1. Juni 2018
Magazin

Szenen einer gescheiterten Ehe

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BEMERKENSWERTES 

Aus dem Amtsgericht
Szenen einer gescheiterten Ehe

FOTO: ©STAUKE-FOTOLIA.COM
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Es gibt Strafverfahren, da möchte sich der Berichterstatter am liebsten wieder aus dem Gerichtssaal verkrümeln. Geht es um Kinder oder Familienzwistigkeiten sind die zwischenmenschlichen Implikationen häufig so tragisch oder peinlich, dass sie als privat gelten sollten. Im Gericht gilt das nicht. Selbst ein Schülerpraktikant sitzt neben der Richterin und wird so Zeuge sehr privater Vorfälle.

So musste sich kürzlich Konrad Krüger* im Blankeneser Amtsgericht verantworten, weil ihm die Anklage vorwirft, den Nachfolger an der Seite seiner ehemaligen Frau massiv verprügelt zu haben.

So viel vorweg: Aus Gründen der Diskretion bleibt dieser Bericht an mancher Stelle vage. (Und zum Gehen war es für den Chronisten zu spät.) Säße er auf dem Stuhl des Angeklagten, so das mutmaßliche Opfer Ralf Zöllner*, „wäre der Zuhörraum voll“.

Wortreich, überaus eloquent und detailliert berichtet das mutmaßliche Opfer von den Vorfällen im Februar vergangenen Jahres. „Die Situation war immer schwierig. An diesem Tag war die Stimmung aggressiv“, so Zöllner.

Sie muss so aggressive gewesen sein, dass der Mann im Krankenhaus landete. Mehrere Notrufe waren zuvor bei der Polizei eingegangen. Sie sind dokumentiert und werden im Gerichtssaal abgespielt.

Eine Nachbarin ruft die Polizei: „Können Sie bitte mal kommen“. „Mein Ex-Mann dreht völlig durch“, wird die Ex-Ehefrau, Zeugin der körperlichen Attacke, deutlicher. Die Polizei, täglich mit familiären Zwistigkeiten vertraut: „Wir kommen.“

Der mutmaßliche Täter nutzte die Zeit zwischen Hilferufen und Eintreffen der Beamten, um seinen Widersacher mit Fäusten zu malträtieren.

„Die Stimmung war aggressiv. Ich forderte ihn auf, zu gehen.“

So wuchs die Emotionalität zu einem schmerzhaften Erleben. „Er hat minutenlang auf meinen Kopf eingeschlagen. Ich war verwundert, dass mein Schädel das ausgehalten hat“, so das mutmaßliche Opfer.

Am Ende sei sein Mund voller Blut gewesen, ein Auge zugeschwollen und er sei weggedämmert, erinnert sich Zöllner.

Das Gericht muss sich mit einem weiteren relevanten Vorfall im Rahmen der Auseinandersetzung beschäftigen. Laut Zöllner hat sich Krüger selbst die Haustür an den Kopf gehauen und dabei geschrien. „Das ist für mich der Knackpunkt“, so Zöllner.

Wenig später versucht der Verteidiger das Gericht über das Instrument eines Täter-Opfer- Ausgleiches zur Verfahrenseinstellung zu bewegen. Damit erntet er nur Kopfschütteln bei der Richterin. „Da kommen wir nicht an einen Tisch.“ Der Prozess wird fortgesetzt. HS

*Namen geändert

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