Klar, naturtrüb oder als Schorle – die Varianten vom Apfelsaft sind wohl allen bekannt. Viel mehr aber auch nicht. Wer erkennt schon, welche Apfelsorte in der Flasche steckt? Zugegeben, bei den meisten Säften steckt auch nicht nur eine Sorte drin. In den Flaschen der Mosterei der Ökologischen Wissensakademie (ÖWA) allerdings schon, natürlich abgesehen von den Misch-Säften wie Apfel-Ingwer.
2023 stand die Mosterei in Fintel vor dem Aus, da sich kein Nachfolger fand. „Da haben Dietmar und ich uns gefragt, ob wir eine Mosterei brauchen“, sagt Julian Wehmann scherzhaft. Seit 15 Jahren sind er und Dietmar Spriwald Inhaber der ÖWA und betreiben aktiven Naturschutz. Unter diesem Aspekt entschieden sie sich auch, die Mosterei zu übernehmen. Denn hier landen nicht irgendwelche Äpfel in der Presse, sondern nur solche von Streuobstwiesen. „Das sind Bioreservate mit alten Apfelsorten. Die wollen wir erhalten und dafür sorgen, dass mehr Menschen sie wiederentdecken“, so Wehmann.
Kurze Saison, aber lange Tage in der Mosterei
Das ist ein anstrengendes Projekt: Drei Tage die Woche ist er in der Mosterei, ab fünf Uhr geht es los. Dann werden die Äpfel – vorher von Hand geerntet, sortiert und gewaschen – gepresst. Später anfangen geht nicht. „Der Rohsaft muss zur natürlichen Klärung rund sechs bis acht Stunden ruhen, damit sich grobe Fruchtstücke unten absetzen“, erklärt Julian Wehmann.
„Ich bin Moster – Ich stelle hier in Fintel in der zweiten Saison größtenteils sortenreinen Apfelsaft von Streuobstwiesen her. Das geht nur in der Zeit, in der die Äpfel reif sind. Von Ende August bis Anfang November produzieren wir Säfte fürs ganze Jahr.
Dementsprechend lang sind dann manchmal die Arbeitstage. Aber am Ende kommt ein qualitativ hochwertiges, einzigartiges Produkt raus. So eine Mosterei gibt es in Norddeutschland nicht noch einmal – deswegen haben wir sie übernommen.“
Ist der Prozess abgeschlossen, wird der klare Saft aus dem Tank gesogen, kurz auf 90 Grad erhitzt, und in Glasflaschen abgefüllt. Rund 3.500 Flaschen à 0,75 Liter werden hier pro Tag abgefüllt. In jeder Flasche steckt ungefähr ein Kilo Äpfel. Wann geerntet und gepresst wird, geben die Äpfel vor. „Reife und Erntezeitpunkt sind für den Geschmack essenziell“, so Wehmann. „Dementsprechend flexibel sind wir.“ Stand er in der Vorsaison noch als Einzelkämpfer in der Mosterei, steht ihm mittlerweile ein kleines Team zur Seite. „Wir optimieren die Abläufe noch Schritt für Schritt, aber es läuft schon sehr gut“, sagt er.
Schulen und Kitas – und auch ältere Interessierte – können sich nach Absprache vor Ort anschauen, wie der Apfel vom Baum in die Flasche kommt. Mittwochs findet zudem immer von 17 bis 19 Uhr ein Direktverkauf an der Mosterei statt. Wer mehrere Apfelbäume im Garten stehen hat, kann seinen eigenen, sortenreinen Saft in Fintel direkt pressen lassen und bereits am Folgetag genießen.