10. Januar 2025
Magazin-Tipp

Tims Thesen: Der bessere Konzernvorstand

An dieser Stelle erscheint jeden Monat Tim Holzhäusers Glosse mit einer gewagten These. Diesen Monat geht es um die Frage, warum KI vielleicht die Konzernvorstände ersetzen sollte.

Autor Tims Thesen

Redaktionsleiter Tim Holzhäuser

Tims Thesen im Januar 2025: Könnte es sein, dass wir einen Denkfehler machen, wenn es um die KI geht und um die Frage, wen sie ersetzt? Die gängige These lautet bisher, dass gering qualifizierte Berufe und solche mit repetetiver Ausprägung gefährdet seien. Hauptargumente sind die Steigerung der Effizienz, die Senkung der Kosten, die Abnahme arbeitsrechtlicher Regularien.

Ich halte das für plausibel, möchte aber noch eine Kategorie von Jobs hinzufügen: Die höchste. Ich meine nicht die Jobs der Höchstqualifizierten, sondern einfach all diejenigen Damen und Herren, die auf der höchsten Position sitzen, am meisten zu sagen haben, am besten verdienen.

„Sie können agieren wie ein Kartell …“

Nehmen wir zum Beispiel Vorstände multinationaler Konzerne. Ich habe an dieser Stelle schon einmal geschrieben, dass ich die Aussage, der Markt steuere den Stellenmarkt für Vorstände, keine Sekunde lang glaube. Es spricht viel dagegen und wenig dafür. Wahrscheinlicher ist, dass es sich vielerorts um eine Art Nepotismus („Vetternwirtschaft“) einiger weniger Familien handelt. Diese besetzen Vorstände und Aufsichtsräte und können dann agieren wie ein Kartell. Der eine genehmigt das Gehalt des anderen und dann wird getauscht. Das Ergebnis sieht folgerichtig so aus: Effizienz im Vorstand wird ebensowenig belohnt wie Unternehmensgewinne. Immer wieder lesen wir von Bezügen in Millionenhöhe, die auch nach haarsträubenden Fehlentscheidungen und spektakulären Pleiten eben nicht gekürzt, sondern vollständig ausgezahlt werden.

„Vorstände haben mitunter Bezüge, die eine Kleinstadt ernähren könnten.“

Vorstand ist demnach häufig ein ebenso leistungsunabhängiger Job wie Beamter in der mittleren Verwaltung. Die Empirie unterstützt das. Laut einer aktuellen Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY hat sich die Vergütung der Vorstände im DAX, MDAX und SDAX von den wirtschaftlichen Daten weiter entkoppelt. Während die deutsche Wirtschaft bestenfalls stagniert und Konzernerlöse unter Druck sind, haben Vorstandsmitglieder im vergangenen Jahr eine Wachstumsrate von elf Prozent erzielt: Richtig, beim eigenen Gehalt. Die Bezüge von Vorstandsvorsitzenden nahmen um 16 Prozent zu. Nächster Punkt, Kostensenkung: Vorstände haben mitunter Bezüge, die eine Kleinstadt ernähren könnten. Würde man sie durch eine KI ersetzen, entstünden Spareffekte, die sonst nur auf Massenentlassungen folgen. Es wäre also eine äußerst rationale Maßnahme, den Job eines jeden Vorstands draufhin zu überprüfen.

Das Gegenargument müsste nun so lauten: Eine Maschine würde niemals die strategische Weitsicht eines lang gedienten Topmanagers erreichen. Es braucht den Menschen. Wirklich? Schauen Sie sich mal das wuchernde Organigramm eines Finanzkonzerns an und überlegen Sie dann scharf, ob sie wirklich ein Plädoyer auf die menschliche Ratio halten wollen …

Auch interessant