BEMERKENSWERTES
Strafen nicht ernstgenommen
Aus dem Amtsgericht
Kürzlich wurde der aus Litauen stammende Matas Landsbegis* in Handfesseln aus der Untersuchungshaft vorgeführt. Lichtes Haar, Jeans, graues T-Shirt, Strickjacke – der junge Mann macht einen mehr als unauffälligen Eindruck. Die wenigen Daten aus seinem Leben passen zum Auftritt. Er sei ledig, habe keinen Beruf gelernt und Vater eines Kindes, übersetzt die Dolmetscherin.
An diesem Tag muss sich der Angeklagte bereits zum dritten Mal wegen Diebstahls verantworten. Bei einem Fall lautete die Anklage auf Diebstahl mit Waffen. Die jetzt verhandelte Tat liegt gerade mal vier Wochen zurück. Ende Juli wurde Landsbegis im Rewe-Markt an der Osdorfer Landstraße von einem Ladendetektiv beobachtet, wie er fünf Flaschen Whisky im Gesamtwert von 217,50 Euro in seinem Rucksack verstaute. „Ich wollte mit Freunden meinen Geburtstag feiern“, erklärt der Angeklagte seine Tat. Dann seien ihm die anderen, zurückliegenden Diebstähle eingefallen und er habe die Flaschen zurückbringen wollen. Tatsächlich scheint es eher so gewesen zu sein, dass Landsbegis den Ladendetektiv entdeckte und daraufhin die fünf Flaschen Whisky zurückstellen wollte.
Für die Staatsanwältin klingt Landsbegis Erklärung für den beabsichtigten Rücktritt von der Tat unglaubwürdig. Die Absicht ändere nichts an der Tat, so die Anklagevertreterin und beantragt eine sechsmonatige Haftstrafe. Gründe für eine Bewährung sieht sie nicht. „Die zurückliegenden Strafen zeigten keinerlei Wirkung.“
Ein Verteidiger muss das anders sehen. Unabhängig davon, wie glaubwürdig die Geschichte seines Mandanten klingen mag. Der Angeklagevorwurf habe sich nicht bestätigt, erklärt der Anwalt. „Mein Mandant hat den Detektiv nicht gesehen“. Außerdem sei kein Schaden entstanden, denn die Flaschen Whisky kamen zurück ins Regal. Für den Angeklagten sprächen zudem, dass er jetzt Arbeit und eine Freundin gefunden habe. „Ich beantrage eine milde Strafe, die zur Bewährung ausgesetzt wird.“
Das sieht der Richter anders. Er verurteilt den Mann aus Litauen zu sechs Monaten Haft. Das Geständnis habe nicht immer der Wahrheit entsprochen. Die zurückliegenden Vorstrafen hätte der Angeklagte alle nicht ernstgenommen. Eine positive Sozialprognose könne er nicht erkennen. Deshalb sei auch keine Bewährungsstrafe mehr möglich.
*Name geändert
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