4. Mai 2015
Magazin

„Man arbeitet nur auf, wenn man darüber spricht“ 

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MENSCH DES MONATS 

„Man arbeitet nur auf, wenn man darüber spricht“ 

Marianne Wilke, Zeitzeugin 

Die Wedelerin Marianne Wilke erhielt kürzlich das Bundesverdienstkreuz am Bande. Sie hat jüdische Wurzeln und ist eine der letzten Zeitzeuginnen der NS-Zeit. Ein Teil ihrer Familie wurde deportiert und ermordet. Sie engagiert sich in zahlreichen Vereinen und Verbänden. 

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Die Wedelerin Marianne Wilke ist seit Kurzem Trägerin des Bundesverdienstkreuzes am Bande  FOTO: HÖSCH
Ich war von Albigs Ansprache sehr berührt“, sagt Marianne Wilke, während sie ganz behutsam aus einer Schachtel das Bundesverdienstkreuz nimmt und auf den Tisch legt. Die zierliche 85-Jährige erhielt kürzlich in der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek in Kiel von Ministerpräsident Torsten Albig die hohe Auszeichnung. In der Begründung zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes heißt es unter anderem: „Marianne Wilke hat sich über Jahrzehnte herausragende Verdienste in der Erinnerungsarbeit erworben und zeigt ein nachhaltiges Wirken im Kampf gegen Rechtsextremismus. Sie macht sich dafür stark, dass das historische Geschehen im Gedächtnis künftiger Generationen wachgehalten wird. Besonders geschätzt wird ihre unermüdliche Friedensarbeit in ihrer Heimatstadt Wedel, wo sie unentwegt für Frieden und Toleranz und gegen Fremdenhass und Rechtsradikalismus eintritt.“

„… unentwegt für Frieden und Toleranz und gegen Fremdenhass und
 Rechtsradikalismus …“

Wilke wurde 1929 in Hamburg geboren und hat jüdische Wurzeln. Ein Teil ihrer Familie wurde unter der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten deportiert und ermordet. Sie besuchte bis 1943 die Schule. Ihre Lehrerin sorgte dafür, dass die junge Marianne in dem Haushalt einer Freundin beschützt bis 1945 als Hausmädchen arbeiten konnte. „1945 durften mein Bruder Helmut und ich wieder die Schule besuchen“, sagt Wilke. Da ihr Misstrauen gegenüber Erwachsenen durch das NS-Regime sehr stark ausgeprägt war, entschloss sie sich mit Kindern zu arbeiten und wurde Kindergärtnerin am Fröbelseminar. Über ihren Bruder Helmut lernte sie ihren Ehemann Günther kennen. 1952 heirateten die beiden. In den darauffolgenden Jahren wurden die Söhne Ralf, Jens und Dirk geboren. Deutschland zu verlassen, stand für das Ehepaar Wilke nie zur Debatte. „Weglaufen war keine Option“, so Wilke. Und ergänzt: „Für uns stand fest, dass wir hier bleiben müssen und unsere Geschichte erzählen und außerdem dafür sorgen, dass die Ideologie der Nazis nie wieder um sich greift.“ Ganz wichtig ist ihr auch heute noch, dieses Thema nicht totzuschweigen: „Man arbeitet nur auf, wenn man darüber spricht“, so Wilke, die unter anderem an Schulen als eine der letzten Zeitzeuginnen ihre Geschichte erzählt.

Das Bundesverdienstkreuz liegt wieder sorgfältig verpackt in einer Schachtel. „Das kann ich ja nun nicht alle Tage tragen“, so die bescheidene Wedelerin schmunzelnd.

Autor: cornelia.hoesch(at)kloenschnack.de

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ZUR PERSON
Marianne Wilke

ist unter anderem Mitbegründerin der Friedenswerkstatt Wedel, Mit-Initiatorin des Wedeler Ostermarsches, Mitglied im Wedeler Arbeitskreis gegen Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit. In Norddeutschland ist sie außerdem Ehrenvorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Sie rief mit ihrem Mann die Initiative „Blumen für Gudendorf“ ins Leben. Außerdem gehört sie dem Freundeskreis der KZ-Gedenkstätte Ladelund an. Wilke ist Trägerin des Bundesverdienstkreuzes am Bande.

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