31. Mai 2022
Magazin-Tipp

Mein Arbeitsplatz: Musikproduzent – Soundbändiger

Das Studio von Ruben Seevers liegt im Schanzenviertel – kreatives Sirren, drinnen und draußen. Nach seiner Schulzeit hat Seevers als Assistent in einem Tonstudio gearbeitet und dort viel gelernt: von Instrumental- und Vocalaufnahmen über Arrangements und elektronischen Klangerzeugern bis hin zur Abmischung. Im Interview verrät er uns die Zwischentöne.

Ruben Seevers in seinem Tonstudio – Foto: Inga Seevers

Ruben Seevers in seinem Tonstudio – Foto: Inga Seevers

Herr Seevers, vielleicht das Leichteste vorweg: Welche Instrumente spielen Sie?

Klavier, Bass und Gitarre

 

Woher haben Sie ihr ganzes Know How?

Nach meiner Schulzeit habe ich als Assistent in einem Tonstudio gearbeitet und dort viel gelernt: von Instrumental- und Vocalaufnahmen, über Arrangements und elektronischen Klangerzeugern bis hin zur Abmischung. Als Musiker ist man ja auch viel in Studios. Wenn man den Produzenten und Engineers über die Schulter schaut, kann man viel von ihnen lernen. Auch der Austausch mit Kollegen ist wichtig.

 

Wie ging es mit dem Produzieren los?

So genau kann ich das nicht sagen, irgendwie hat es mich schon immer dorthin hingezogen. Früher war meine Perspektive eher die eines Musikers. In den vergangenen Jahren habe ich mich in die Richtung des Produzenten und Co-Writers bewegt, weil ich immer mehr das Gefühl bekam, dass ich da etwas weitergeben kann.

 

Seit wann sind Sie in diesem Beruf tätig?

Meinen ersten bezahlten Auftrag als Musikproduzent bekam ich 2017: die Produktion des Debüts „The Idea Of Us“ der Hamburger Künstlerin „Ri Wesby“, das beim Label „Motor Music“ erschienen ist. Im darauf folgenden Jahr begann die Zusammenarbeit mit dem Künstler „Van Deyk“, der gerade aktuell eine Reihe von Singles seines neuen Albums „To Cut A Long Story Short“ beim Hamburger Label „Superlaut“ veröffentlicht. Es folgten Mixing Aufträge für Künstler*innen wie „NYLE„, „Veer“ oder „Emma Longard“. Zwischendrin auch Produktionen für Dokumentarfilme, freie Projekte oder Werbung.

 

Was hat sich seitdem verändert?

In den letzten fünf Jahren hat sich an meiner Arbeit grundsätzlich nicht viel geändert. Die Corona-Krise hat natürlich auch gerade in der Musikwelt ein Erdbeben verursacht, viele geplante Projekte fielen aus oder wurden verschoben. Durch meine Arbeit im Studio war ich glücklicher Weise jedoch nicht so hart davon betroffen, wie viele Kollegen, die hauptsächlich in der Live-Branche unterwegs sind. Und Kultur- oder Wirtschaftsförderungen haben meine Ausfälle einigermaßen aufgefangen.

 

Was sollte man für Ihren Job mitbringen?

Einfühlungsvermögen, Offenheit, Stressresistenz, einen „Blick fürs große Ganze“ … Man geht in einen Prozess mit kreativen Menschen, die manchmal noch auf der Suche sind, wohin sie musikalisch wollen. Eine Produktion fühlt sich oft an wie eine Reise ins Ungewisse, ein Prozess, der nicht gut voraussagbar ist und vor allem immer länger dauert als geplant. Aber meistens lohnt sich so eine „Reise“ und auch das Wagnis, die eigene Komfortzone zu verlassen.

 

Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus?

Kaffeemaschine an, Rechner an, mit frischen Ohren den Stand von gestern anhören. Wenn dann später die Künstler*innen dazu kommen, arbeitet man weiter gemeinsam an den Arrangements, am Songwriting oder an den Aufnahmen. Auch Gespräche sind wichtig, um locker zu werden oder um Knoten zu lösen. Natürlich strebt man immer eine positive und konstruktive Stimmung an, wichtig ist es aber als Produzent auch, die Schwachpunkte klar zu benennen.

 

Gibt es einen regelmäßigen Ablauf oder ist es mit jedem Künstler/jede Künstlerin anders?

Natürlich gibt es gewisse Abläufe, die sich wiederholen, die sich bewährt haben. Zum Beispiel gemeinsames Musikhören. Songs, die die Künstler*in mit ihrem eigenen Werk in Verbindung bringt und als Inspirationsquelle nutzen kann. Viele technische Abläufe ähneln sich meist, wie zum Beispiel das Aufnehmen und die Nachbearbeitung.

 

Wann wird es stressig?

Wenn die Zeit knapp wird, was am Ende einer Produktionsphase leider meistens passiert. Trotzdem mag ich die harten Abgabefristen. In absehbarer Zeit fertig werden zu müssen, um dann zeitnah zu veröffentlichen, tut meistens der Musik und auch den Künstler*innen gut. Man arbeitet dann intensiver und intuitiver.

 

Wie lange dauert die Zusammenarbeit? Wie lange dauert es bis ein fertiger Song steht?

Die meisten Songs brauchen ein paar Tage, bis sie fertig arrangiert, aufgenommen und abgemischt sind, das kann aber stark schwanken. Teilweise werden Songs sogar noch im Studio fertig geschrieben oder nochmal komplett auf „links gedreht“.

 

Was ist das Schwierigste?

Im Englischen gibt es die Redewendung „Kill your darlings“. Sie bedeutet: sich von Details zu trennen, in die man sich verliebt hat, die aber dem Endergebnis letztlich im Weg stehen. Das ist nicht immer leicht. Beispielsweise ein Beat oder eine Gitarrenlinie, die für sich genommen großartig, aber nicht die richtigen für den Song sind. Am Ende muss ein überzeugender, stimmiger Song entstanden sein, nur darum geht es.

 

Was ist das Schönste?

Wenn man es schafft, so genannte „Sternstunden“ herbeizuführen. Das sind so gewisse Momente, manchmal auch länger anhaltend, in denen die Beteiligten in eine euphorische und konstruktive Stimmung kommen. Dann ist der „Flow“ da, alles geht leicht und fügt sich zusammen. Ein Patentrezept, sie entstehen zu lassen, gibt es aber leider nicht.

 

Sticht für Sie ein Erlebnis aus Ihrer bisherigen Karriere heraus?

Ich bin schon etwas stolz, dass der Song „Non-Breakable Space“ meiner Band „Small Fires“ bei Spotify mittlerweile bei über 2,8 Millionen Plays steht. Und es freut mich sehr, dass die junge Hamburger Künstlerin „Brockhoff“, mit der ich zusammen an einigen Songs geschrieben habe, gerade so einen Erfolg hat mit ihrem Debüt.
Aus meiner Zeit als Musiker fallen mir die großen Venues und Festivals ein, auf denen ich mit der Band „Wir Sind Helden“ als Live-Musiker gespielt habe: in Hamburg auf dem Dockville Festival, Stadtpark Open Air oder in der Großen Freiheit 36.

 

Woran arbeiten Sie im Moment?

Zur Zeit arbeite ich mit der jungen Sängerin und Songschreiberin „Margo“ aus Köln. Ich habe Margo vor zwei Jahren über den Popkurs Hamburg kennen gelernt, der hier jedes Jahr an der „Hochschule für Musik und Theater“ stattfindet und Pop-orientierten Musikern ein großes und aktives Netzwerk bietet. Er richtet sich an Fortgeschrittene. Viele bekannte Bands haben sich dort gegründet oder Künstlerinnen und Künstler ihre Karrieren gestartet. Zum Beispiel Boy, Seeed, Gisbert zu Knyphausen oder die Bands von Künstlern wie Clueso, Udo Lindenberg oder Mark Forster. Parallel zu meiner Arbeit als Produzent veröffentliche ich gerade mit meiner Band „Small Fires“ unser neues Album „Stairwell“, an dem wir die letzten eineinhalb Jahre gearbeitet haben.

Was würden Sie gerne umsetzen, was sich noch nicht ergeben hat?

Einen Welthit schreiben natürlich!

 

Mit welcher Künstlerin oder welchem Künstler würden Sie gerne mal zusammenarbeiten?

Ich würde gerne mal Mäuschen sein bei einer Produktion von Rick Rubin (Johnny Cash, Metallica, Adele u.v.a.). Man darf ja mal träumen.

 

Unserer Artikel zu Ruben Seevers in der Juni-Ausgabe 2022 finden Sie auf Seite 146 im E-Paper: Ab zum E-paper. Weiter Informationen zu Ruben Seevers finden Sie hier: www.rubenseevers.com. 

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