WOHNEN
Blankenese zu teuer?
Mieten
Hamburg ächzt unter steigenden Mieten. Neben Vierteln wie Rotherbaum und Hoheluft geraten nun auch die Elbvororte in den Verdacht unverhältnismäßiger Steigerung. Eine Marktrecherche.
Der Leserbrief klingt bitter, berichtet von einer Situation ohne Ausweg und benennt die Schuldigen: Es sind die horrenden Mietpreise, ohne adäquaten Wohnkomfort. Geschrieben wurde der Brief von einer Blankeneserin, die nun zusammen mit ihrem Mann die „Reißleine“ zieht und Blankenese verlässt.
Klagen über den unverhältnismäßigen Anstieg von Mieten kennen die Hamburger, nur kommen sie gewöhnlich aus den innerstädtischen Gebieten wie Rotherbaum oder Eimsbüttel. Mit einiger Berechtigung. Um 16,6 Prozent sind die Mieten in den vergangenen fünf Jahren hamburgweit gestiegen. Einzelne Viertel (z.B. Kleiner Grasbrook) stechen mit Steigerungen von knapp 40 Prozent hervor. Laut einer Studie von ImmobilienScout24 liegt bei den Quadratmeterpreisen heute Harvestehude mit einer Durchschnittsmiete von 14,63 Euro pro Quadratmeter an der Spitze.
Der Mietenspiegel ist ein fragwürdiges Instrument
Konsultiert man nun den Mietenspiegel für die Elbvororte, dann ergeben sich für Blankenese & Co. vergleichsweise moderate Werte. Um die 9,50 Euro sind für einen Quadratmeter fällig. Die 100 Quadratmeter-Wohnung in der Blankeneser Landstraße müsste also um die 950 Euro kosten.
Betrachtet man Inserate in Blankenese und Umgebung, dann erscheint dieser Wert realistisch. Die „Villa mit Fahrstuhl“ in der Oesterleystraße, die mit 170 Quadratmetern für schlanke 2.900 Euro kalt zu haben ist (also für 17 Euro pro Quadratmeter), findet sich in Anzeigen aber ebenso wie Wohnungen unterhalb der genannten Durchschnittswerte. Die Recherche bei örtlichen Maklern bestätigt das Bild steigender Mieten in den Elbvororten. Enrico Casini von Classic Immobilien meint in diesem Zusammenhang: „Ohne die Mietpreisbremse wären die Mieten sogar noch höher.“
Sabine Schrickel von Marquardt & Noack betont den Trend zu Neubauwohnungen, die naturgemäß zu hohen Preisen vermietet werden können. Mittelfristig kann sie kein Ende des Anstiegs erkennen.
Statistisch verzerrend wirkt auch das Anmieten ganzer Häuser, denn hier wirkt ein „Solitäreffekt“ auf die Quadratmetermiete. Sie liegt fast grundsätzlich über der Miete von Wohnungen. Dementsprechend sind die wenigen günstigen Wohnungen in den Elbvororten eher klein.
Ein großer Unterschied zum innerstädtischen Mietmarkt ist die mengenmäßig geringere Nachfrage. Wenn ein Makler in Vierteln wie Sternschanze zur Wohnungsbesichtigung lädt, dann muss auf der Straße davor der Verkehr neu geregelt werden. 100 Bewerber für eine Wohnung sind keine Übertreibung. Dergleichen fehlt in den Elbvororten.
Als Fazit lässt sich ziehen: Bezahlbare Wohnungen existieren in den Elbvororten durchaus. Sie sind jedoch nicht an jeder Ecke zu finden und werden leicht „überstrahlt“ von Luxusobjekten wie der „Villa mit Fahrstuhl“. Verglichen mit Rotherbaum und Hoheluft erscheint der hiesige Mietmarkt regelrecht entspannt.
Autor: tim.holzhaeuser(at)kloenschnack.de