INTERVIEW DES MONATS
„Jeden Kollegen wertschätzen“
Sagen Sie mal …
… Dietrich von Saldern, Unternehmer
Nach wie vor gibt es Unternehmer, die aus eigener Kraft eine große Firma aufbauen. Der KLÖNSCHNACK traf einen von ihnen und sprach über Zement, Betongold und ehrbare Kaufleute.
Wir unterliegen, wie andere Branchen auch, konjunkturellen Schwankungen. Beton kommt im Wesentlichen im Bereich Hausbau, Industrie und Infrastrukturmaßnahmen zum Einsatz. Wir haben das Glück, dass wir in einem konjunkturellen Umfeld leben, in dem sehr viel gebaut wird. Das hängt unter anderem mit der derzeitigen Zinsentwicklung zusammen, die aufgrund der Geldmarktpolitik auf einem historisch niedrigen Niveau ist. Das veranlasst die Menschen stärker in Immobilien zu investieren.
Wir kennen das Beton-Gold …
Das ist ein sehr umschreibender Begriff. Immobilien sind eben sinnvoll, da sie den Menschen Vermögen, mithin eine Altersversorgung gewährleisten können. Auch der Staat hat ein Interesse daran, dass die Bürger einen eigenen Vermögensaufbau schaffen, damit sie am Ende nicht in die Altersarmut fallen.
Alle kennen es als Material, doch wenige wissen, wie Beton hergestellt wird.
Beton ist ein Produkt, das sich aus Zement als Bindemittel, aus Sand und Kies und einer chemischen Komponente zusammensetzt, die diesem Produkt eine gewisse Konsistenz und Flexibilität gibt. Der Beton wird gemischt und in den LKW mit den sich drehenden Trommeln zur Baustelle gebracht. Er sollte innerhalb von einer Stunde verbaut werden, damit das Produkt nicht schon im LKW anfängt abzuhärten.
Deswegen fahren Ihre Laster immer mit rotierenden Trommeln?
Ja, genau. Das hat sogar zwei Effekte: Zum einen wird der Mischprozess, der in der Betonanlage begonnen hat, im LKW fortgesetzt, zum anderen härtet der Beton durch die Rotation der Trommel nicht ab und bleibt somit für eine gewisse Zeit verarbeitbar.
Beton kommt ja immer im fröhlichen Antrazit daher. Ist der Baustoff umweltschädlich?
Nein, er ist kontaminationsfrei, vollständig recycelbar und sogar nachhaltig, denn alter Beton kann maschinell zerkleinert und dann beispielsweise als Füllmaterial für den Unterbau im Straßenbau eingesetzt werden. Das sind sicherlich Gründe dafür, warum Beton ein zeitloses Produkt ist, das es schon vor 2.000 Jahren gab und es auch noch lange Zeit geben wird.
Ist das Thema Beton-Mafia für Sie noch aktuell?
Nein, das war eher ein Thema in den 70er, 80er Jahren, in denen Verstöße gegen das Kartellrecht vorgekommen sind. Wir distanzieren uns ganz klar von diesem Begriff. Unser Unternehmen ist sogar als erstes seiner Branche im Jahr 2015 mit dem Compliance Zertifikat von der Handelskammer Hamburg ausgezeichnet worden.
Was bedeutet Ihnen der Begriff „Ehrbarer Kaufmann“?
Ich bin im Präsidium des „Ehrbaren Kaufmanns“. Das ist für mich sehr wichtig, weil ich glaube, dass in dieser immer beliebiger werdenden Welt Ehrbarkeit und Verlässlichkeit eine sehr große Rolle spielen. Das leben wir auch im Unternehmen. Wir haben beispielsweise ein Leitbild gemeinsam mit unseren Mitarbeitern entwickelt, das genau diese Werte widerspiegelt. Es ist wichtig, dass sich alle Mitarbeiter mit den Werten des Unternehmens identifizieren können und sich wohl bei uns fühlen. Das gilt auch besonders für die gewerblichen Mitarbeiter, die natürlich unter einem zeitlichen und körperlichen Druck stehen.
„Große Unternehmen sind alle zertifiziert. Beton-Mafia ist, anders als in den 80er Jahren, kein Thema für uns.“
Ist absehbar, dass es technolgisch einen neuen Baustoff gibt?
Es gibt teilweise Substitute für den Beton, wie zum Beispiel Stahl für den Brückenoder Fassadenbau. Beton hat aber gegen- über Stahl den großen Vorteil, dass er aufgrund seiner Beschaffenheit gut formbar ist und sehr individuell gestaltet werden kann. Besonders der sogenannte Sichtbeton, der unter anderem bei Fassaden zum Einsatz kommt, schafft eine unglaublich glatte Oberfläche. Das sieht man zum Beispiel in Hamburg an der Elbphilharmonie.
Gibt es nennenswerte Bauten, an denen Sie beteiligt sind?
Wir haben ein sehr großes Bauvorhaben in Bremerhaven. Dort wird der Hafentunnel an der Cherbourger Straße gebaut, ein Tunnelsystem, bei dem 250.000 Kubikmeter Beton in vier Jahren verbaut werden, das sind etwa die Hälfte unserer jährlichen Produktion von 500.000 Kubikmetern. Zum Vergleich – ein Einfamilienhaus hat etwa 50 Kubikmeter, das wären also 10.000 Häuser. Ein anderes großes Bauprojekt ist die „Größte Windkraftanlage der Welt“, die aktuell in Bremerhaven entsteht. Die Anlage wird 200 Meter hoch und die Rotorblätter haben jeweils eine Flügellänge von etwa 88 Metern. Wir liefern 4.000 Kubikmeter Beton allein für das Fundament, auf dem diese beeindruckende Windkraftanlage steht.
Was passiert, wenn der LKW-Fahrer mit seinem Beton-Mischer im Stau steht?
Es gibt Vereinbarungen mit der Polizei, dass wir im schlimmsten Fall durchgeleitet werden, weil der Schaden des unbrauchbaren Betons in der Trommel immens wäre. Denn dann ist auch die Trommel nicht mehr nutzbar. Wenn sie eine Vollsperrung haben, dann werden die Fahrzeuge zurückgeleitet. Das sind Sonderregelungen, die nicht festgehalten sind, aber praktiziert werden.
Ich habe meine Diplomarbeit bei Alsen-Breitenburg geschrieben, einem großer Zementkonzern. Ich habe mich im Fachbereich BWL mit der Entwicklung der ostdeutschen Zementwerke beschäftigt. So bin ich nach der Diplomarbeit sechs Jahre bei Alsen-Breitenburg geblieben. Doch für mich war schnell klar, dass ich selbständiger Unternehmer werden möchte. Für mich kam eine abhängig beschäftigte Tätigkeit nicht in Frage. Ich wäre wohl auch nicht sozialisierbar in einer so großen Organisation. (lacht…) Deswegen machte ich mich vor knapp 20 Jahren mit einem Transportbetonwerk in Sottrum, nördlich von Bremen, selbstständig. Ich hatte immer schon Spaß daran, Dinge mit Menschen gemeinsam weiterzuentwickeln und voranzutreiben und dabei selbst die Zügel in der Hand halten zu können. Mittlerweile haben wir 30 Standorte in Norddeutschland im Bereich Transportbeton und Logistik.
Wie kalkuliert man Beton?
Wir arbeiten in der Maßeinheit Kubikmeter. Ein Kubikmeter Beton hat das Gewicht von 2,3 Tonnen. Ein LKW schafft acht Kubikmeter. Wenn der Kunde also 100 Kubikmeter haben will, dann brauchen Sie zwölf LKWs plus einen Rest, der dann zügig geliefert werden muss.
Das liegt dann vermutlich an der Beton-Rezeptur beziehungsweise den Einsatzstoffen, die nicht die vorgeschriebene Qualität aufweisen. Der Verantwortliche versucht dann in dem Fall zu sparen, indem er weniger Einsatzstoffe nimmt, beispielsweise weniger Zement, und das durch mehr Sand substituiert, weil das kostengünstiger ist. Das wäre bei uns glücklicherweise völlig unmöglich. Wir werden in engmaschigen Abständen kontrolliert. Die Maschinen in den Betonwerken mischen per Knopfdruck genau die eine Rezeptur an, die nicht beeinflussbar ist. In Deutschland wäre ein einstürzendes Haus wie in den Ländern der Dritten Welt undenkbar.
Sie engagieren sich in Hamburg auch außerhalb Ihrer Betonwelt.
Ja, richtig. Neben einigen Funktionen als Aufsichts- und Beirat in verschiedenen Branchen liegt mir das Thema Kultur in Hamburg sehr am Herzen, deswegen engagiere ich mich in verschiedenen kulturellen Organisationen als Kurator.
Sie sind selbst Othmarscher. Sind Sie mit der Betondichte zufrieden?
Wir leben hier natürlich in einem sehr schönen Stadtteil. Mein Interesse ist in diesem Fall gar nicht, dass noch mehr gebaut wird. Man sieht ja diese Entwicklung, dass mittlerweile jede Lücke bebaut wird. Ich habe schon ein bisschen Sorge, dass die wirklich schöne Region hier zu verdichtet wird.
Herr von Saldern, der Klönschnack dankt für das Gespräch.