3. November 2023
Magazin-Tipp

Ba(h)nkrott bei Sauberkeit?

Die Sauberkeit mancher Bahnhöfe scheint beklagenswert. Doch warum kommt es speziell dort zu diesen Verunreinigungen und was wird dagegen unternommen? Wir haben nachgefragt.

Reeperbahn: Unachtsames Wegwerfen von Müll, „Littering“, ist hier ein großes Problem.

Reeperbahn: Unachtsames Wegwerfen von Müll, „Littering“, ist hier ein großes Problem.

Regelmäßig erreichen den Klönschnack Nachfragen zur Sauberkeit der Bahnhof-Haltestellen. Speziell am S-Bahnhof Blankenese beklagen die Reisenden Verschmutzungen, besonders durch Taubenkot. Manche Orte in Hamburg sind regelmäßig und besonders stark durch Taubendreck verschmutzt. Grund ist das Füttern. Dies führt zur Zunahme der Taubenbestände und damit auch zu mehr Taubenkot.

Eine Anfrage durch unsere Redaktion zum Problem beantwortete die Deutsche Bahn (DB) kürzlich so: „Damit Reisende nicht durch Tauben oder Taubenkot belästigt werden, versucht die DB der Ausbreitung von Tauben in Bahnhöfen entgegenzuwirken, indem sie die Bahnhöfe intensiv reinigt. Jährlich wendet die DB einen hohen zweistelligen Millionenbetrag für die Reinigung der Bahnhöfe auf.

3.500 Einsätze zur Taubenkotbeseitigung

Praktisch jede mögliche SItzgelegenheit wird vor Tauben geschützt.
Blankenese: Praktisch jede mögliche SItzgelegenheit wird vor Tauben geschützt.

Um Tauben nicht anzulocken, ist das Füttern von Vögeln laut Hausordnung verboten. Zudem sollen Vergrämungsnetze, -drähte und sogenannte Spikes die Tauben vom Nestbau abhalten, insbesondere auf Fahrgastinformationsanlagen oder Schildern. Außerdem arbeitet die DB mit zwei Taubenschutzvereinen zusammen, um das Vorgehen möglichst schonend zu gestalten. Das Füttern von Stadttauben ist darüber hinaus seit 2003 verboten. Die Ordnungswidrigkeit kann bis zu 5.000 Euro kosten.

Eine Ortsbegehung in Blankenese zeigt tatsächlich, dass zumindest die Verdreckung durch Taubenkot seit 2022 deutlich abgenommen hat. Und dieser Eindruck gilt laut Stadtreinigung Hamburg (SRH) für nahezu alle Bahnhöfe und Haltestellen. Die Verbesserung führt die SRH auf die Taubenvergrämung zurück. Dennoch rückte der Reinigungsdienst der Stadt 2022 zu 3.500 Einsätzen zur Taubenkotbeseitigung aus.

Voll daneben

Gut, die Taubenproblematik lässt nach, doch eine andere bleibt und es gibt einen Fachausdruck dafür: Littering. Dies meint das unachtsame Wegwerfen von Müll. Der HVV äußert hierzu: „Auffallend ist Verpackungsmüll, der nicht in die Papierkörbe gelangt: Plastiktüten, Einwegflaschen, Flachmänner, Kronkorken. Außerdem werden in den Warte- und Abfahrtsbereichen an Bushaltestellen sowie vor den Zugängen zu den Schnellbahn-Haltestellen Zigarettenkippen achtlos auf den Boden geworfen.“

Am Bahnhof Bergedorf ist das Problem besonders groß. In diesem Jahr haben dort Schülerinnen und Schüler während eines Aktionstages rund neun Kilogramm Zigarettenstummel eingesammelt und es hätten nach Angaben der S-Bahn Hamburg auch mehr sein können, wenn die Schüleraktion länger gedauert hätte.

Sauberkeit nimmt zu

Allgemein habe sich der Zustand jedoch verbessert, so die SRH gegenüber dem Klönschnack. Im Auftrag des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV) überprüft und dokumentiert die Stadtreinigung seit 2013 regelmäßig 70 Haltestellenumfelder. Die Stadtreinigung gibt an, die Sauberkeit habe seither deutlich zugenommen. Grund seien mehr Reinigungsmaßnahmen. Ausreißer gibt es dennoch. Ein Beispiel ist der S-Bahnhof Iserbrook. Derzeit wird er umgebaut. Unter anderem wird auch am Thema Müllentsorgung gearbeitet. Aktuell fallen besonders überfüllte Mülleimer und verdreckte Wände auf.

Schauerlicher Anblick am Bahnhof Iserbook: Der Treppenaufgang soll in den nächsten Monaten saniert werden.
Schauerlicher Anblick am Bahnhof Iserbook: Der Treppenaufgang soll in den nächsten Monaten saniert werden.

Zahl der Reinigungseinsätze steigt

An den fünf Fernbahnhöfen der Stadt (Altona, Dammtor, Hauptbahnhof, Harburg und Bergedorf) dürfte das nicht passieren, denn „alle Bahnhöfe der DB werden ordentlich gesäubert und zwar täglich“, sagt eine Sprecherin der Bahn auf Frage des Klönschnacks. Aber auch andernorts wird öfter „durchgefeudelt“. Binnen der vergangenen zwölf Monate rückte die Stadtreinigung insgesamt zu 6.400 Reinigungseinsätzen aus. Dies ist laut SRH eine deutliche Erhöhung gegenüber den Vorjahren und erklärt, besonders bezüglich des Hauptbahnhofs: „Das ist primär damit zu begründen, dass wir sowohl Nassreinigungsflächen als auch -frequenzen vor allem am HBF sowie dessen Umfeld deutlich gesteigert haben. Im Fokus der Einsätze steht die Beseitigung von Taubenkot, menschlichen Fäkalien sowie Uringeruch.“

Die Sauberkeitsoffensive

Bereits 2018 beschloss die Stadt eine Sauberkeitsoffensive. Die Sauberkeit in der Stadt soll durch sie besser untersucht und Handlungsbedarf aufgezeigt werden. Die Umweltbehörde sprach kürzlich von einem Erfolg der Offensive. Durch die Offensive hat die Stadtreinigung deutlich mehr Aufgaben. Neben den Straßen und Bahnhöfen zählen nun auch Parks und der Elbstrand zum Aufgabengebiet. Die häufigere und aufwendigere Reinigung am Hauptbahnhof gehört auch ausdrücklich zur Forderung der Sauberkeitsoffensive. Hier war die Stadt in besonders großem Zugzwang, denn die Sauberkeit an Hamburgs größtem Bahnhof wurde zum Politikum und ließ die Opposition auf Hochtouren laufen. Ein Besuch durch unsere Redaktion zeigt, dass die Sauberkeit am Hauptbahnhof in der Tat zugenommen hat.

Auch am Jungfernstieg, der Feldstraße und anderen Stellen sieht es deutlich sauberer aus. Unterschiede bestehen aber nach wie vor: An der Reeperbahn, der Sternschanze und der Holstenstraße gibt es viel Luft nach oben. Die Verschmutzungen unterscheiden sich offensichtlich von Haltestelle zu Haltestelle. Man könnte fast meinen, es gehe um eine Art sozialer Landkarte, denn man kann viel aus der Situation vor Ort ablesen: Wie viele Menschen reisen über die Haltestellen? Was können sie vor Ort kaufen und bleibt eventuell als Müll zurück? Werden mehr oder weniger Essensreste weggeworfen? Gibt es aufgrund von Freizeitangeboten viele Bewegungen oder suchen arme Teufel einen Unterschlupf? Wie sind die baulichen Gegebenheiten? All diese Punkte tragen zum Zustand der Haltestellen und Bahnhöfe bei. Und je nachdem ist der Aufwand zur Reinigung auch ein anderer.

Die Fahrgastzahlen wachsen

Sicherlich ist nicht zu erwarten, dass umgehend jede Verschmutzung beseitigt wird. Immerhin reisten bereits 2022 rund 914 Millionen Fahrgäste mit den Öffis in Hamburg und es werden dank Deutschlandticket deutlich mehr. Inklusive der Bus-, S- und U-Bahnhaltestellen umfasst das Verkehrs-Netz aktuell über 10.000 Haltestellen. (Die Zahlen finden Sie online unter: www.hvv.de/de/ueber-uns/der-hvv/zahlen-daten-fakten) Und auch hier wächst die Anzahl. Neue Linien werden geplant oder sind im Bau, der Hamburg- und der Deutschlandtakt versprechen mehr Bewegungen an den Haltestellen bei kürzerer Verweildauer.

Das Potenzial für mehr Verschmutzung ist also da. Die Stadt muss hier ihre Maßnahmen anpassen. Die Reisenden können indes auch mithelfen. Die SRH gibt etwa zu bedenken, dass Tauben verhältnismäßig wenig Nahrung brauchen, um relativ viel Kot abzusetzen. Daher sollten Nahrungsreste unbedingt in den Mülleimern landen. Auch das Littering könnte leicht reduziert werden. Hamburgs rote Mülleimer mit den flotten Sprüchen – auch zu finden in den Haltestellenumfeldern – gibt es übrigens nunmehr 19.500 mal. Also, wenn die Sauberkeit mal wieder auf der Kippe steht …

Reinigungsteams

Rissen: Kleinere Verschmutzungen fallen erst bei der regelmäßigen Reinigung auf. Allerdings können Verschmutzungen für eine schnellere Beseitigung auch an ein Servicecenter der Bahn gemeldet werden.
Rissen: Verschmutzungen können für eine schnellere Beseitigung auch an ein Servicecenter der Bahn gemeldet werden.

Hinweise zur (fehlenden) Sauberkeit nimmt die 3-S-Zentrale auf und schickt bei Bedarf kurzfristig Hilfe. Die Zentrale ist telefonisch unter 39 18 10 53 erreichbar.
An den Bahnhöfen Hamburg Hbf, Altona, Dammtor und Harburg können Fahrgäste unter 0157 923 628 36 auch den Whatsapp-Service der 3-S-Zentrale nutzen.

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