HAUSBESUCH
Pelé und Franz nackt beim Duschen
Volker Hinz, Fotograf
Geht es um Fotografie, kennt der Hausherr keine Scheu. Die Wohnung wird geöffnet, Flur und Küche werden sowieso gezeigt. Auch in den beiden Schlafzimmern hängt Sehenswertes. Also werden auch diese Türen geöffnet. Schon nach wenigen Minuten schwirren die Namen großer Fotografen wie im Sommer die Insekten im nahen Park durch die Wohnung. Die ganz Großen der Fotografie sind an den Wänden verewigt.
Helmut Newton, Peter Lindbergh, Juergen Teller – was bei anderen nach „name dropping“ klingen kann, gerät bei Volker Hinz zur Tour d’horizon. Eine Reise durch die Welt der Kunst, der Politik, des Sports, der Fotografie sowieso.
Wie nur wenige andere seines Berufes hat Volker Hinz die Welt bereist. Acht Jahre fotografierte er von New York aus für den „Stern“, anschließend kehrte er zurück nach Hamburg. Am Ende seines Berufslebens sind es 38 Jahre, die der gebürtige Blankeneser für das Magazin fotografierte. Schnell stand für den gelernten Elektromechaniker fest: Ich will Fotograf werden. Sein erster Chef heißt Sven Simon. Für sein Büro fotografiert Hinz in Bonn, damals noch Sitz der Regierung. Politiker wie Willy Brandt und Walter Scheel werden von Volker Hinz fotografisch begleitet, wenn diese Männer Weltpoltik machen.
Wenig später kommt der Anruf von Rolf Gillhausen, jahrzehntelang das „Oberauge“ des „Sterns“. Damit ist der Grundstein für eine unvergleichliche Karriere gelegt.
Nie zeigt Volker Hinz Menschen gekünstelt, plakativ oder in einer Pose erstarrt. Nie sind seine Bilder denunziatorisch oder gar hämisch. Ob Willy Brandt unmittelbar nach seinem Rücktritt 1974, Beckenbauer und Pelé nackt beim Duschen oder immer wieder den rauchenden Helmut Schmidt – stets drückt Hinz im richtigen Moment auf den Auslöser.
Ein Besuch bei Volker Hinz, das Blättern in seinen Fotobänden, das Gespräch über die Fototechnik von heute, Objektive und Bildbearbeitung machen deutlich, wie sich die gesamte Branche verändert hat.
Ging es in der Blütezeit der Fotografie um das im genau richtigen Moment gemachte Foto, muss sich der Betrachter von heute gegen eine Bilderflut wehren, die droht, ihn zu erschlagen. So verkörpert Volker Hinz eine aussterbende Spezies Fotografen.
„Ich bin Fotograf mit Haut und Haaren“, so Volker Hinz in einem Interview im Jahr seines Abschieds vom „Stern“. – Dieser Satz gilt seit nun fast fünf Jahrzehnten.
Autor: helmut.schwalbach(at)kloenschnack.de