INTERVIEW – POLITIK
„Eine Schicksalswahl für alle“
Im Gespräch
Leider wurde ich nicht eingeladen. Als ich beim Blankeneser Neujahrsempfang 2013 sprechen durfte, habe ich den Eröffnungstermin genau vorhergesagt. Nun halte ich am Elbphilharmonie-Eröffnungstag bei den Gebäudereinigern eine Ansprache.
Stehen Ihrer Partei im September Schicksalswahlen bevor, ist die FDP weg vom Fenster, wenn sie wieder nicht in den Bundestag kommt?
Eine Schicksalswahl ist es für alle. Das Ende der FDP wäre es nicht – wir sitzen ja nach wie vor in neun Parlamenten. Und die Tatsache, dass wir in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen wieder ins Parlament einziehen, ist unausweichlich. Wir haben in Schleswig-Holstein jetzt Umfragewerte von Minimum neun, Maximum zwölf Prozent. Wir werden mit Sicherheit zweistellig. Wenn die FDP den Bundestag nicht erreichen würde, wäre es allerdings schwierig, die positive Grundstimmung, die jetzt da ist, und die Unterstüzung von Außenstehenden aufrechtzuerhalten. Das wäre eine Bremse sondergleichen.
Gehen Sie davon aus, dass die Flüchtlingsfrage den Ausgang der Bundestagswahl bestimmt?
Ich glaube nicht, dass die Flüchtlingsfrage die Wahl entscheiden wird, sondern die Frage der inneren Sicherheit. Was ist mit denen, die angekommen sind? So viele kommen ja wegen der Grenzschließung in Österreich und Ungarn gar nicht mehr ins Land. Ich denke, dass sich die Hektik nach dem Attentat in Berlin wieder legen wird und wir wieder sachlicher diskutieren können. Alles, was momentan vorgeschlagen wird, ist nichts anderes, als die Ablenkung von absolutem Behördenversagen, was sich nach dem Berliner Anschlag offenbart hat. Die gesetzlichen Grundlagen, die wir haben, hätten ausgereicht, solche Leute festzusetzen, aber es fehlte der politische Wille. Das sagt auch der Vorsitzende des deutschen Richterbundes. Die Tatsache, dass gegen Herrn Amri ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde wegen Sozialhilfebetrugs, die Tatsache, dass die Behörden wussten, dass er 14 Identitäten hatte, hätte ausgereicht, ihn in Haft zu setzen.
Wie groß sehen Sie die Ähnlichkeit der FDP mit den Grünen?
Meine Partei ist absolut unverwechselbar. Das Spannende ist doch, was die einzelnen Parteien wollen. Wir werden auf keinen Fall nur um des Regierens wegen in eine Koalition gehen, wenn sich an der politischen Grundausrichtung nichts ändert.
Haben Sie eine Idee, warum Olaf Scholz und die Hamburger SPD im Vergleich zur Bundes-SPD so stark dasteht?
Ja. Es ist wie beim Fußball: Du bist so stark, wie es der Gegner zulässt. Da wir hier eine grottenschlechte CDU in Hamburg haben, muss man sich nicht wundern, dass Olaf Scholz so gut dasteht. Er betreibt eine Politik, die nicht klassisch Rot-Grün ist, sondern die eigentlich eher sozialliberal ist.
Gibt es etwas, dass Sie sich von Scholz abgucken können?
Pragmatisch ist das A und O. Wir müssen immer gucken, was machbar ist. Und zwar möglichst zügig: Olaf Scholz ist eine eigene Marke und er macht das wirklich gut. Er hat eine ruhige, souveräne Art und einen hanseatischen Hintergrundwitz.
2003 untersagte der damalige Innensenator Schill seinen Polizeipräsidenten wegen Gregor Gysi die Teilnahme. Würden sie wegen eines unliebsamen Gastes eine Einladung ausschlagen?
Demokraten weichen überhaupt nicht. Ich würde immer kommen, wenn ich eingeladen werde. Alles andere wäre aus meiner Sicht nicht nur undemokratisch, sondern auch stillos.
Halten Sie Katja Suding für einen Glücksfall für die FDP?
Sie ist eine sehr intelligente, sachkundige und fleißige Kollegin. Sie hat sich in den vergangenen Jahren politisch und rhetorisch auch noch weiterentwickelt. Sie ist wirklich ein Glücksfall für uns.
Wagen Sie eine Prognose für das anstehende Jahr?
In Schleswig-Holstein wird die jetzige Koalition ihre Mehrheit verlieren. Ob die Union wirklich so stark ist, wie bisher prognostiziert, weiß ich nicht. Je näher wir zur Bundestagswahl kommen, desto mehr schlägt der Bundestrend der Bundesparteien durch auf die Landtagswahl. Deswegen wird die SPD in Schleswig-Holstein deutlich schlechter werden, als von ihr selbst erhofft, und die CDU wird besser werden, als es ihr eigentlich zusteht. Und wir werden unserem Ruf gerecht, dass wir die Speerspitze der Fortschrittsbewegung in Schleswig-Holstein sind.
Als Jurist haben Sie einen besonderen Blick auf die Gesetze. Angela Merkel soll mindestens zwei Gesetze gebrochen haben, als sie die Grenzen geöffnet hat. Stimmt das?
Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen. Es gibt aber für Frau Merkel keine Gründe, geltende Gesetze zu brechen. Sie hat den Vertrag mit Dublin gebrochen, also europäisches Recht verletzt. Das ist kein Gesetz, sondern eine vertragliche Grundlage. Sie hat auch unser Asylverfahrensrecht gebrochen, als Akt humanitärer Überwältigung, sagen viele. Ich glaube vielmehr: als Vorbereitung für Schwarz-Grün. Wir brauchen in unserem Parlament Leute, die ihre Meinung sagen und kein Mischmasch einer großen Koalition mit einer Kanzlerin, die glaubt, sie sei unanfechtbar.
Herr Kubicki, der KLÖNSCHNACK dankt für das Gespräch.
Gespräch: helmut.schwalbach(at)kloenschnack.de