Altona. Kunst im öffentlichen Raum: Genau das bietet die „FrauenFreiluftGalerie“, die sich über zwei Kilometer an der Elbkante erstreckt. Zwischen dem Altonaer Fischmarkt und Oevelgönne zieren elf Gemälde das Mauerwerk von Gebäuden und Treppenmauern. Sie erzählen farbenfroh und plakativ über den Wandel und die Vielfalt weiblicher Wirtschaftskraft im Hamburger Hafen seit 1900 bis heute.
Das autonome Projekt existiert seit 1994 und ist in der ganzen Republik die einzige Open Air-Galerie von Künstlerinnen über hafenbezogene Arbeit. Beteiligt an dem Projekt sind Malerinnen aus Hamburg, Argentinien, New York und London. Die Projektleitung liegt in Händen von Kuratorin Dr. Elisabeth von Dücker, Kunst- und Kulturhistorikerin und Hildegund Schuster, Künstlerin. Vor jedem neuen Wandgemälde gehen die Damen auf Recherche und führen Interviews. Dr. von Dücker sagt: „Wir erzählen authentische Geschichten von Frauen, die im Hafen arbeiten – das reicht von der Unternehmerin über die Hafenarbeiterin bis zur Dockschwalbe.
Die Gemälde reflektieren die Philosophie der mexikanischen Wandbildbewegung „muralismo“ als Kunst im öffentlichen Raum und Besitz des 20. Jahrhunderts. „Wir wollen aufmerksam machen und auf Themen hinweisen, die den Menschen nicht bewusst sind.“ Die Galerie versteht sich als Augenöffner, denn sie will sichtbar machen, wo Frauen heute und einstmals im Hafen arbeiten. „Wir stellen bei unserer Arbeit mit Freude fest, dass Frauen heute immer mehr Einzug auch in technische Bereiche halten – sie arbeiten nicht mehr nur als Kaffeebohnensortiererinnen und Putzfrauen, sondern auch in der Hafenlogistik, als Schlepperinnen oder Kranführerinnen.“
Die auffallenden Bilder von Künstlerinnen, wie Cecilia Herrera, Janet Pavone, Barbara-Katrin Möbius und Janet Braun-Reinitz sollen zu Gesprächen über die Männerdomäne Hafen anregen. „Bei unseren regelmäßig geführten Spaziergängen entlang der Galerie, sprechen wir auch darüber, was überhaupt noch dran ist an dem Mythos Männer-Frauen-Rolle. Wir stellen erfreut fest, dass Frauen immer selbstverständlicher als Fachkräfte im Hafen Arbeit finden und sich wohlfühlen.“ Künstlerin Schuster ergänzt: „Wir legen eine Spur von Erinnerungen und Nachdenken, denn hier am Elbufer vollzieht sich ein tief greifender Wandel der ehemals industriell geprägten Arbeitswelt zum Freizeit- und Dienstleistungsgewerbe.“
An der Großen Elbstraße stoßen die Künstlerinnen zwar auf viel Zuspruch, manchmal aber auch an Grenzen. „Wir sehen die Wände hier natürlich mit anderen Augen, für uns sind freie Flächen leere Staffeleien“, so Dr. von Dücker. „Wenn es um Hauswände geht, braucht es manchmal einen langen Atem, denn nicht jeder Hausbesitzer möchte mit uns zusammenarbeiten.“ Allerdings, so die Kuratorin, sind die meisten Gewerbetreibenden und Anwohner begeistert von dem Projekt. „Wir oft positives Feedback und erhalten Unterstützung – wir gehören einfach zum Fischmarkt dazu.“
Ihr Engagement lohnt sich: Ende August präsentiert die FrauenFreiluftGalerie ein neues Wandgemälde zum Thema „Frauen in der Fischindustrie und am Fischmarkt“. „Am traditionsreichen Ort des Fischmarktes soll es den Wirtschaftsfaktor Fisch visualisieren und die Tätigkeit beim Verarbeiten der Rohware darstellen – häufig ein Frauenberuf. Dazu kommen die vielfältigen Berufstätigkeiten von Frauen am Fischmarkt: im Fisch-Groß- und Einzelhandel als Juniorchefin, Geschäftsführerin, in der Gastronomie, Verkauf, als Expeditionsleiterin, als Amtsveterinärin und vieles mehr – hätte man nicht gedacht, dass in der sogenannten Männerdomäne Hafen Frauen in so großer Zahl den Betrieb am Laufen halten. Das Wandbild wird im August 2015 gemalt: Künstlerinnen sind Hildegard Schuster aus Hamburg, und Cecilia Herrera aus Argentinien.
Vernissage des neuen Wandgemäldes „Frauen in der Fischindustrie und am Fischmarkt“:
Freitag, 28. August 2015, um 17 Uhr mit Eröffnungs-Feier; die Künstlerinnen Hildegund Schuster, Hamburg, und Cecilia Herrero, Argentinien, sind anwesend;
Ansprachen: Michaela Rosenberger, Vorsitzende der Gewerkschaft NGG, Nahrung, Genuss, Gaststätten – Deutschlands ältester Gewerkschaft, sowie Kersten Albers, stellv. Bezirksamtsleiter von Altona
Ort: Große Elbstr. 268, Halle VII neben Auktionshaus Lauritz (Bus 111 Stop Neumühler Kirchenweg oder Bus 112 Stop Elbberg).
Übrigens: Der nächste Jour-Fixe-Spaziergang findet am 5. August um 18 Uhr statt. Treffpunkt ist an der Gr. Elbstraße 132 vor der Seemannsmission und Haifischbar/Holzhafen. Bus 111 ab Bhf. Altona bis Haltestelle Sandberg. Mehr erfahren Sie hier.