Vorweg, Oktober 2016

Liebe Klönschnack-Leserin,
werter Klönschnack-Leser,
Die morbiden Tage wagen den Schulterschluss mit dem Einsamen, dem das Alleinsein in dieser Zeit schwerfällt. Reizüberflutete entdecken die Vorzüge von Stille und Rückzug.
Der Dichter Rainer Maria Rilke (1875 bis 1926) wird in diesen Tagen gern zitiert. Er hat den „Herbsttag“ so trefflich niederschrieben:
Herr: es ist Zeit.
Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
Und auf den Fluren lass die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten voll zu sein; gib ihnen noch zwei südlichere Tage, dränge sie zur Vollendung hin und jage die letzte Süße in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.
Lange Briefe schreibt keiner mehr, wohl eher E-Mails oder SMS. Vielleicht greift man auch öfter aufs Telefongespräch zurück. Es gibt schließlich immer jemanden, der sich über einen Anruf freut – in den dunklen, windigen und regennassen Herbsttagen ganz besonders.
Herzlich
Ihr Klaus Schümann
Übrigens: Wer allein mit einsam verwechselt, der hält auch Stille für lautlos. (Hermann Lahm)


