SCHIFFFAHRT
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Die Elbe
Containerriesen und Tuckerboote, Segler, Lotsenboote und Schlepper, Tanker und Traditionsschiffe – sie alle wollen oder müssen auf die Elbe. Dabei prallen ganz unterschiedliche Interessen aufeinander. Fest steht, Wohlstand und Bedeutung der Hansestadt wären ohne Elbe undenkbar.
Die Natur weist den Menschen immer wieder in seine Schranken. An der Küste wie in den Bergen wird das besonders deutlich. So war in Hamburg kürzlich das Hoch „Iräneus“ dafür verantwortlich, dass das Kreuzfahrtschiff „Aidaperla“ nicht einlaufen, die „CMA CGM Antoine de Saint Exupéry“, das größte bisher in Hamburg abgefertigte Containerschiff, nicht auslaufen konnte.
Verantwortlich war das über Skandinavien liegende Hoch. Es schickte stürmische Winde mit heftigen Böen, unter denen auch die 3.000 Passagiere der „Aidaperla“ leiden mussten. Wegen des heftigen Windes war die Elbe zeitweilig für große Schiffe gesperrt worden. Denn der stramme Ostwind hatte das Wasser aus der Elbe gedrückt, sodass der Wasserstand für große Schiffe nicht mehr ausreichte. „Wir hatten in Böen bis zu acht Windstärken“, so Uwe Mohr, als Begrüßungskapitän am Wedeler Willkommhöft ein Experte für große und kleine Schiffe.
Es gerieten die Fahrpläne von Passagier- und Containerschiffen mächtig durcheinander. So drängte auch das ebenfalls rund 400 Meter große Containerschiff „MSC London“ auf die Elbe. Das war, laut Nautischer Zentrale, mit Windstärken 7 bis 8 zu gefährlich. Denn die „Aidaperla“ und das große Containerschiff dürfen sich auf der Elbe nicht begegnen. Was wiederum die Notwendigkeit einer Ausweichbox deutlich macht.
Immer wieder stoßen die Giganten der Meere an die natürlichen Grenzen der Elbe. 1999 wurde die Elbe zuletzt vertieft. Seitdem wurden die Schiffe immer größer und sie gehen immer tiefer. Die Zahl der geladenen Container hat sich in den letzten Jahren von 10.000 auf mehr als 20.000 verdoppelt. Selbst nur teilweise beladen müssen sich die Schiffe nach der Tide richten.
Wobei Schlick und Sedimente auch für Freizeit-Skipper ein großes Thema darstellen. Neben kleineren Häfen im Unterelbebereich beherbergt der Hamburger Yachthafen rund 1.900 Sportboote. Alle Yachthäfen mit ihren Eignern leiden unter Verschlickung und erhöhtem Sedimenteintrag. „Uns belasten neben den üblicherweise zu erwartenden Kosten für die Instandhaltung zunehmend die Kosten für die Schlickräumung und die Schäden heftigerer Sommersturmereignisse“, so Jörg-Michael Satz, 1. Vorsitzender der Hamburger Yachthafen-Gemeinschaft. Der Sedimenteintrag im Hamburger Yachthafen habe sich innerhalb der letzten fünf Jahre ständig erhöht. Jörg-Michael Satz geht davon aus, dass im Jahr 2018 „weit mehr als 100.000 Kubikmeter Sediment aus dem 277.000 Quadratmeter großen Yachthafen geholt werden“. Auch ohne weitere Elbvertiefung müsse sich die Yachthafen-Gemeinschaft auf noch größere Kosten vorbereiten.
Fachleute gehen davon aus, dass ein weiteres Ausbaggern zu mehr Sedimenten führt. Das könnte die Existenz kleinerer Häfen bedrohen. So konnte etwa der Borsflether Hafen, der gern als Station zwischen Hamburg und der Nordsee genutzt wird, im vergangenen Jahr nur mit einer großen Spendeanaktion gerettet werden. Der Friedrichskooger Hafen, einst größter Fischereihafen in Schlewsig-Holstein, wurde geschlossen, weil die Unterhaltskosten nicht mehr finanziert werden konnten. „Mit der Hafenschließung wurde uns unsere Lebensader genommen“, so Anwohnerin Dörte Krämer im Mai 2016. „Früher haben die Kinder auf den Booten der Väter gespielt. Jetzt ist alles ausgestorben.“
Das tun auch Druckgebiete wie kürzlich das über Skandinavien liegende Hoch „Irenäus“ nicht. Ebenso wenig halten sich die in der Regel übelgelaunten Tiefdruckgebiete an Landesgrenzen.
Autor: helmut.schwalbach(at)kloenschnack.de