1. März 2016
Magazin

„Statements nicht zugelassen“

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FLÜCHTLINGE

„Statements nicht zugelassen“

Erst Diskussion, dann Demo

Die Politik der großen Koalition in der Flüchtlingskrise stößt bei den Bundesbürgern auf breite Kritik. Bei einem Informationsabend in Blankenese war davon nur wenig spürbar.

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Demonstration in Rissen – Rote Karte für Bürgermeister Olaf Scholz
Alexander Prinz zu Schleswig-Holstein, Vorsitzender des Bürgervereins Rissen und Moderator der Podiumsdiskussion, gibt gleich zu Beginn die Marschzahl aus: „Ich werde keine Polemik zulassen.“ Es gehe um Ruhe und Sachlichkeit. Anderenfalls werde er von seinem Hausrecht Gebrauch machen.

Eingeladen zum Thema „Flüchtlinge – Integration“ haben die Bürgervereine aus Rissen, Blankenese und Sülldorf-Iserbrook. Auf dem Podium sitzen neben der Bezirksamtsleiterin Dr. Liane Melzer, die Bürgerschaftsabgeordneten Karin Prien (CDU), Anne Krischok von der SPD und Anselm Sprandel vom Zentralen Koordinierungsstab.

Angesichts dieser Diskutanten sowie der Zuhörer in der Aula der Gorch-Fock-Schule kann sich der Prinz aus Rissen zurücklehnen. Und soviel vorweg: Der Moderator ist weit entfernt davon, von seinem Hausrecht Gebrauch machen zu müssen. Denn von breiter Kritik an der Flüchtlingspolitik ist an diesem Abend nur in kleiner Runde später vor dem Schulgebäude etwas spürbar.

„Können wir so viele Flüchtlinge integrieren?“, fragt der 2015 eingesetzte Koordinator und langjährige Grüne Sprandel. Um augenblicklich die Antwort zu geben. „Wir sind humanistisch verpflichtet, die Menschen aufzunehmen“, sagt er.

Jeglichen Streit möchte auch die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete vermeiden. „Wir wollen uns nicht parteipolitisch zanken.“ Einig sei man sich darin, dass das Flüchtlingsthema nur gemeinsam zu lösen sei. „Die grundsätzliche Akzeptanz muss erhalten bleiben“, so Karin Prien zu den Zuhörern in der voll besetzten Aula.

„Akzeptanz erhalten“ 

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In Blankenese sprachen Politiker und Polizeibeamte mit Bürgern über das derzeit alles beherrschende Thema Flüchtlinge
Weit über eine Stunde vergeht mit „Eingangsstatements“. Dann dürfen sich Fragesteller zu Wort melden. Zugelassen sind nur Fragen, keine Kommentare, so fordert der Diskussionsleiter streng. Leise Kritik an der aus Berlin verordneten und in Hamburg vollzogenen Flüchtlingspolitik meldet ein Vater von drei Kindern aus Rissen an. „2000 Personen auf einem Fleck sind zuviel.“ Denn die Unterkunft Sieversstücken müsse man zu der geplanten in Rissen hinzurechnen.

Unsicherheit herrscht bei allen Diskutanten, wie viele Flüchtlinge in diesem Jahr zusätzlich untergebracht werden müssen. „Es werden immer mehr Flüchtlinge und wir haben eine gesetzliche Verpflichtung, sie unterzubringen“, sagt eine Rissenerin. Anne Krischok von der SPD pflichtet bei: „Der Flüchtlingsstrom wird nicht abreißen.“

Wer nun sorgenvoll blickt, den ermutigt Karin Prien: „Einige müssen zurückgehen.“ So zuversichtlich wie die Diskutanten auf dem Podium klingen auch die eingeladenen Experten aus der Schulbehörde und dem für einen Großteil der Elbvororte zuständigen Polizeikommissariat (PK) 26.

Alle Schulformen der Stadt würden bei der Bewältigung des Füchtlingthemas in Anspruch genommen, so der Leiter des Amtes für Schule und Berufsbildung zuversichtlich. Beruhigendes berichtet ebenfalls der Leiter des PK 26. Danach ist die Asylunterkunft Sieversstücken „völlig unauffällig“. Alle übrigen Einsatzzahlen der letzten Wochen befänden sich im einstelligen Bereich. Im Durchschnitt habe es einen Einsatz pro Woche gegeben. Hier meldet sich in Form einer jungen Frau Widerspruch: „Da gibt es Geschichten von Frauen, die nicht erzählt werden dürfen. Das muss ich mir mehrmals am Tag anhören.“ In der Aula will davon niemand etwas wissen. Schnell wird über das Thema hinweggegangen. Denn nach wie vor gilt das Dekret des Moderators: „Statements sind nicht zugelassen.“

Einige Tage später, bei einer Demonstration in Rissen, melden sich Kritiker der Hamburger Flüchtlingspolitik und des Bauplans, ein „Ghetto zu errichten“, lautstärker zu Wort.

Bürgermeister Scholz wird symbolisch die Rote Karte gezeigt. Michael Neumaier von der Rissener Bürgerinitive (VIN) fordert mehr Bürgerbeteiligung und weniger Menschen in der geplanten Flüchtlingsunterkunft.

Autor: helmut.schwalbach(at)kloenschnack.de  

www.vin-rissen.de

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