INTERNET
Der große Handelskrieg
Einzelhandel gegen Internethandel – Keine Perspektive für Fachgeschäfte?
Fünf Jahre ist es nun her, da erschien im KLÖNSCHNACK der Artikel „Vielen Dank für die Treue!“ – Strukturkrise im Einzelhandel. Damals ging es um eine auffällige Häufung von Geschäftsaufgaben, die zum Teile auf die Online-Konkurrenz zurückzuführen waren.
Mitte Dezember titelte dann der „Spiegel“: „Das gelieferte Fest“ – Wie der Onlinehandel unser Leben revolutioniert. Der Artikel kam zu dem Schluss, dass dem stationären Handel allenfalls noch eine Atempause von wenigen Jahren bleibt. Untermauert wurde dies mit Zahlen: 2016 setzte der Onlinehandel 44 Milliarden um. 2005 waren es lediglich 6,4 Milliarden. Die jährlichen Steigerungsraten sind seitdem zweistellig, quer durch die Produktsparten. Sensationelle 51 Prozent der Deutschen nahmen sich 2017 vor, ihre Weihnachtsgeschenke ausschließlich online zu kaufen. Dementsprechend prognostiziert das Institut für Handelsforschung die Schließung von 30 Prozent aller stationären Filialen bis 2020.
In Deutschland sind die offline-Umsätze noch so gewaltig, dass Konzerne wie Amazon und REWE gar nicht anders können, als sich ihren Teil der künftigen Umsätze zu sichern.
Nathalie Gideon vom Fischhuus in Blankenese sieht das ähnlich: „Für uns und unsere Kunden ist das Internet ein reines Informationsmedium zum Lebensmittel Fisch. Die Kunden wollen den frischen Fisch vorher sehen und vor Ort auswählen. Außerdem wollen sie persönlich beraten werden. Der Fischkauf ist eine Vertrauenssache.“
Aber es gibt auch andere Stimmen. Roven Schmidt etwa von der Demeter Gärtnerei Sannmann räumt ein: „Wir merken die Zunahme des Online-Lebenmittelhandels stark. Es fing an mit den Aboboxen, bei denen sich Kunden das Gemüse nach Hause liefern lassen können. Auch sehr günstige Preise in Supermärkten schädigen den Markt, da das Gemüse zum Einkaufspreis verkauft wird und der Gewinn durch andere Produkte wie beispielsweise Wein wieder hereingeholt wird. All das führt dazu, dass wir weniger verkaufen und Personal einsparen müssen.“
Welche Bandbreite der Onlinehandel mittlerweile hat, zeigt auch das Verhalten der Banken mit Filialnetz. Die Haspa startete im Juni 2017 ihr Projekt „Filiale der Zukunft“. Obwohl es hier nicht um Boskop und Annabelle geht, wünscht man sich „Regionalität zum Anfassen“. Die neuen Haspa-Filialen sollen zu lokalen Treffpunkten werden, mit Angeboten, die „auch über das klassische Banking hinausgehen“.
Zurück zum Einzelhandel. Besonders ärgerlich wird es hier, wenn ein Onlinekauf offline vorbereitet wird – wenn sich also ein Käufer alle Informationen beim Händler um die Ecke holt und dann online bestellt. Auch Uhrmachermeister Gunnar Laatzen aus Blankenese berichtet von Kunden, die mit dem Amazon-Onlineausdruck in seine Ladenwerkstatt kommen und Rabatt fordern. Als Reaktion hat er sich von allen Marken getrennt, die online überall weit unter Listenpreis zu haben sind und setzt auf Nischen.
Autoren: louisa.heyder(at)kloenschnack.de
tim.holzhaeuser(at)kloenschnack.de