30. Juni 2017
Magazin

Vorsorge für den Notfall

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GESUNDHEIT

Vorsorge für den Notfall

Vollmacht und Patientenverfügung

Prof. Dr. med. Gunter Nils Schmidt von der Asklepios Klinik Altona
Prof. Dr. med. Gunter Nils Schmidt von der Asklepios Klinik Altona
Wenn nichts geregelt ist, kann ein medizinischer Ernstfall für alle Beteiligten zum Problem werden. Chefarzt Prof. Gunter Nils Schmidt erläutert die Vor- und Nachteile einer medizinischen Absicherung.

Wenn der Notfall eintrifft, ist es für rechtlich abgesicherte Vorsorgevorkehrung meist zu spät. Besser ist es also, gewisse Absicherungen schon im Vorfeld mit der Familie oder eng Vertrauten zu treffen. Prof. Dr. med. Gunter Nils Schmidt ist Chefarzt der Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin sowie Schmerztherapie der Asklepios Klinik Altona und kommt fast täglich mit Vollmachten und Verfügungen in Kontakt.

„Bei einer Patientenverfügung schreiben Personen auf, welche Therapieformen im Notfall eingesetzt oder weggelassen werden sollen, wenn sie selbst nicht mehr darüber Auskunft geben können“, erklärt Schmidt. Dabei geht es hauptsächlich um lebensverlängernde Maßnahmen, wenn keine Aussicht mehr auf Heilung und ein selbstbestimmtes Leben besteht. „Diese Verfügungen sind für uns Ärzte teilweise schwer zu deuten, weshalb sie so konkret wie möglich sein sollten.“ Standardisierte Formulierungen für Patientenverfügungen aus dem Internet sind oftmals sehr vage und erschweren den Entscheidungsprozess, da die Endresultate einer Erkrankung und der Verlauf der Therapie nicht immer absehbar sind. „Für einen Laien ist die Einschätzung solcher Notsituationen sehr schwierig. Es ist also sinnvoll, solch ein Schriftstück mit medizinischer Beratung eines behandelnden Arztes aufzusetzen – dem Hausarzt beispielsweise.“


„Jeder Mensch sollte überlegen, wer für ihn entscheiden soll, wenn er es selbst nicht kann.“

Ein häufig einfacherer und vor allem eindeutigerer Weg der Absicherung verläuft über die Vorsorgevollmacht. „Jeder Mensch sollte ganz in Ruhe und bei vollem Verstand überlegen, wer für ihn entscheiden soll, wenn er es selbst nicht kann“, betont der Chefarzt. „Die Vorsorgevollmacht ist für uns Ärzte ein sehr nützliches Verfahren, weil wir direkt mit der bevollmächtigten Person in Kontakt treten können und eine Vertrauensperson des Patienten vor uns haben, die wirklich weiß, was der Patient möchte.“ Mit der gewählten Person berät sich das Ärzteteam dann im Notfall und entscheidet im Sinne des Patienten und seinen Wünschen. Diese Person kann für den Patienten in medizinische Eingriffe einwilligen oder diese ablehnen. So kann in jeder medizinischen Situation neu überlegt werden, ohne dass vage Klauseln den Therapieverlauf erschweren oder zu verlängertem Leid führen.

Wenn keine Vorsorgevollmacht vorliegt und sich kein naher Angehöriger findet, muss vom Gericht ein Betreuer bestimmt werden, der für einen entscheidet. Dies wäre eine fremde Person. „Aus diesem Grund halte ich eine Vorsorgevollmacht für deutlich wichtiger als eine Patientenverfügung, weil wir wissen, mit wem wir den mutmaßlichen Willen des Patienten besprechen können“, so Schmidt. „Wenn Familien solche Dinge und auch das Thema Organspende frühzeitig untereinander klären, ist es für alle Beteiligten erträglicher in der Notsituation. So hat man Klarheit und zumindest eine Unsicherheit weniger.“

Circa ein Drittel der Patienten der Klinik hat eine Regelung zur Absicherung im Vorfeld getroffen. Patienten, die einen großen Eingriff vor sich haben, der eventuell mit Risiken verbunden ist, wird vor der Operation zu einer Vorsorgevollmacht oder auch zusätzlich zu einer Patientenverfügung geraten. „Ich halte die Vollmacht aber für das deutlich wichtigere Instrument“, betont der Experte.

Für Vorsorgevollmachten gibt es im Gegensatz zu Patientenverfügungen sehr gute Vorlagen im Internet, die mit der Familie oder guten Freunden in Ruhe durchgelesen und ausgefüllt werden können. Diese sind auch ohne notarielle Beglaubigung gültig. „Wenn man das Leben vor sich hat, ist es verständlich, dass man sich über solche Dinge keine Gedanken macht und auch nicht machen möchte“, sagt Prof. Schmidt. „Dennoch ist es ratsam, sich zumindest zu überlegen, wer einen im Ernstfall vertreten soll. Wenn man das aufgeschrieben hat, kann man danach das Leben auch wieder unbeschwert genießen.“

Autorin: louisa.heyder(at)kloenschnack.de

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