UMWELT UND ENGAGEMENT
Klimawandel: Vom Szenario zur Realität
Energiewende und Nachhaltigkeit
Der Ton wird drängender. Angesichts einer dramatischen Zunahme an extremen Wetterereignissen stellen sich selbst in den USA Aktivisten und Politiker einem gefährlichen Konglomerat aus Propaganda und Desinformation entgegen und drängen auf ein Begrenzen der globalen Erwärumung.
CO2-Ausstoß und Nachhaltigkeit sind jedoch nicht nur auf internationalen Konferenzen Thema, sondern immer mehr auch in Hamburg. Eine wichtige Initiative ist das Zukunftsforum Blankenese e.V.
Was bringt Menschen im Jahr 2015 dazu, an einem menschengemachten Klimawandel zu zweifeln? Die Datenlage ist erdrückend. Forschungsinstitute publizieren seit Jahrzehnten eine Flut von Messungen, die auf eine starke Erwärmung des Klimas noch in diesem Jahrhundert hinweisen und auch auf den kausalen Zusammenhang zu CO2-Emissionen.
Dagegen stehen Verschwörungstheorien auf dem Niveau des einleitenden Beispiels sowie kurzfristige Wetterkapriolen, wie kalte Winter. Wer sich nun auf die Seite von Verschwörung und Kapriole schlägt, kann das mit logischen Schlüssen schwerlich begründen, allenfalls mit Psychologie. In Deutschland den Klimawandel zu leugnen, ist eine peinliche Nummer, lässt sie doch Rückschlüsse auf die eigene Geistesverfassung zu.
„Wir haben die besondere Verantwortung, die Menschen vor Emission zu schützen.“
Szenenwechsel. Hamburg-Blankenese, 21. Januar 2015. Wir sehen Pastor Helmut Plank auf einem E-Fahrrad vor der Kirche herumradeln und das im Dienst des „Zukunftsforum Blankenese“, eines Vereins, der nicht weniger leisten will als „lokale Beiträge zu einer Erde im Gleichgewicht“ (www.zukunftsforum.blankenese. de). Planck will ein Zeichen setzen und zwar in einem Stadtteil, dessen SUV-Muttis in ganz Hamburg kabaretttaugliche Bekanntheit erlangt haben.
Zweiter Szenenwechsel: Altona, Hafenterminal, 7. November 2014. Wirtschaftssena – tor Frank Horch steht vor einer neuen Landstromanlage, mit der Kreuzfahrtschiffe am Kai versorgt werden sollen. Rußende Schiffsdiesel sind im Stadtgebiet nicht mehr sonderlich populär, das hat auch der ehemalige Präses der Handelskammer erkannt. „Wir haben die besondere Verantwortung, die Menschen vor Emission zu schützen“, sagt Horch.
Hier hat die Vernunft gesiegt. Es dürfte eine Zeitfrage sein, bis Containerfrachter in Hamburg ans Stromkabel kommen.
Letzter Szenenwechsel: Indien, Januar 2015. Energieminister Piyush Goyal kündigt an, den Kohleabbau Indiens in den kommenden fünf Jahren zu verdoppeln. Kritikern hält Goyal entgegen: „India’s development imperatives cannot be sacrificed at the altar of potential climate changes many years in the future …“ Geplant ist eine Steigerung von 565 Millionen Tonnen pro Jahr auf über eine Milliarde Tonnen im Jahr 2019 (zum Vergeich: Die USA fördern jährlich eine Milliarde Tonne Steinkohle, Deutschland etwa 15 Millionen Tonnen).
Polemisch könnte man nun schreiben: „Planks E-Fahrrad gegen eine Milliarde Tonnen Steinkohle“ und dann fragen: „Was soll das Theater?“ Harris Tiddens, Sinologe und ehemaliger Wirtschaftskorrespondent der niederländischen Presse in Bonn, der die KLÖNSCHNACKRedaktion im März 2015 besucht, tippt auf ein Thesenpapier des Zukunftsforums und bekräftigt: „Think global – act local. Der Philosoph Peter Sloterdijk hat darauf hingewiesen: Jede einzelne Zelle im Körper ist schwach und unbedeutend. Wenn aber alle diese Zellen eine koordinierte Reaktion zustande bringen, können wir Krankheiten über unser Immunsystem abwehren.“
Es folgten Veranstaltungen wie der Energietag am 22. Februar 2014 mit Vorträgen zu Energieversorgung und energetischer Stadtsanierung. Das Problem hier sind fehlende Daten. Zwar existieren Zahlen zum Energieverbrauch für die Stadt Hamburg und für die einzelnen Stadtteile, aufgearbeitet wurden sie bisher aber nur für Pilotprojekte, wie etwa die „Energetische Stadtsanierung Bergedorf- Süd“, die den Primärenergiebedarf des Stadtteils bis zum Jahr 2030 um etwa 50 Prozent gegenüber 1990 senken soll.
Etwas ähnliches wäre auch für Blankenese denkbar, Daten und Know-how vorausgesetzt. Eine Gründerzeitvilla benötigt aller Voraussicht nach völlig andere Sanierungsmaßnahmen als eine typische Bauform in Bergedorf.
Zum Vergleich, der Bezirk Altona mit 260.000 Einwohnern verfügt über ein Budget zur Förderung des Radverkehrs von 218.000 Euro. Das entspricht nicht einmal einem Euro pro Bürger und zeigt eindrucksvoll, welchen Stellenwert die Politik dem Radverkehr einräumt.
„Es sind diese Diskrepanzen, die Aktivistinnen wie Naomi Klein dazu bringen, radikaler zu denken …“
Nötig sei vielmehr ein radikales Umdenken. So sagte sie dem Magazin „Der Spiegel“ (Nr. 9/2015): „Das System, in dem wir leben, hat eine Wachstumsobsession, es hält Wachstum grundsätzlich für gut. Aber das ist es nicht.“
Fortsetzung folgt. So oder So.
Autor: tim.holzhaeuser(at)kloenschnack.de