2. Mai 2016
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Zwischen Baby und Greis …

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DEMOGRAFIE

Zwischen Baby und Greis …

Jung und Alt im Westen

Das Straßenbild in Blankenese ist auffällig stark von Senioren geprägt.
Das Straßenbild in Blankenese ist auffällig stark von Senioren geprägt.
Die Elbvororte gelten als Refugium von Senioren, neuerdings aber auch als Hort vieler junger Familien. Mit dem Blick auf die Statistik fragt der KLÖNSCHNACK nun: Was ist Klischee, was Realität?
Wer tagsüber die Blankeneser Bahnhofsstraße entlangflaniert oder die Rissener Dorfstraße überquert, ist schnell überzeugt: Diese Stadtteile haben ein Demografieproblem, sieht man zwischen Bäckerei und Apotheke doch viel Graumeliertes.

Gleichzeitig bemerken wir viele Mütter, viele Kinder, viele Schüler. Stadtteile wie Nienstedten stehen seit einigen Jahren in dem Ruf, junge Familien regelrecht anzuziehen.

Eine solide Basis gewinnen solche Beobachtungen erst mit Blick auf die Statistik. Das Statistikamt Nord erhebt jedes Jahr ein umfangreiches Zahlenwerk, hier und da auch aufgeschlüsselt nach Stadtteilen (Alle folgenden Zahlen sind aus dem Statistischen Jahrbuch von 2015/2016; rückblickende Vergleiche wurden mit dem Jahrbuch von 2005 getroffen.). Für die Elbvororte ergibt sich dort das eingangs geschilderte Bild, mit zwei Überraschungen. Zunächst zur Zahl der Alten. Rissen ist hier tatsächlich einsamer Spitzenreiter in ganz Hamburg. 31 Prozent der Bevölkerung sind über 65 Jahre alt. Ähnliche Verhältnisse weist allenfalls noch Wellingsbüttel auf mit 29 Prozent (bei einem Durchschnittswert für Hamburg von 18,8 Prozent).

Die Zahl der Geburten steigt im Hamburger Westen weiter an. FOTO: INARIK_FOTOLIA.COM
Die Zahl der Geburten steigt im Hamburger Westen weiter an. FOTO: INARIK_FOTOLIA.COM
Dicht auf liegt Blankenese mit einem Anteil der 65-Jährigen von 27,8 Prozent. Die anderen Elbdörfer sind damit verglichen regelrecht jugendlich: Die Anteile liegen zwischen 21 Prozent (Groß Flottbek) und 25,8 (Iserbrook). Interessant erscheint hier die Koppelung des Alters an das Einkommen. Je reicher ein Stadtteil, desto älter – diese Faustregel bestätigt die Statistik. Ein Blick auf die Vergleichszahlen des Berichts aus dem Jahr 2005 zeigt einen soliden Trend in Richtung weiterer Alterung. Sämtliche Elbvororte haben über die letzten zehn Jahre ein bis zwei Prozentpunkte bei den über 65-Jährigen hinzugewonnen. Auf der anderen Seite entspricht auch der beobachtete Kinderreichtum den Tatsachen. Überraschend hierbei: Der Anteil der Bewohner unter 18 Jahren liegt in allen Elbvororten deutlich über dem Hamburg-Durchschnitt. 

TEAM 7 Hamburg City
FOTO: OKSANA KUZMINA - FOTOLIA.COM
FOTO: OKSANA KUZMINA – FOTOLIA.COM
Während in der gesamten Stadt 15,7 Prozent der Einwohner jugendlichen Flaum tragen, sind es in den Elbvororten zwischen 17,7 Prozent (Rissen) und 20,8 Prozent (Nienstedten). Vermeintlich jugendliche Stadtteile wie Eimsbüttel sind mit 12,2 Prozent tatsächlich äußerst erwachsene Gebiete.

Prozentual mehr Jugendliche als in Nienstedten leben hamburgweit nur noch in eher sozial schwachen Stadtteilen wie Billbrook, Wilhelmsburg, Neuenfelde und auf der Veddel.

Insgesamt bestätigt sich also eine Beobachtung aus dem Alltag: Kinderreichtum ist bei zwei Gegenpolen besonders auffällig: bei den Spitzenverdienern und den sozial Schwächsten.

In den Elbvororten ist auch bei den Jungen ein Trend erkennbar. Seit 2006 ist die Zahl der unter 18-Jährigen in nahezu allen Stadtteilen gestiegen (die Ausnahme ist Sülldorf).

Zwischen Wedel und Othmarschen ist es nicht sonderlich schwer, einen Kita-Platz zu ergattern.

FOTO: SEPY_FOTOLIA.COM
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Erfreulich ist auch die Entwicklung bei den Geburten. Die Zahl der entbundenen Kinder steigt. Spitzenreiter im Hamburger Westen ist Othmarschen mit 148 Geburten, Schlusslicht Nienstedten mit 60. Diese absoluten Zahlen haben jedoch nur eingeschränkte Aussagekraft, da die Stadtteile unterschiedlich groß und die Geburtskliniken nicht gleichmäßig verteilt sind. Berechnet man dennoch die Zahl der Geburten auf 1.000 Einwohner, dann liegt Othmarschen mit einem Wert von 11 an der Spitze, während Blankenese mit 7 Geburten auf 1.000 Einwohner das Schlusslicht bildet.

Nun zur zweiten Überraschung, die sich aus der Interpretation der bisherigen Zahlen ergibt: Wenn die Bevölkerung eines Stadtteils aus überdurchschnittlich vielen Alten und Jungen besteht, dann muss die demografische Mittelschicht umso kleiner ausfallen. Blankenese etwa ist demnach reich an Senioren und Kindern, aber arm an Menschen zwischen 19 und 64 Jahren. Das Alter von Müttern wird statistisch nicht erhoben, wir können aber annehmen, dass das beobachtete Phänomen eher älterer Eltern auch in den Elbvororten den Tatsachen entspricht.
  
Wie wirkt sich nun diese Alterssanduhr auf die Elbvororte aus? Neben dem erwähnten Straßenbild spiegelt es sich unter anderem in der Geschäftswelt wieder. Die Zahl der Apotheken ist legendär, ebenfalls die Dichte der niedergelassenen Ärzte. Das kommt Senioren entgegen, ist für Thirtysomethings hingegen relativ unwichtig.

Jugendliche „chillen“ im Hessepark. Die Grünfläche ist bei jungen Leuten beliebt, nicht immer zur Begeisterung von Anwohnern und Spaziergängern.
Jugendliche „chillen“ im Hessepark. Die Grünfläche ist bei jungen Leuten beliebt, nicht immer zur Begeisterung von Anwohnern und Spaziergängern.
Entspannt ist die Lage auch bei den Kindergärten. Zwischen Wedel und Othmarschen ist es nicht sonderlich schwer, einen Kita-Platz zu ergattern. Einzelne Kindergärten bitten auch den KLÖNSCHNACK regelmäßig um Berichte über freie Plätze. Pro 1.000 Einwohner stehen in den einzelnen Stadtteilen jedoch nur 0,2 (Sülldorf) bis 1 Kita (Othmarschen, Nienstedten, Blankenese) zur Verfügung. Wir dürfen also annehmen, dass die Kinder in den Elbvororten überdurchschnittlich häufig zu Hause betreut werden.

Auch die Zahl der Spielplätze ist niedrig, was an den weitläufigen privaten Gärten liegen dürfte.

Eine demografische Betrachtung wäre unvollständig ohne Daten zur ausländischen Bevölkerung, denn die hat einen starken Einfluss auf die Altersstruktur. Gerade Einwandererfamilien der ersten und zweiten Generation aus dem afrikanischen oder arabischen Raum fallen durch eine hohe Geburtenrate auf (die sich dann rasant dem hiesigen Durchschnitt anpasst). Der Hamburger Spitzenwert der unter 18-Jährigen, der mit über 26 Prozent in Billbrook gemessen wurde, dürfte wesentlich mit dem dortigen Ausländeranteil zu tun haben. 65 Prozent der Billbrooker haben nichtdeutsche Wurzeln.

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FOTO: ROBERT KNESCHKE - FOTOLIA.COM
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In den Elbvororten ist die Zahl der Ausländer wesentlich geringer. So leben in Rissen nur 6,3 Prozent Ausländer, während der Spitzenreiter Groß Flottbek auf 12,3 Prozent kommt. Ein gemeinsamer Trend für alle Elbvororte ist allenfalls schwach zu erkennen. Die Anteile sinken weiter. Das mag erstaunen. Wir müssen jedoch bedenken, dass das aktuelle Statistische Jahrbuch die Zahlen aus dem Jahr 2014 aufführt. Die Flüchtlingskrise war damals noch nicht akut.
 
Zusammenfassend lässt sich konstatieren: Die Elbvororte sind demografisch eigenständig. Das Neben- oder auch Miteinander von Alt und Jung unterscheidet Blankenese & Co. deutlich von den anderen Stadtteilen Hamburgs.

Die beobachteten Trends werden diese Entwicklung aller Voraussicht nach weiter verstärken und auch das Straßenbild weiterhin prägen.

Autor: tim.holzhaeuser(at)kloenschnack.de
Mitarbeit: Louisa Heyder
 
www.statistikamt-nord.de

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