4. November 2022
Magazin-Tipp

Ökologisch, sinnvoll, aussterbend – der Beruf Reetdachdecker

Ein neues Dach muss her. Wenn es ein besonders ausgefallenes Dach sein soll, kommt David Pegrim. Er ist Reetdachdecker und hat auch das Blankeneser Fischerhaus bedacht.

Reetdachdecker David Pegrim

David Pegrim ist seit 20 Jahren Reetdachdecker – zuletzt sorgte er für das neue Dach des Fischerhauses.

Ich steig dir gleich auf’s Dach! – Was bei anderen eine Drohung sein mag, ist bei David Pegrim ein Angebot und gehört zu seinem Berufsalltag dazu. Der 45-jährige Däne ist Reetdachdecker und hat gerade mit seinem Team das Dach des denkmalgeschützten Blankeneser Fischerhauses fertiggestellt.

Ein neues Dach fürs Fischerhaus

Reetdachdecker David Pegrim
David Pegrim vor dem Fischerhaus

„Das war eine ganz besondere Herausforderung“, sagt er lachend. Das lag nicht an dem Dach selbst, denn mit knapp 360 Quadratmetern ist es nicht besonders groß. Zum Vergleich: Sein aktuelles Projekt ist das größte Reetdach Europas auf Sylt – mit über 11.000 Quadratmetern.

Herausfordernd war im Blankeneser Treppenviertel besonders die Logistik: Große Transportfahrzeuge kommen einfach nicht bis zum Fischerhaus. „Die Idee war, dass wir die Reetbündel am Strandweg schultern und hochtragen“, berichtet er. Stattdessen haben die Dachdecker eine elektrische Seilbahn gebaut und die Reetbündel hochgezogen. „Am Ende war es doch alles ganz einfach“, so David Pegrim. Einen knappen Monat hat es gedauert.

Reetdachdecker – ein aussterbender Beruf

Es gibt nicht viele Reetdachdecker in Deutschland und Umgebung. „Es ist ein aussterbender Beruf, auch wenn da viel getan wurde und es schon etwas besser aussieht als noch vor einigen Jahren“, erzählt er. „Viele wollen keine körperliche Arbeit mehr machen.“

„Ich bin Reetdachdecker – aktuell helfe ich, Europas größtes Reetdach auf Sylt zu decken. Es ist ein körperlicher, aber sehr harmonischer und naturnaher Job. Ich bin seit 20 Jahren in diesem Beruf tätig und lerne immer noch dazu. Wir sind inter­national vernetzt und tauschen uns über die Entwicklungen aus. Brandschutz, Schraubtechniken, da verändert sich immer etwas.“

Er selbst ist seit über 20 Jahren auf Reetdächern unterwegs. Es ist ein klassischer dreijähriger Ausbildungsberuf, auch wenn sich die Ausbildung in Dänemark etwas von der in Deutschland unterscheidet: In Deutschland lernt man den Beruf des Dachdeckers und spezialisiert sich im dritten Jahr auf Weichdächer. In Dänemark wird man zum Zimmermann ausgebildet und spezialisiert sich dann explizit auf Reetdächer.

Reetdach
Reetdächer haben sich in den vergangenen Jahren stark entwickelt.

Besonders aus Sicht des Brandschutzes sind sie praktischer als die früheren Strohdächer. Reet ist ein einjähriges Schilfrohr, das häufig noch per Hand oder mit speziellen Mähdreschern geerntet wird. Es wächst in Norddeutschland, aber auch in der Ukraine. Da kommt das Reet für das Fischerhaus her. „Unterstützung der Ukraine – noch ein positiver Aspekt meiner Arbeit“, sagt David Pegrim zufrieden.

Er liebt seinen Beruf, den abwechslungsreichen und projektbezogenen Alltag und die Neuerungen: „Ich lerne auch nach  20 Jahren noch ständig dazu. Besonders durch die weltweite Vernetzung.“ Zudem beschreibt er seine Arbeit als sehr harmonisch: „Ich arbeite mit einem Naturprodukt, auch das Endergebnis ist ökologisch. Und ich sorge dafür, dass eine über 5.000 Jahre alte Tradition fortgeführt wird – was Besseres kann ich mir momentan nicht vorstellen.“

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