Vorweg, Mai 2018

Liebe Klönschnack-Leserin,
werter Klönschnack-Leser,
Einen von Hand geschriebenen Brief zu bekommen glänzt als gehobener Status oder als fern von dieser Welt empfundenes Kommunikationsmittel. Selbst korrekte Rechtschreibung beim WhatsApp-Tippen gilt schon als antik. Und als 1874 der Dichter Gottfried Keller die Novelle „Kleider machen Leute“ niederschrieb, traf er den Zeitgeist und würde sich heute wundern, dass sein Satz quasi zeitlos ist.
Statussymbol und persönlichkeitsbildend ist das versiffte T-Shirt und die ewige Jeans ebenso wie der Nobelanzug von Ermenegildo Zegna oder Dries van Noten. Die Frage ist, ob es zutrifft, denn Rückschlüsse sind nicht mehr drin. Manch’ Multimilliardär verwirrte den Empfang im Nobel-Hotel, weil er kleidungsmäßig eben nicht dem erwarteten Status entsprach. So wie ein rausgeputzter Pfau nicht hielt, was er augenscheinlich versprach. Ist ja irgendwie auch beruhigend. Jeder macht, was er will, keiner macht, was er soll, aber alle machen mit.
Zeitgeist trifft Statussymbol. In der S-Bahn ist der Zeitungsleser heute der Exot. Im Stadion ist es der Krawattenträger. Trommeln mit der dicken Brieftasche macht auch nicht mehr den gewünschten Eindruck und offenbart eher schwachen Rückhalt. Das große Geld ist still – und damit auch chancenlos als offensichtliches Statussymbol. Was sagt uns das nun alles? Man kann sich auf nichts mehr verlassen.
Übrigens: „Erst Statussymbole verleihen dir deinen Wert. Wenn du keinen hast.“ (Erhard Blanck)



