30. Juni 2016
Magazin

Inseln im Strom 

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ELBINSELN

Inseln im Strom 

Schweinesand, Krautsand und an Land 

Glückliche Elbvorortler – ihr Strand liegt vor der Haustür. Elbe, Sand und Inseln sind zum Greifen nah. Wer ein Boot besitzt oder mit der Fähre den Strom quert, kann die ganze Schönheit der Inseln vom Wasser aus bewundern. 

Geselliger Ausflug nach Schwein(e)sand – eine nur bedingt betretbare Insel
Geselliger Ausflug nach Schwein(e)sand – eine nur bedingt betretbare Insel
Für viele der 68er-Generation lag der Strand unter dem Pflaster. Heute finden ihn die einstigen strengen Systemkritiker so wie andere gut versorgte Pensionäre auf Mallorca oder den Seychellen. Für Blankeneser und übrige Elbvorortler liegt das kleine Strandglück direkt vor der Haustür. Um vom Elbufer zur Elbinsel Schweinesand (Altvordere bestehen auf Schweinsand) zu tuckern, genügt ein Boot mit wenigen PS. Wer die Tide nutzt, erreicht so in wenigen Minuten eine andere Welt, begleitet von manchmal neidischen Blicken am Ufer zurückbleibender Ausflügler.
  
Inselblick: Blankenese, wie die Blankeneser es nicht so häufig sehen
Inselblick: Blankenese, wie die Blankeneser es nicht so häufig sehen
Früher mal wurde der Kleine und Große Schweinesand im offiziellen Bootsverkehr angesteuert, um Sonnenhungrige und Schwimmer auf die beiden Inseln zu bringen. Heute handelt es sich beim Schweinesand nur noch um eine kleine, schilfbestandene Landzunge an der Ostseite des viel größeren Neßsandes gegenüber von Blankenese. Der Schweinesand ist Teil des Naturschutzgebietes Neßsand. Das Betreten ist verboten. Ein Verbot, das einige ignorieren. „Manche lassen ihr Boot trockenfallen und leben wochenlang auf ihren Booten“, so ein Elbvorortler, der die Insel häufig mit seinem schmucken Tuckerboot passiert.

Ihr Leben riskiert, um auf die Insel zu paddeln.

Ankern am Inselstrand FOTO: KRÖGER 
Ankern am Inselstrand FOTO: KRÖGER 
Auf einen Sprung nach Schweinesand FOTO: KRÖGER
Auf einen Sprung nach Schweinesand

FOTO: KRÖGER
Wem Trubel ein Greuel ist, für den sind die Elbinseln ein ideales Ziel. Denn wer kein Boot besitzt, bleibt am Ufer sitzen. Oder nutzt ein Surfbrett, wie eine Strandweg-Anwohnerin, die lange Zeit auf dem Brett liegend über den Strom paddelte. Dabei, so der ehemalige Kapitän und Treppenviertel-Bewohner Jochim Westphalen, „riskierte sie ihr Leben“.

Elbinsel Neßsand im Abendlicht FOTO: KRÖGER
Elbinsel Neßsand im Abendlicht FOTO: KRÖGER
Schlechtes Wetter gibt’s nicht, nur verschieden Gute FOTO: EGGERS
Schlechtes Wetter gibt’s nicht, nur verschieden Gute FOTO: EGGERS
Party auf der Sandbank „Sherry Island“

Viele nehmen gern Strapazen und Risiken in Kauf, um große Nähe zu anderen zu vermeiden. Der Soziologe Pierre Bourdieu diagnostiezierte schon vor Langem: „Dem Stadtmenschen ist nichts unerträglicher, als die als Promiskuität empfundene physische Nähe sozial fern stehender Personen“.

Möglicherweise erklärt das auch die Preise in einigen Lokalen am Elbufer. Denn nicht die Qualität von Speisen und Getränken rechtfertigen hier häufig die Preise, eher die Lage der Restaurants und Kneipen sowie die gewünschte Exklusivität.

Die Inseln sind nur mit dem Boot erreichbar und unterliegen strengen Naturschutzregeln FOTO: REUSS 
Die Inseln sind nur mit dem Boot erreichbar und unterliegen strengen Naturschutzregeln FOTO: REUSS 
Strandleben in Schulau
Strandleben in Schulau
Weiter östlich am Elbufer, gleich hinter dem Lüfterbauwerk des Elbtunnels, kann Bourdieus These nicht verifiziert werden. Bei gutem Wetter lagern hier, der Sand erinnert eher an Bauschutt, junge Leute, Familien und Partyhungrige, Freunde des gegrillten Fleisches sowie größerer Mengen Bier. Am Ende der Saison muss hier die oberste Schicht des Sandes abgetragen werden, weil Zigarettenkippen, Hundekot und Kohlereste den Strand verdreckt haben. Deutlich hygienischer hingegen ist die Situation an der „Rolex-Beach“ in Blankenese. Flaschensammler und mit Metalldetektoren ausgerüstete „Schatzsucher“ sorgen freiwillig für Sauberkeit.

Die Elbinseln sind allesamt Naturschutzgebiet
Die Elbinseln sind allesamt Naturschutzgebiet
Peinlich sauber im Vergleich zu vielen Strandabschnitten am Elbufer liegt eine Sandbank etwas östlich vom Schweinesand“, bekannt als „Sherry Island“. Bei niedrigem Wasserstand ist die massive Sandbank gelegentlich Schauplatz von Partys, Demonstrationen oder auch Schiffstaufen. Geht es um das Thema Schwimmen in der Elbe, dann gilt seit Jahren die gute Nachricht: Die Wasserqualität der Elbe ist gut bis sehr gut. Danach wären Baden und Schwimmen durchaus möglich. Wären da nicht der Schiffsverkehr und die Stömung, nebst Sedimenten. Deshalb gibt es an der Elbe keine offizielle Badestelle. Volker Dumann, Sprecher der Umweltbehörde, erklärt das so: „Die Elbe ist wie eine Autobahn für den Schiffsverkehr und auf der Autobahn geht ja auch niemand spazieren.“ Neben dem Sog und dem Schwell durch große Schiffe bergen auch die Gezeitenströmung sowie die hohe Sedimentfracht hohe Risiken. Durch die Sedimente, so Dumann, „ist die Sichttiefe gering, damit wird die Rettung von Leuten, die untergehen, zum großen Problem“.

Schweinesand und Böhaken, Inseln am Rande des Fahrwassers
Schweinesand und Böhaken, Inseln am Rande des Fahrwassers
Die Sandbank „Sherry Island“ kriecht im Mühlenberger Loch bei Ebbe ans Tageslicht
Die Sandbank „Sherry Island“ kriecht im Mühlenberger Loch bei Ebbe ans Tageslicht
Wer also in der Elbe absäuft, hat kaum eine Chance, wieder herausgezogen zu werden. Denn ein Retter sieht kaum weiter als einen Meter. „Die Elbe ist kein lustiges Spaßgewässer“, so Christiane Kuhrt, ehemalige Port-Authority-Sprecherin. Dennoch gibt es von Jahr zu Jahr mehr Mutige, die in der Elbe baden.

Ein Blankeneser Paar feiert stilvoll einen offensichtlich bedeutenden Tag auf Sherry Island 
Ein Blankeneser Paar feiert stilvoll einen offensichtlich bedeutenden Tag auf Sherry Island 
Wer die Elbe einmal anders erleben möchte, dem sei die Insel Krautsand empfohlen, heute ein beliebtes Urlaubs- und Ausflugsziel, ob im Sommer oder Winter. Im Sommer kann am vier Kilometer langen Sandstrand gebadet, im Winter die Einsamkeit genossen werden. Zwischen dem sauberen Strand und dem Deich bieten Bäume und Strauchwerk Unterschlupf vor Wind, Wetter oder Sonne.

Das Elbufer ist für Kinder ideal, weil das Wasser flach ist. Ungefährliches Wattwandern ist bei Ebbe möglich. Auf 20 Kilometern Wander wegen kann zu Fuß oder per Fahrrad die Landschaft erkundet werden. Ob Sherry Island oder Schweinesand, „Rolex-Beach“ oder der Strand in Övelgönne – hier liegt der Strand nicht unter dem Pflaster. Er liegt vor der Haustür.

Autor: helmut.schwalbach(at)kloenschnack.de

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