gerade geschlossen und einvernehmlich den neuen Kreisvorstand gewählt. Wir sind innerhalb des Landesverbandes ein stabiler und anerkannter Faktor, weil wir uns so geschlossen und inhaltlich so stark einbringen. Und wir sind in den Parlamenten von der Bezirksversammlung, der Bürgschaft bis zum Bundestag in herausragenden Positionen vertreten. Die Abgeordnete Karin Prien als stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Franziska Grunwaldt als Sprecherin für Arbeit und Soziales haben ihr Standing und leisten in der Bürgerschaft tolle Arbeit und die Bezirksfraktion unter Uwe Szczesny spielt seit vielen Jahren eine dominante Rolle in Altona und den Elbvororten.

Wie wird Ihr persönlicher Weg nach der nächsten Wahl weitergehen?

Wir werden zunächst Ende 2016 unseren Wahlkreiskandidaten für Altona und die Elbvororte nominieren. Das machen die Mitglieder. Bisher habe ich für meine Kandidatur von Altona bis Rissen viel Unterstützung. Ich habe auch den Anspruch auf der Liste wie 2013 weit oben zu kandidieren.

Haben Sie den Wunsch, in Berlin eine bedeutendere Position einzunehmen?

Ich bin jetzt Sprecher für den familienpolitischen Bereich der CDU/CSU. Das ist ein Kernfeld der Union. Dass ein Hamburger Abgeordneter familienpolitischer Sprecher der Union ist, ist schon etwas Besonderes und eine gewisse Auszeichnung für uns Hamburger. Ich habe derzeit viel Spaß am Gestalten der Familienpolitik. Ich kann nun direkt bei den Gesetzen mitarbeiten und entscheidenden Einfluss ausüben. Und als Kapitän der Fußballmannschaft des FC Bundestages habe ich schon eine bedeutende Position …

Was tun Sie von Berlin aus für die Menschen im Hamburger Westen?

Wer die Familienpolitik in Berlin mit gestaltet, tut auch viel für die Familien im Hamburger Westen. Der Ausbau der Kindertagesbetreuung und des Elterngeldes oder die Reformen der Kinder- und Jugendhilfe kommen direkt bei den Menschen in Altona und den Elbvororten an. Die Ortsumgehung Rissen ist immer wieder ein einzelnes Thema. Die B431 ist vom Hamburger Senat für den Verkehrswegeplan nicht angemeldet worden. Das bedeutet, dass der Senat kein Interesse an der Ortsumgehung hat. Aber auch andere einzelne Themen wie den Ausbau von Desy als Forschungszentrum begleite ich weiter. Mein Hauptziel ist es aber, zukünftig Familien mit Kindern steuerlich stärker zu entlasten. Ich habe konkrete Vorschläge entwickelt, wie wir ein neues Familiensplitting und Entlastungen bei den Abgaben zu den Sozialversicherungen schaffen können.

Nach 2017 möchte ich das über eine Steuerreform umsetzen. Herr Weinberg, der Klönschnack dankt für das Gespräch.


Autor: helmut.schwalbach(at)kloenschnack.de

www.marcusweinberg.de

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