4. Januar 2018
Elbvororte

Tims Thesen: Das „N-Wort“

Klönschnack-Redakteur Tim Holzhäuser hat anlässlich des Tweets des AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier aus Dresden seine monatliche Glosse dem "N-Wort" gewidmet

Wüstenmaler Carsten Westphal lädt zur Ausstellung ein.

Wüstenmaler Carsten Westphal lädt zur Ausstellung ein.

Klönschnack-Redakteur Tim Holzhäuser hat anlässlich des Tweets des AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier aus Dresden seine monatliche Glosse dem „N-Wort“ gewidmet. Hier gibt es „Tims Thesen“ schon im Voraus zu lesen. 

Was würden Sie davon halten, wenn ich Sie „altes Sackgesicht“ nenne? Ich würde sofort nachschieben, ich meinte das wertneutral. Sie müssen wissen, dass der Begriff „Sackgesicht“ schon immer verwendet wurde. Es gibt und gab schon immer ältere Männer, deren Gesicht einem schlecht rasierten Hodensack ähnelt. Der Begriff „altes Sackgesicht“ ist daher lediglich eine präzise Beschreibung der Realität. Ich bin nicht verantwortlich für die Physiognomie, ich sage lediglich, was ist.

So oder ähnlich klingt die Rechtfertigung von Menschen, die unter allen Umständen das Wort „Neger“ benutzen wollen. Das Wort muss eine ungeheure Kulturleistung sein, anders ist das beharrliche Festhalten kaum zu erklären. Auffällig ist ja, dass die Neger-Sager meist keinen einzigen schwarzen Menschen kennen, auch sonst nicht sonderlich interessiert sind an Sprache, im Falle des „Negers“ aber plötzlich ihr Engagement für Linguistik entdecken.

Fans des Begriffs verweisen nun gerne auf den Bundespräsidenten Heinrich Lübke. Der war auf Staatsbesuch in Liberia und sagte vor einem internationalen Publikum: „Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Neger …“  Leider bleibt festzuhalten: Das war 1962. Lübcke war bereits in den Augen seiner Zeitgenossen ein Trottel und … die Episode ist frei erfunden. Erfunden, von netten Herren, die das Wort mal wieder hören wollten.

Tatsächlich ist das Wort seit dem 16. Jahrhundert negativ besetzt. Eindeutige Schilderungen finden sich ab da in nahezu allen europäischen Ländern. Selbst Geistesgrößen wie Immanuel Kant beteiligten sich an einer äußerst nachteiligen Klassifizierung des „Negers“ an sich.

Übrigens braucht man weder historische, philosophische noch linguistische Kenntnisse um die beleidigende Wirkung des Begriffes zu akzeptieren. Man muss nicht einmal Wikipedia bedienen können, sondern kann eine vollständig beschränkte Kartoffel sein und wird es trotzdem sofort begreifen.

Warum? Weil schwarze Menschen, die derart tituliert werden, bei jeder Gelgenheit unmissverständlich sagen, dass es so ist.

Reicht das nicht? Muss der Besserwisser in uns den Leuten noch erklären, wann sie mit Recht beleidigt sein dürfen und wann nicht?

Dabei sind wir ja meist rücksichtsvoll. Wenn jemand seinen ersten Vornamen nicht mag, seinen zweiten aber schon und nun alle bittet, den zweiten zu benutzen, was dann? Alle benutzen den zweiten. Was soll’s.

Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass schwarzen Menschen das Beleidigtsein verweigert wird, weil es eben nur „Neger“ sind.

Das führt direkt zu meiner These: Wer darauf besteht, das Wort wieder und wieder zu sagen, der ist ein rassistisches, zumindest aber ignorantes Sackgesicht.

Das ist natürlich eine wertneutrale These. Rein logisch fundiert, da sollte sich niemand beleidigt fühlen.

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