ELBE
Nordwest, Windstärke 11 und mehr – ob die Deiche halten?
Deichen tut not

Besser, man hält sie so in Ordnung, dass ihnen Sturmfluten nichts anhaben können. Nicht wie etwa mit der unvergessenen „Jahrhundertflut“ von 1962, als die gesamte Nordseeküste gebeutelt wurde und nach tagelangem Hochstand die aufgeweichten Deiche dem Wasser nicht mehr standhielten. Wilhelmsburg war schnell komplett unter Wasser, Moorburg, York, Francop und fast die kompletten Marschlande. Damals galt es, 315 Todesopfer zu beklagen. Vieles war auf gravierende städtebauliche und verwaltungsorganisatorische Mängel und unzureichende Hochwasserschutzeinrichtungen zurückzuführen. Der Katastrophenalarm wurde viel zu spät ausgelöst – im Fernsehen lief gerade „Die Familie Hesselbach“, diese beliebte Familienserie mochte man nicht für eine Meldung unterbrechen. Der wirtschaftliche Schaden war immens. Viele Hamburger erinnern noch das bedrückende Bild ertrunkener Menschen und vorbeischwimmender Kühltruhen. Und das viele Vieh! In den Folgejahren wurden Deiche erhöht, neue angelegt und der Hochwasserschutz massiv verstärkt. Und Ausgleichsflächen geschaffen, sodass die noch höhere Flut im Januar 1976 (eine der höchsten Sturmfluten des 20. Jahrhunderts) zwar materiellen Schaden anrichtete, aber die Deiche hielten weitestgehend. Die Deichkronen in der Haseldorfer Marsch wurden mit Sandsäcken rechtzeitig erhöht und die Innenböschungen verstärkt. Hier war der zusätzliche Einsatz von Rekruten hilfreich, die in nächtlicher Aktion per Sandsackkette Schlimmeres verhinderten.
Allerdings wurde der Hamburger Hafen arg gebeutelt, Industrie und Lagerhallen wurden meterhoch überflutet. Bei aller Vorsorge: Die Natur lässt sich nicht ausrechnen – und Wasser sucht sich seinen Weg!

Keen nich will dieken, de mutt wieken

Im Bereich der Hochwasserschutzanlagen sind zum Beispiel keine Nutzungen gestattet (Ausnahmen von diesem Verbot können auf Antrag zugelassen werden). Die Verteidigung der hamburgischen Elbdeiche gegen Sturmfluten erfordert insgesamt eine große Organisation. Die nötigen Pläne werden regelmäßig fortgeschrieben und der Einsatzfall geübt. Sandsackdepots in der Nähe gefährdeter Deichabschnitte sorgen für bereitstehendes „Flickmaterial“.
Wenn eine schwere Sturmflut, wie damals in den Jahren 1962 und 1976, Hamburg trifft, kommen zusätzlich freiwillige zivile Kräfte zum Einsatz. Ist es aufgrund der Durchweichung der Dämme nicht mehr möglich, nah genug mit Fahrzeugen an die gefährdeten Deichabschnitte heranzukommen, werden Helfer und Materialien direkt auf dem Luftweg herangeschafft.
Das Gesamt-Szenario bildet die Grundlage für Deichverteidigungsübungen im Hamburger Stadtgebiet. Niemand weiß, wann der Blanke Hans wieder an den Deich klopft. Aber dass er sich wieder sehen lässt, dorop kunns du eenen laten.
Autor: uwe.petersen(at)kloenschnack.de
