6. September 2021
Magazin-Tipp

Flugplatz Uetersen: Ein Paradies für Hobbypiloten

Der Flugplatz Uetersen ist einer der meistbesuchten in ganz Deutschland. Hier landen keine großen Maschinen, sondern kleine Segel- und Motorflieger.

Hobbypilot

Hobby: Fliegen – so schön ist die Welt von oben. // ©marvlc_AdobeStock

Wrumm. Der Propeller am blau-weiß gestreiften Flugzeug beginnt, sich immer schneller und schneller zu drehen und wird dabei immer lauter. Ich warte darauf, dass die Maschine losfährt und abhebt Aber es passiert erstmal nichts. „Das kann manchmal etwas dauern“, sagt Gunnar Laatzen. Er ist Hobbypilot und fliegt seit über zehn Jahren regelmäßig vom Flugplatz Uetersen aus. Der Motorflieger rollt langsam los. Aber er startet nicht wie erhofft, sondern fährt erst einmal in Richtung Startplatz.

Ich schaue ihm hinterher und sehe mich um. Unter einem Flugplatz hatte ich mir zunächst etwas anderes vorgestellt und direkt Bilder vom Hamburg Airport im Kopf – viel Trubel, große Maschinen. Der Flugplatz Uetersen sieht ganz anders aus. Eigentlich ist es nur eine große Wiese, Markierungen kann ich zumindest vom Rand aus nicht erkennen. Ein paar Familien sitzen auf den Bänken und beobachten die Flugzeuge, die vorbeirollen oder auch fliegen.

Über 60.000 Flieger pro Jahr

Flugplatz Uetersen
Flugzeuge gucken darf hier jeder – fliegen nicht.

Die große Wiese ist auch nicht nur einfach groß, sie ist riesig. Rund 120 Hektar umfasst der Flugplatz im Kreis Pinneberg. Mit rund 60.000 Flugbewegungen jedes Jahr ist er einer der meistfrequentierten Flugplätze in ganz Deutschland. Die Flüge sind größtenteils privat. Zwar nutzen Unternehmen wie Air Hamburg und HanseAIR den Landeplatz ebenfalls, aber meistens fliegen hier Mitglieder der vier ansässigen Luftsportvereine, die jeweils zu 25 Prozent Gesellschafter der Flugplatz Uetersen/Heist GmbH sind und den Platz somit betreiben.

Ich schaue nach oben. In der Luft sind ein paar Flugzeuge, manche verschwinden fast am Horizont und sehen wie kleine Modellflugzeuge aus, andere erkennt man noch ziemlich genau, während sie ihre Runden ziehen. Weiter hinten startet jetzt wirklich ein Flugzeug, allerdings ohne Propeller. Und ohne Lärm. Und auch eigentlich gar nicht selbst, es sieht aus, als würde es an einem Seil hochgezogen werden.

Genau das wird es auch, erklärt Gunnar Laatzen mir. Denn genau das sei der Unterschied zwischen Segel- und Motorflugzeugen: Segelflugzeuge haben keinen Motor (zumindest die meisten nicht, auch da gibt es wieder verschiedene Arten und unterschiedliche, neue Modelle). Sie werden zum Start hochgezogen und gleiten in der Luft von Aufwind zu Aufwind. Um besser in der Luft zu liegen und segeln zu können, haben sie unter anderem eine größere Spannweite – also längere Flügel – was auch Laien wie ich erkennen.

Flugplatz mit Historie

Militärflugzeug
Ein altes Militärflugzeug vor dem Eingang erinnert an frühere Zeiten.

Segelflugzeuge fliegen hier in Uetersen schon lange: Seit 1928 wurde der Flugplatz geplant, 1933 startete die erste Maschine. Nur zwei Jahre später begann der Umbau zu einem Militärflugplatz, von dem während des zweiten Weltkriegs auch Angriffe auf Dänemark und Norwegen geflogen wurden. Nach Kriegsende war die deutsche Luftfahrt zunächst sehr eingeschränkt, allerdings nicht lange. 1951 durfte der Segelflugbetrieb wieder aufgenommen werden, 14 Jahre später wurden hier auch Motorflieger zugelassen und Militärflieger kehrten zurück. 1973 jedoch zog der Bund sich aus dem Betrieb des Militärflugplatzes zurück, die Flugplatz Uetersen/Heist GmbH wurde gegründet und ist seitdem der Betreiber.

Aber genug von der Geschichte des Flugplatzes, wir sind schließlich nicht am Flugplatz, um Zahlen und Fakten zu besprechen. Ich möchte wissen, wie das hier abläuft, was es für Regeln gibt, wer hier alles fliegen kann und was es da alles vorher zu beachten gibt. Eine organisatorische Sache hatte Gunnar Laatzen mir schon im Vorfeld erklärt und die klingt so simpel wie logisch: Man muss sich vorher anmelden.

Fliegen auf dem Flugplatz Uetersen

Motorflieger
160 PS hat das Motorflugzeug und fliegt durchschnittlich 180 km/h.

Jeder der Luftsportvereine hat eine bestimmte Anzahl an Flugzeugen, für die können Mitglieder sich online für ihre Wunschzeit eintragen. Wir gehen an den Schaulustigen vorbei – zum Flugzeuge beobachten kann man hier eigentlich jederzeit vorbeikommen, bald soll auch wieder das Restaurant öffnen –, vorbei am Tower zum Vereinsraum. In dem kleinen Raum holen wir Log- und Flugbuch, dann geht es denselben Weg wieder zurück, durch das kleine Empfangsgebäude zum Auto und knapp 800 Meter weiter auf einen anderen Parkplatz. Gunnar Laatzen öffnet ein Tor und schon stehen wir auf dem Flugplatz.

Naja, noch nicht da, wo die Flugzeuge starten, aber es stand schon ein großer Warnhinweis vor dem Tor, dass man nur mit Flugzeugführer auf das Gelände darf und nur auf direktem Weg zur Maschine und wieder zurück. Genau das machen wir auch, vorbei an flachen, aber großen Garagen, bis wir an der richtigen angekommen sind. Das Tor quietscht beim Aufschieben und ich stehe vor vier kleinen Motorfliegern. „Wir haben heute nicht das Schönste, aber das, was vorne steht“, sagt Laatzen und spätestens als er beginnt, das Flugzeug rauszuziehen, verstehe ich auch, warum.

Flugzeug-Check vorm Start

Das Flugzeug ist wirklich nicht groß. Ich passe genau unter die Flügel, muss aber schon aufpassen, mich nirgends zu stoßen. Mit einem Ruck geht die Tür zum Innenraum auf. Ab mit dem Rucksack auf die Rückbank – große Menschen müssten sich da schon wirklich quetschen. Im Logbuch stehen die technischen Daten, auf der Flugkarte kriege ich gezeigt, wo wir gerade sind, wo wir gleich hinfliegen können und wo es problematisch ist. Zum Beispiel darf man nicht ohne Weiteres in den Luftbereich des Hamburg Airports fliegen.

Als nächstes folgt der Check des Flugzeugs. Gunnar Laatzen versucht, mir jeden Schritt verständlich zu erklären, während er die Checkliste abarbeitet. Genügend Treibstoff? Check. Höhen- und Luftdruckmesser? Check. Reifendruck? Check. Ölstand? Check. Höhen- und Seitenruder werden geprüft. Dellen können wir keine finden. Wasser im Treibstoff ebenfalls nicht. Scheinwerfer und Propeller scheinen auch in Ordnung zu sein.

Wie wird man zum Hobbypiloten?

Flugunterlagen
Logbuch, Flugbuch, Fluglizenz sind bei jedem Flug ein Muss.

Die Technik ist neben Wetter und Navigation ein Teil der theoretischen Ausbildung, die man braucht, um seinen Flugschein zu bekommen. Sieben Themenbereiche gibt es insgesamt, die man sich aber auch selbst aneignen kann – Hauptsache man kann die 2.700 Fragen beantworten. „Ich hab mir Zeit gelassen und es hat knapp zwei Jahre gedauert, bis ich meinen Schein hatte und eine Schule habe ich dafür nicht besucht“, erzählt Gunnar Laatzen.

Er hat vor knapp zehn Jahren mit der Ausbildung begonnen, auch wenn er Luftfahrt und Flugzeuge schon immer faszinierend fand. Neben der Theorie müssen vor der Prüfung auch mindestens 45 Flugstunden absolviert werden. Auch nach erfolgreich bestandener Prüfung müssen die Hobbypiloten alle zwei Jahre an einem offiziellen Check-Flug teilnehmen, ab 50 Jahren muss man jährlich beim Arzt durchgecheckt werden und alle vier Jahre das Sprachverständnis – viele Funksprüche werden schließlich auf Englisch abgesetzt – unter Beweis stellen.

Bereit machen zum Abflug

Der Hobbypilot nimmt einen kleinen Metallgriff und beginnt, das Flugzeug aus der Garage zu ziehen. Jetzt verstehe ich, warum es schlau war, das Vordere zu buchen. Noch ein paar letzte Checks, dann sitzen wir in der kleinen Kabine – fast eine Stunde hat die Vorbereitung gedauert, aber vielleicht geht es schneller, wenn man nicht jeden Schritt erklären muss. Tür zu, Anschnallgurt anlegen, Navi einschalten. Der Motor wird gestartet – hatte ich mir sogar lauter vorgestellt! Aber noch stehen wir ja auch.

Ich werde mit einem Headset ausgestattet und schon rollen wir zwischen den Garagen durch auf den Flugplatz. Über die Wiese, einmal wenden und Stopp. „Jetzt geht’s los!“, höre ich durch mein Headset, der Propeller wird immer schneller, das Flugzeug mit uns auch. Die Wiese und die Schaulustigen ziehen immer schneller an uns vorbei und plötzlich rollen wir nicht mehr und heben ab. Immer weiter hoch zieht Gunnar Laatzen die Maschine, ich habe leichten Druck auf den Ohren, aber da sind wir schon wieder in der Waagerechten.

Hamburg von oben sehen

Knapp 2.000 Meter sind wir über dem Boden – und man kann einfach alles sehen! Über die Elbe fliegen wir vorbei am Kraftwerk Wedel, den Elbstränden und über das Airbus-Gelände. Die großen Containerschiffe und die Flugzeuge sehen aus, wie im Miniatur Wunderland, aber dennoch erkennt man noch viele Details. Ich kann den Blick nicht von der Scheibe wenden, freue mich über jeden Kran im Hafen. Wir fliegen bis hinter die Elphi und dann zurück. Diesmal bin ich auf der Landseite, entdecke den Fernsehturm, die tanzenden Türme und das Volksparkstadion. Ich sehe das Treppenviertel und die Leuchttürme von oben – winzig klein.

Blick aus dem Flugzeug
Der Blick von oben auf Hamburg – einfach wunderschön.

Wir folgen der Elbe und plötzlich höre ich übers Headset: „Jetzt darfst du mal Steuern!“ Ungläubig reiße ich meinen Blick vom Fenster los, schaue den Piloten an, dann das Lenkrad. „Ist nicht schwer, du lenkst ganz normal und durch Reindrücken und Rausziehen steuerst du die Höhe.“ Na gut, versuchen wir es mal. Nach rechts, über die Felder, nach links, wieder über die Elbe, nach oben, bis an die Wolken und wieder weiter runter. Wahnsinn.

Nachdem ich eine ganze Weile meinen Spaß am Lenken hatte – natürlich kontrolliert der Pilot auf seiner Seite alles – übernimmt Gunnar Laatzen wieder und wir fliegen zurück Richtung Uetersen. Runter, weiter runter und nach einer sanften Landung rollen wir zurück zur Garage. Alles desinfizieren, die Maschine waschen – der nächste Pilot kommt schon in einer halben Stunde – noch den Eintrag ins Flugbuch und dann ist mein Besuch am Flugplatz schon beendet. Aufhören zu Grinsen kann ich aber den ganzen Tag nicht mehr.

 

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