4. September 2014
Elbvororte

Honig aus der Großstadt

Bienenhonig liegt im Trend

Großstadtimkerin Judith Heimann aus Sülldorf mit ihrem Sohn (Foto: Klönschnack)

Bienenhonig liegt im Trend. Im Hamburger Westen betreuen immer mehr Imkerinnen und Imker bis zu 250 Völker. Ihnen geht es jedoch nicht nur um das Produkt Honig.

Der Imker: ein freundlicher, schweigsamer Mann um die 70, nach Wachs und Rauch duftend, mit der Gelassenheit eines Menschens, der Deadlines, Titel, Beförderungen und den ganzen Kokolores der Berufswelt hinter sich gelassen hat.
So weit das Klischee.
Die Realität kommt in Gestalt einer jungen Mutter und Agrarwissenschaftlerin, die sich den Lebensunterhalt mit Internet-Monitoring verdient und nebenbei dem Altersdurchschnitt des Imkervereins Altona einen kräftigen Schubs gibt.
Fünf Bienenvölker betreut Judith Heimann auf einer Streuobstwiese des NABU an der Grenze zum Klövensteen. Weitere zwei stehen in einer nahen Schule und machen dort Werbung für ein ökologisch unverzichtbares Insekt, das wieder mehr Freunde findet. Reiner Hock vom Altonaer Imkerverein, nicht gerade ein Freund starker Worte, spricht von „Hype. Wir haben in diesem Jahr erstmals zwei Anfängerkurse statt einem angeboten, weil das Interesse sehr groß war.“ Das sei ein bundesweiter Trend. „Meines Wissens waren im Frühjahr 2011 die Kurse sämtlicher anbietender Imkervereine ausgebucht.“ Die Mitgliederzahl des eigenen Vereins werde bis Jahresende auf weit über 70 Imker steigen. Schon heute brummen im Hamburger Westen bis zu 250 Bienenvölker.
Bemerkenswert ist der Anteil weiblicher Imker, die auch die harte Arbeit der Honig­ernte nicht scheuen. 21 Frauen führt der Verein in seinen Listen. Deren Motiv ist nicht nur die Honiggewinnung. Auch Judith Heimann gefällt das „Umfassende“. „Nicht nur die Bienen, auch die umliegende Natur ist wichtig“, sagt sie. „Die Saison beginnt im März, die Hauptarbeitszeit liegt im Mai und Juni, wenn die Bienen schwärmen wollen. Dann muss man viel arbeiten. Das Volk explodiert regelrecht mit der Vegetation, dann kann man kaum Luft holen. Im Juli und August flacht es wieder ab.“
Im Winter repariert die Imkerin Rähmchen, schmelzt Wachs ein, zieht Kerzen, während die Vorfreude auf die nächst Saison steigt.
Judiths Völker stehen mitten in der Natur, auch wenn die nächste S-Bahn-Station einen Steinwurf weit entfernt ist. Aber auch weiter westlich, in den bebauten Gebieten des Hamburger Westens, haben Imker ihre Völker aufgestellt. Parks, Gärten, Blumenkästen, Friedhöfe und Verkehrsinseln kommen als Tracht in Frage. Das Klima ist in der Stadt tendenziell milder als auf dem Land, so dass die Bienen länger unterwegs sind. Auch Schädlinge und Seuchen sind in der Stadt seltener. Im Ergebnis ist der Ertrag pro Volk in der Stadt häufig höher als auf dem Land.
Judith Heimann etwa erntet pro Volk und Saison bis zu 40 Kilogramm Honig. Dieser steht echtem Landhonig in nichts nach. Im Gegenteil: die Belastung von Blüten mit
Pestiziden ist in Gebieten mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung um ein vielfaches höher als in Vorstadtvierteln.
Hier wie dort haben Bienenvölker einen natürlichen Drang zur Expansion. Wenn der Imker diesem Drang seinen Lauf lässt, wächst die Zahl der Völker Jahr für Jahr. Irgendwann kommt dann die Frage, wohin mit dem schönen Honig? Immer häufiger findet sich daher im Handel Honig aus der Region. Auch Imkerin Judith vermarktet in diesem Jahr zum ersten Mal den eigenen Honig (www.heimann-soehne.com,  Tel. 87 08 22 47). Neben Stolz auf das Produkt verspürt die Sülldorferin nun auch eine Art ökologischen Lokalpatriotismus.
„Wer Honig aus der Region kauft, tut etwas für seine Heimat.“

Imkerverein

Imkern ist ein schönes Hobby, aber wesentlich komplexer als Golf oder der Betrieb einer Märklin-Bahn. Imkervereine bieten daher Unterstützung. Anfängern wird dringend ein Kurs empfohlen, der das gesamte „Bienen“-Jahr zum Inhalt hat.

www.imkerverein-altona.de

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