NATUR UND UMWELT
Der Streit um Wald und Wiese
Der „Masterplan“ und die Gegner
Die Empörung hat gesiegt, so scheint es. Nach mehrmonatigem Protest gegen den Masterplan Klövensteen trudeln kurz vor Redaktionsschluss die Pressemitteilungen ein und vermelden: großer Umbau vom Tisch.
Hintergrund: Das Wildgehege zeigt Sanierungsbedarf an vielen Stellen, bei konstant etwa 200.000 Besuchern pro Jahr und ausgelasteten Kapazitäten, etwa bei der Waldschule. Der Bezirk hatte dies zum Anlass genommen, einen Masterplan mit einem Investitionsvolumen von 33 Millionen Euro entwickeln zu lassen, nach dem das heute etwas verschlafene Areal belebt und ausgebaut werden soll.
Der Eintritt sollte weiterhin frei (Finanzierung u. a. durch die Pacht der Gastronomie), das Gelände weiterhin eine öffentliche Einrichtung unter dem Bezirksamt Altona bleiben.
Tatsächlich beschreibt das 116 Seiten starke Planungswerk derart detailliert einen „neuen“ Klövensteen, dass leicht der Eindruck entsteht, es mit einem final entschiedenen Vorhaben zu tun zu haben, eben mit einem „Master“, der von oben herab diktiert. Man muss ihn tatsächlich Seite für Seite lesen, um zu erfahren, dass dieser Eindruck trügt. Der Plan ist zunächst auf einen Zeitraum von 25 Jahren ausgelegt und modular aufgebaut. Das heißt, es stand nie zur Disposition, den Klövensteen handstreichartig umzubauen, sondern eher peu à peu und durchaus mit Raum für Änderungen. Tatsächlich wirkt das Vorhaben eher wie ein Katalog mit Optionen. Eine vollständige Umsetzung könnte das Gelände, da liegen die Kritiker richtig, überfordern.
Bezirk und Förderverein waren sich daher von Anfang an darüber im Klaren, dass es Widerstand geben würde, vor allem aus dem Sandmoorweg. Die Straße wurde 2014 verkehrsberuhigt und die Anwohner mussten dafür aufkommen. Die Aussicht auf mehr statt weniger Autos sorgt hier für Ärger, das ist so weit verständlich. Das Ausmaß des Protestes gegen den Masterplan, zusammengefasst in der Initiative „Klövensteen soll leben“, und die Rasanz, mit der er weite Kreise zog, wirft nun aber doch Fragen auf:
1. Hat der Bezirk das Vorhaben wirklich über die Köpfe der Bürger hinweg initiiert oder gab es Gesprächsangebote? Waren diese Gesprächsangebote offen genug?
2. Besteht eine sachlich fundierte breite Opposition gegen das Projekt oder sehen wir geschürte und mittels Internet-Shitstorm kanalisierte Empörung?
3. Profitiert die Region von der Entscheidung oder nicht?
4. Geht es am Ende doch nur um das Ruhebedürfnis einiger weniger Anwohner?
Zu 1. Es gab nachweislich zahlreiche Gesprächsangebote von Seiten des Bezirks bzw. des Fördervereins, die „Klövensteen soll leben“ jedoch nur zögernd oder gar nicht angenommen hat. Auch auf das Angebot des Bürgervereins Rissen, nach einer Diskussionsveranstaltung eine Arbeitsgruppe zu bilden, verklang ohne große Resonanz.
Um hier nicht als „Aus-Prinzip-dagegen-Fraktion“ dazustehen, formulierte „Klövensteen soll leben“ daraufhin eigene Ziele für eine Aufwertung des Wildgeheges. Wer sie liest, findet eine erstaunlich allgemein gehaltene Auflistung von Selbstverständlichkeiten („Verbesserung der Haltungsbedingungen“, „Sanierung mit Augenmaß“ etc.). Der einzige konkrete Vorschlag besteht im Aufstellen eines Klos. Echter Gestaltungswille zugunsten des Areals, das den Wortführern der Initiative offenbar so am Herzen liegt, findet sich nicht.
Zu 2. Wie schon erwähnt: Nimmt man den Masterplan wörtlich und obligatorisch, dann ist Kritik berechtigt. Das Areal ist größer als Hagenbeck, die laufenden Kosten dürften bei maximaler Umsetzung aller Planungsbestandteile langfristig doch zu Eintrittspreisen führen. Es bleibt aber der Eindruck, dass „Klövensteen soll leben“ die modulare Bauweise des Masterplans gezielt ausgeblendet hat. Er findet sich weder auf der Facebook-Seite noch auf der Petitionsseite www.change.org. (Bis Redaktionsschluss kamen dort ca. 12.000 digitale „Unterschriften“ zusammen.).
Fazit: Der Sandmoorweg kann feiern, der gesamte Hamburger Westen eher nicht.
Ein weiteres Thema, das die Nachbarschaft rund um den Klövensteen beschäftigt, ist der Haidehof. Auch hier geht es um einen ambitionierten Plan.
Hintergrund: Ex-Eigentümer Professor Lutz Fischer hatte den Hof zusammen mit seiner Frau Karin Sievert-Fischer als Gestüt und Reiterhof betrieben. 2013 verkaufte das Paar aus Altersgründen an den Landschaftsarchitekten Henning Breimann. Den Fischers blieb lediglich ihr eigenes Wohnhaus, mit 2,3 Hektar Grundstück, in dem sie auch heute noch wohnen – in der Hoffnung, das alles so bleibt wie es ist.
Der umtriebige Breimann hingegen möchte aus dem Hof einen Agrarbetrieb mit Nutztierhaltung, Bienenweide, Obstbäumen, Gemüse und Stauden machen, der alle Sparten der Landwirtschaft vereint. Dies nach dem Vorbild des Ornamental Farming, das Nutzen mit landschaftlicher Schönheit verbindet. Er bezeichnet das Vorhaben als eine Form der Renaturierung. Der historische Hof sei einst ein landwirtschaftlicher Betrieb gewesen, die Nutzung als Gestüt eher artifiziell.
Allerdings geht es auch hier nicht ohne mehr Verkehr. 60 Parkplätze für Mitarbeiter sind geplant, knapp 100 weitere für Gäste. Breimann möchte Widerstand durch früh erstellte Gutachten entschärfen, durch Einbindung von Anwohnern und letztlich auch durch einen dezentralen Absatz der Produkte. Anders als im Fall des Klövensteens ist der Widerstand gegen die Pläne des Architekten gering. Breimann zeigte sich Ende August zuversichtlich, dass er sein Vorhaben umsetzen kann und verweist auf eine breite Unterstützerbasis in Verbänden und Lokalpolitik.
Autor: tim.holzhaeuser(at)kloenschnack.de