1. August 2017
Magazin

Was sagt uns das?  

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. . . NACH G20

Was sagt uns das?  

Am Morgen danach – eines der vielen ausgebrannten Autos vor dem Altonaer Rathaus. Bürgerkriegsähnliche Zustände prägten das G20-Treffen. Vorwürfe, Rücktrittsforderungen, Verantwortungsgerangel, Zurechtweisungen und unterschiedliche Wahrheitsansprüche finden sich im Kielwasser des Treffens der Regierungschefs. Was lernen wir daraus? 

Die Berichterstattung fand umfangreich und ausführlich in allen Hamburger Medien statt. Sonderseiten, Sondersendungen und Sondertalkshows bestimmten die Tage danach. Nun sind die Wunden weitgehend geleckt, doch die Aufarbeitung des G20-Spektakels mit seinen gewalttätigen Ausuferungen wird die Hamburger und die politisch Verantwortlichen noch eine Weile beschäftigen. Wie ist die Stimmung in den Elbvororten?

Die spontane Empörung war gewaltig, die Solidarität mit Geschädigten auch. Erstmals in der Geschichte der Demonstration folgten mehr als 1.000 Bürger der Stadt dem Aufruf einer 22-jährigen Hamburgerin – sie rückten mit Besen und Schaufel zum Saubermachen in der Schanze an. Diese Bilder gingen auch um die Welt. Sie machten Hamburg wieder ein kleines bisschen sympathischer.

Randale und Zerstörung im Schnelldurchgang: Schaufenster und Fassaden in der Waitzstraße
Randale und Zerstörung im Schnelldurchgang: Schaufenster und Fassaden in der Waitzstraße
An den Tagen nach dem Chaos startete erwartungsgemäß die politische Auseinandersetzung, die Suche nach Schuldigen und die Zurückweisung von Vorwürfen aller Art. Eine tsunamihafte Rechtfertigungs- und Anklagewelle schwappte über die Stadt. Schließlich braucht man Schuldige, auch wenn die wirklich Schuldigen unübersehbar waren.

Als käme nun mit diversen Rücktritten die Welt wieder in Ordnung. Aber so ist der Mensch nun einmal, er will nicht nur Gewinner sein, er will auch Verlierer sehen. Dass das Ereignis Folgen auf das Wahlverhalten haben wird, war schnell spürbar. Am 24. September finden Bundestagswahlen statt. Erfahrungsgemäß lassen sich besondere Ereignisse und Umstände auch im Wahlergebnis wiederfinden. Das gilt für Landtagswahlen mit der Bundesbrille betrachtet, als auch für Bundestagswahlen mit der Bürgerschaftsbrille gesehen.

Ein Müllcontainer in Altona – schnelles Ziel für die Chaoten  
Ein Müllcontainer in Altona – schnelles Ziel für die Chaoten  
Muss sich – aus Hamburger Sicht – die SPD noch wärmer anziehen? Scheitern die Grünen an der Fünf-Prozent-Hürde? Wird die Linke abgestraft? Werden die „Hamburger Tage“ Einfluss auf das Ergebnis am 24. September haben?

Der HAMBURGER KLÖNSCHNACK hat sich umgehört, um sieben Wochen vor der Wahl ein Stimmungsbild einzufangen.

„Total krank“, so der Kommentar einer Passantin an der Waitzstraße. „Ich weiß nicht, was das bedeuten soll.“ Während anderenorts wahllos Scheiben eingeschlagen wurde, gingen die Zerstörer in der Otmarscher/Flottbeker Einkaufsmeile gezielt vor. Sämtliche Banken, Makler, die Tchibo-Filiale und Fielmann wurden Opfer der Zerstörungswut.

Freitagmorgen, 7.7., auf der Elbchaussee brennen ... FOTO: PETERS 
Freitagmorgen, 7.7., auf der Elbchaussee brennen … 

FOTO: PETERS 
... zahlreiche Autos, Passanten sehen ungläubig zu FOTO: PETERS  
… zahlreiche Autos, Passanten sehen ungläubig zu 

FOTO: PETERS  
Während in Othmarschen die Menschen kopfschüttelnd die wie Einschusslöcher wirkenden Glasschäden kommentieren, dokumentiert Carsten Klauer, Chef des Sicherheitsunternehmens „Power“ am Altonaer Rathaus einige der Kfz-Brandopfer. Unser Unternehmen war verstärkt im Einsatz, mit Feuerlöschern haben wir einige Schäden eingedämmt.“

Wenige Meter entfernt, am Beginn der Elbchaussee, wüteten die Chaoten. Auf Makler hat es der brandschatzende Mob ohnehin abgesehen. Aber auch im beliebten „Seeteufel“ und einer benachbarten Boutique gehen Scheiben zu Bruch. „Armes Deutschland“, so fasungslos eine Anwohnerin.

In den folgenden Stunden des Freitags rechnen Elbvortler mit weiteren sogenannten Demonstranten und ihrer Lust an der Zerstörung.

Altona – keine Scheibe blieb heil  
Altona – keine Scheibe blieb heil  
In Blankenese machen Gerüchte die Runde. Im Gosslerpark hätten sich bereits 1.000 Schwarzvermummte versammelt. Im Louis C. Jacob seien bereits Scheiben zu Bruch gegangen. Auf der Elbchaussee rücke eine schwarze Kolonne an. Der Süllberg wird gestürmt.

Nichts davon stimmt.

Trotzdem schließen viele Geschäfte ihre Türen, Angestellte eilen nach Hause, die Blankeneser Bahnhofstraße erinnert an den Film-Klassiker „12 Uhr mittags“, kurz bevor die Gangsterbande einreitet. Nur noch wenige Passanten sind unterwegs, die meisten Geschäfte haben geschlossen. Vor dem Restaurant „Dal Fabro“ versammeln sich die Angestellten, als wollten sie ihr Lokal verteidigen.

Antonia Fahrenholtz, Betreiberin des Cafés „Chez Wilma“ sagt: „Es geht nur um Krawall, das sind Terroristen.“

Othmarschen – Spuren der Aggression  
Othmarschen – Spuren der Aggression  
Und die verantwortlichen Politiker?

Sie geben in diesen Stunden ein klägliches Bild ab. Besonders die Grünen irrlichterten bereits im Vorfeld des Gipfels zwischen ganz verschiedenen Positionen. Die innenpolitische Linken-Sprecherin Christiane Schneider sah schnell bei der Polizei die Schuld für die Ausschreitungen. Und Bürgermeister Olaf Scholz lauschte einem Konzert während in der Schanze Barrikaden brannten.

Olaf Scholz wird nicht zurücktreten und die Rote Flora wird nicht geschlossen, doch das Aufarbeiten des G20-Spektakels wird Hamburg noch Monate beschäftigen. Und wenn der nächste 1. Mai vor der Tür steht, kann die Randale wieder zum Thema werden. Fragt sich, wer hier lernfähig ist …

Autoren: klaus.schuemann(at)kloenschnack.de, helmut.schwalbach(at)kloenschnack.de

Klinikum Stephansplatz

Karin Prien, CDU-Bildungsministerin in Kiel:

„Innere Sicherheit ist zu Recht das Top-Thema des Bundestagswahlkampfes. Ich denke aber über die Folgen dieser Krawalle viel umfänglicher nach als nur auf die kommende Bundestagswahl bezogen. Ein rechtsfreier Raum über Stunden, tausende Chaoten und Kriminelle, die nicht unter den Deckmantel politischer Demonstranten gehören, sondern ins Gefängnis – das hat niemand in dieser Form für möglich gehalten, das hat eine neue Qualität. Wir müssen klarmachen, dass die Menschen von der Politik erwarten können, dass sich so etwas nicht wiederholt und dass Leib, Leben und Eigentum geschützt werden. Rechtsfreie Räume darf es in Deutschland nicht geben. Und dem Phänomen des Linksextremismus müssen wir insgesamt deutlich entschiedener begegnen.“

Katja Suding, FDP-Fraktionschefin im Hamburger Rathaus:

„Es wird höchste Zeit, dass Teile von SPD, Grünen und Linken ihr Verhältnis zum Linksextremismus überdenken. Gewalt von links darf nicht weiter verharmlost werden und muss genauso entschieden bekämpft werden wie Rechtsradikalismus oder salafistische und islamistische Gewalt.“ 

Anne Krischok, SPD-Bürgerschaftsabgeordnete für den Hamburger Westen:

„Wichtig ist die rückhaltlose Aufklärung der Vorgänge an diesem Krawallwochenende. Erst dann kann man über weitergehende Konsequenzen reden. Eine Auswirkung auf die Bundestagswahl sehe ich nicht.“ 

Wolfgang Kaeser, SPD Nienstedten:

„Kluge Wählerinnen und Wähler erkennen, dass gerade in einer offenen und liberalen Gesellschaft solche Gesprächsformate notwendig sind. Sie werden denen ihre Stimme geben, die zu ihrer Entscheidung auch nachträglich stehen und auch um Entschuldigung bitten, wenn Versprechen nicht eingehalten werden konnten. Und sie werden denen ihre Stimme verweigern, die erst zustimmen und sich dann feige wegducken, wenn etwas schief gelaufen ist, wie das die Hamburger CDU gemacht hat.“

Clemens Reus, CDU Blankenese:

„Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen dem G20-Krawallwochenende und der Bundestagswahl. Bei der Wahlentscheidung im September geht es darum, die Europäische Union zu stärken und auszubauen. Nur Angela Merkel hat die dafür notwendige Autorität und das nötige Ansehen in Europa!“ 

Dr. Bernd Baumann, AfD-Landes- und Fraktionsvorsitzender, Direktkandidat für Altona und Spitzenkandidat auf der Landesliste:

„Alle Senate – ob von CDU oder SPD geführt – haben mit ihrem über Jahrzehnte geführten Kuschel-, Anbiederungs- und Unterstützungskurs die Szene aus tausenden Linksradikalen in unserer Stadt zum Roten Gewaltzentrum der Republik wachsen lassen: Selbst deren Machtzentrale, die Rote Flora, gehört dem Staat! Mit all dem muss jetzt Schluss sein!“  

Uwe Szczesny, CDU-Fraktionschef im Rathaus Altona:

„Die Bürger vertrauen darauf, dass der Staat und seine Führung sie bei Gefahr schützen. Dieses Vertrauen ist verloren gegangen und muss wieder gewonnen werden. Dazu sind nötig: Aufklärung, Aufzeigen der Fehler, bessere Konzepte und Ehrlichkeit gegenüber der Bevölkerung.“ 

Matthias Bartke, SPD-Bundestagsabgeordneter:

„Ich verurteile diese Gewalt zutiefst. Altona ist der Stadtteil, in dem Menschen unterschiedlichster Herkunft und Gesinnung friedlich zusammenleben. Ausgerechnet hier schlagen die Krawalltouristen zu – ich bin fassungslos! Sie zerstören nicht nur den Besitz von Menschen in unserer Stadt, sie zerstören auch jede Aufmerksamkeit für die berechtigte Kritik an Politikern wie Trump und Putin!“

Robert Jarowoy, Fraktiosnchef der Partei Die Linke im Altonaer Rathaus:

„Keine derartig überflüssige und konfliktbeladene Veranstaltungen in großstädtischen Ballungszentren durchführen, sondern zum Beispiel auf Kreuzfahrtschiffen, womöglich auf Titanic-Kurs.“ 

Marcus Weinberg, CDU-Bundestagsabgeordneter:

„Die Krawalle während des G20-Gipfels und deren Aufarbeitung werden auch ein Thema der Bundestagswahl werden. Linke Gewalt und Event-Terror haben insbesondere Altona in Atem gehalten. Das Thema Bekämpfung radikaler Gewalt aller Facetten ist auch ein Thema der Bundespolitik.“

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