17. Februar 2022
Magazin-Tipp

Kaffee-Sensorikerin: Arbeitsplatz des Monats

Katharina Gerasch ist Deutschlands gefragteste Kaffee-Expertin. Mit feinem Gespür sowie umfassendem Wissen zu den Anbaugebieten und Varietäten ist sie das Mastermind im Bereich Spezialitäten-Kaffee.

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Katharina Gerasch ist Kaffee-Expertin: „Wo der Barista anfängt, hört meine Arbeit auf.“

Katharina Gerasch ist eine der gefragtesten Kaffee-Expertinnen Deutschlands und das mit gerade mal 36 Jahren. Bereits ihr Vater hatte geschäftlich mit Kaffee zu tun. „Die Welt war bei uns zu Hause. Wir hatten oft Besuch aus den Anbauländern.“ Auch sie reiste bereits viel um die Welt: „Ich kenne praktisch rund um den Globus Menschen aus der Kaffeebranche. Viele sind Freunde geworden. Man lernt die Länder über den Kaffee ganz anders kennen, sieht die harte Arbeit und den Stolz der Produzenten. Das ist einfach toll.“ Das Wort Produzent gefällt ihr an sich nicht. Schließlich werde Kaffee angebaut und nicht hergestellt. Aber es fast die verschiedenen Anbaumodelle gut zusammen. Denn neben großen Plantagen gibt es schließlich auch Kooperativen, kleine Farmern und weitere Anbauformate. Allen Produzenten gemein sei die Freude, wenn eine Röstung ihres Kaffees den Weg zurück findet – etwa durch lleine Röstereien, die persönlichen Kontakt zu den Kaffeebauern pflegen.

„Ich bin Coffee Consultant – es gibt keine typischen Arbeitstage, denn die Aufgaben sind so vielfältig, wie das Thema Kaffee selbst. Es kann um eine Verkostung, ein Gutachten, einen Workshop, eine neue Röstung oder vieles mehr gehen. Ich freue mich immer, wenn jemand neues anruft, was nicht mehr oft vorkommt, denn ich kenne mittlerweile fast alle in der Kaffeewelt.“

Zuhause in der Kaffee-Branche

Nach einer Ausbildung zur Außenhandelskauffrau arbeitete Katharina Gerasch bei verschiedenen großen Firmen der Kaffee-Branche. Im Jahr 2017 machte sie sich als Coffee-Consultant selbstständig. Zweimal war sie beste Verkosterin Deutschlands. Der Begriff Sommelier kommt dem recht nahe, aber Wein, so sagt sie, ist weniger komplex: „Wein kommt bereits fertig aus der Flasche. Da muss nicht mehr viel passieren. Das ist beim Kaffee völlig anders. Es kann so viel schiefgehen: der Mahlgrad, die Menge des Pulvers, die Temperatur, die Wasserqualität, der Druck bei einer Siebträgermaschine und so weiter.“ All diese Komponenten muss sie bei ihrer Arbeit bedenken. Hilfreich ist da ihr umfassendes Wissen und ihre Erfahrung. Sie kennt alle Anbauländer der Welt, die Unterschiede einzelner Regionen, der Kaffeesorten und natürlich auch die Auswirkungen der verschiedenen Weiterverarbeitungsmethoden.

Was sie derzeit umtreibt, sind dreierlei Dinge. Zum einen sind die Preise für Rohkaffee im Vergleich zum Vorjahr um fast 60 Prozent gestiegen. Aufgrund der Pandemie kommt es außerdem teils zu Lieferengpässen. Große Firmen betrifft dies aufgrund ihrer Vorräte weniger. Kleine Röstereien aber haben erste Probleme. Der dritte Punkt hat mit Katahrina Geraschs Zunge und Nase zu tun. Die sind nämlich ihr Kapital. Würde sie durch eine Corona-Infektion ihren Geruchs- und Geschmackssinn einbüßen, wäre sie berufsunfähig. Die Kaffee-Sensorikerin ist geboostert. Sie weiß, hier geht es um ihre Exitenz. Doch ein wenig Angst schwingt mit. Sie winkt ab, ist zuversichtlich und spricht über ihre aktuelle Arbeit. Momentan denkt sie über neue Seminare nach.

Kaffee-Spezialitäten
Stets geht es um Kaffee-Spezialitäten – das Niveau ist hoch.

Was ist guter Kaffee?

Zu Katharina Geraschs Kunden zählen Kaffeeröstereien, -farmer, -verbände und auch Kaffeemaschinenhersteller. Die Aufgaben sind sehr verschieden. Große Firmen lassen die Kaffeequalitäten oder das Sortiment auf „Lücken“ untersuchen. „Ich frage zum Beispiel, ob es ein Produkt am Markt gibt, dass ihnen gefällt oder eine Richtung, an die sie gedacht haben. Dann schaue ich, ob sich das mit dem deckt, was der Kunde benötigt. Gibt es vielleicht schon passende Kaffees, die man ein­kaufen kann, soll es ein Blend bestehender Röstungen sein oder muss eine eigene Röstung her.“

Es sei auch eine Standort­frage. „Studenten probieren zum Beispiel gerne etwas Neues, Ausgefallenes aus. Woanders wird eher ein angenehmer Alleskönner gesucht.“ Daheim hat die Spezialistin Kaffees aus aller Welt und eine kleine Röstanlage – ein Traum für viele Kaffeeliebenden. Das Neueste in ihrem Heimsortiment: „Ein Kaffee der nach Ananas schmeckt. Hoch interessant. So etwas hatte ich noch nie in der Tasse.“ Und es bleibt spannend, denn die Kaffeewelt dreht sich stetig weiter.

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