27. Mai 2023
Magazin-Tipp

Schiffszeichner – der letzte seiner Art

Unser Arbeitsplatz des Monats: Karsten Kunibert Krüger-Kopiske ist ´der letzte Schiffszeichner in Deutschland und arbeitet dagegen an, maritime Traditionen zu verlieren.

Schiffszeichner K4 bei der Arbeit

Mindestens zwei Stunden braucht Schiffszeichner K4 für eine Zeichnung. // Foto: Karsten Kunibert Krüger-Kopiske

Knapp 7.000 Zeichnungen, jede davon dauert mindestens zweieinhalb Stunden. Wieviel Zeit Schiffszeichner Karsten Kunibert Krüger-Kopiske (auch K4 genannt) in diese Arbeiten steckt, kann man sich ausrechnen. „Ich habe keinen Fernseher, deswegen hab ich so viel Zeit“, scherzt der 64-Jährige. Er ist der letzte seiner Art.

Ich bin Schiffszeichner, ich fertige maßstabsgetreue Zeichnungen von Schiffen an. Meistens arbeite ich projektbezogen, dann zeichne ich zum Beispiel alle Schiffe einer Reederei oder die gesamte deutsche Handelsflotte. Es ist ein Handwerk, keine Kunst.
Es ist auch nicht kompliziert. Aber in den Zeichnungen kann man genau erkennen, was ein Schiff ausmacht und es mit anderen vergleichen. Wie groß ist es, wo ist die Brücke, wie viele Kräne hat es? Sie sind einheitlich, was Fotos meistens nicht sind.

Die Schiffszeichnungen in seinem Stil haben einen militärischen Ursprung: „Es ging darum, zu erkennen, was für ein Schiff einem entgegenkommt: Freund oder Feind?“, sagt er. Auch nach Kriegsende, in den 1960ern gab es noch einige Schiffszeichner. In den 90ern fing K4 mit seinen Zeichnungen an, zumindest mit den richtigen, professionellen. „Schiffe gemalt hab ich schon als Kind. Halt mit Buntstiften und nicht so detailliert“, erzählt er.

Schifffahrt als Leidenschaft

Die Liebe zur Schifffahrt kommt aus seiner Kindheit. Der Vater des gebürtigen Bremers war Kapitän und fuhr auf Stückgutfrachtern zur See. „Auf den Schiffen hab ich viel Zeit in meiner Jugend verbracht. Damals war Urlaub noch nicht so ausgeprägt und ich konnte so viel von der Welt sehen, war in Finnland, Großbritannien, im Mittelmeer…“, sagt K4.

Schiffszeichner K4 bei seiner Buchvorstellung
K4 signierte bei seiner Buchvorstellung in Rostock eine Schiffszeichnung der „Dresden“ // Foto: Sven Jeppsson

Die Leidenschaft zieht sich durch sein ganzes Leben und lässt sich schon beim ersten Schritt ins Haus nicht verleugnen. Zahlreiche Schiffsmodelle stehen in Vitrinen. Und auch hauptberuflich war und ist der studierte VWLer in der Schifffahrt tätig. Mal im Management, mal im Einkauf, aktuell bei der Peter Döhle Schiffahrts KG als Business Analyst. „Schiffe sind mein Leben, das bewegt mich“, sagt er.

Er kennt sich bestens aus, kann jede Frage zur Schifffahrt beantworten. Und richtig, Schiffszeichner ist er nur nebenbei, es ist quasi ein Hobby. Bei 14 eigenen Büchern und der Beteiligung an knapp 100 weiteren klingt das etwas ironisch, aber „von dem Geld kann man nicht leben. Ich mache das aus Spaß, um die Tradition zu erhalten und die Gegenwart zu dokumentieren“, sagt er. „Vielleicht stehen die Bücher in 200 Jahren noch in einer verstaubten Bücherei. Und vielleicht guckt ab und zu noch jemand rein.“

Was braucht ein Schiffszeichner?

Zum Zeichnen braucht er nicht viel: gutes Papier in DIN A4 oder A3, ein durchsichtiges Lineal von 30 Zentimetern, Bleistift, Radiergummi und Tintenstifte. Bei letzteren gibt es ein Problem: Die früheren ganz feinen Architektenstifte werden nicht mehr produziert. „Die letzten hab ich aufgekauft, neun habe ich noch“, erzählt K4. Dann geht es los: Er schaut sich Fotos und Generalpläne des Schiffs an und beginnt mit Vorzeichnungen. Ist er mit den Außenmaßen zufrieden, fixiert er sie mit Tinte und füllt sie aus – mit Schraffuren, um Rundungen und Dreidimensionalität anzudeuten.

Sein neuestes Buch zeigt die Flotte der Seereederei Rostock. Er zeichnet alles, von Containerschiff über Öltanker bis zum Passagierschiff. Letztere ungern, denn die dauern wegen der zahlreichen Balkone erheblich länger. Sein Lieblingsschiff – nicht nur wegen des Namens – ist die „Karl Marx“, einer der letzten Stückgutfrachter.

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