Das Märchen von Hänsel und Gretel ist wohl fast allen bekannt. Aber kennen Sie auch die Geschichte von Hans und Grete? Die Inszenierung von Inken Rahardt beschäftigt sich auch mit dem Verirren und Verloren sein. Allerdings auf eine ganz eigene Art und Weise.
Hans und Grete – darum geht’s
Im Haus Waldfrieden hat alles seinen geregelten Tagesablauf. Das Personal arbeitet mit aller Kraft, um den Bewohnenden einen schönen und würdevollen Lebensabend zu bereiten. Hans lebt dort bereits eine Weile und ist der Welt ein kleines bisschen entrückt. Dann zieht Grete in sein Nachbarzimmer. Eher widerwillig, aber ihr bleibt keine Wahl
Mit der Zeit kommen sich Hans und Grete näher. Sie verstehen sich auf eine Art und Weise, die niemand sonst versteht. Egal, wie sehr sich die Pflegerinnen anstrengen. Denn Hans und Grete sind dement. Gemeinsam durchleben sie emotionale Höhen und Tiefen, erleben große Freude und große Angst. Aber: Sind ihre Erlebnisse überhaupt real? Oder sind Hans und Grete schon in ihre eigene Welt entrückt? Während bei beiden das Vergessen einsetzt und ihnen die Realität immer mehr entgleitet, driften sie gemeinsam in eine märchenhafte Fantasiewelt ab.
Starke Vorstellung auf allen Ebenen
Wer seichte Unterhaltung erwartet, ist hier falsch. Besonders Menschen, die sich mit Demenz auseinander gesetzt haben, müssen das ein oder andere Mal schlucken. Es beginnt mit dem eher zwanghaften Ankommen im Seniorenheim oder wenn Grete ihre geliebten Schuhe ausziehen muss.
Aber gerade, wer mit dem Thema schon zu tun hatte, wird viele Facetten der Krankheit in liebevoll gestalteten Details wieder erkennen. Durch Beamer-Projektionen auf einem durchscheinenden Projektions-Vorhang werden die Gedanken und Gefühle sowie auch das Chaos in den Köpfen der beiden Senioren greifbar. Der Vorhang ist vor der Bühne angebracht. Dahinter ist somit das Spiel zu sehen. Die Projektions wird dreidimensional und trägt zur Stimmung und Erklärung der Szenen bei.
Mal ist da ein schöner Schmetterling oder lustige Seifenblasen. Dann wiederum wirken die Pflegerinnen wie bösartige Hexen, die einen ans Bett fesseln wollen – eine Wahnvorstellung der Protagonisten. Mal finden sie nicht zurück in ihr Zimmer, dann kommen beim Lesen von Kinderbüchern wieder Erinnerungen hoch.
Man merkt der Inszenierung von vorne bis hinten an, dass Inken Rahardt viel Herzblut in das Stück gesteckt hat. Viele Erfahrungen, die sie mit ihrer demenzkranken Mutter gemacht hat, finden sich im Stück wieder. Musikalisch und emotional ein echtes Highlight.
Wir sagen: Ein Besuch lohnt sich. Mindestens drei Vorstellungen stehen noch an, Tickets gibt es online.
Weitere Informationen
Opernloft im alten Fährterminal
Junges Musiktheater Hamburg e. V. (gemeinnützig) – Opernloft
Van-der-Smissen-Str. 4
22767 Hamburg