Ein Glas Sekt auf’s neue Jahr, ein Glühwein auf der Weihnachtsfeier, ein Glas Wein zum Weihnachtsessen – im Dezember trinken viele Leute mehr alkoholische Getränke als im Rest des Jahres. Fast ein Drittel der 18- bis 29-Jährigen gab bei einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa sogar an, zu viel Alkohol zu konsumieren. Über alle Altersklassen stimmten immer noch fast 20 Prozent der Aussage zu. Als Gegensatz folgt bei immer mehr Menschen auf den Dezember der Dry January: ein Monat ohne Alkohol.
Der Trend kommt aus Großbritannien. Seit zehn Jahren rufen Gesundheitsorganisationen dort zum Januar ohne Alkohol auf. Denn im Inselstaat gehört Alkohol zur häufigsten Todesursache bei den 14- bis 49-Jährigen. Durch Social Media ist die Challenge zum Selbstläufer geworden, in Großbritannien nahmen im vergangenen Jahr rund 130.000 Menschen offiziell teil – dort kann man sich anmelden, es gibt eine App und einen Ratgeber zum Durchhalten.
Bringt ein Monat Enthaltsamkeit was?
So groß und offiziell ist das Thema in Deutschland nicht, aber schaut man hier auf Plattformen wie Twitter, Instagram oder Tiktok, ist es definitiv kein Randthema mehr. Aber was bringt ein Monat ohne Alkohol?
Schaden tut es auf jeden Fall nicht – immerhin sterben bei jedem Vollrausch ein paar graue Zellen. Der Verzicht auf Alkohol kann viele positive Wirkungen auf den Körper haben. Dazu zählen die Stärkung des Immunsystems ebenso wie die Entgiftung der Leber und der Regeneration von Magen und Darm. Häufig verbessert sich der Schlaf und auch das Hautbild. Gewichtsverlust und mehr Energie kommen hinzu. Zwar ist laut Studien unklar, ob diese Effekte schon nach einem Monat spürbar sind, aber im Zweifel hilft der Selbsttest.
Eine Untersuchung der University of Sussex zum Dry January konzentrierte sich weniger auf die körperlichen Veränderungen als auf die Psyche und den Umgang mit Alkohol. Zwei Drittel der Teilnehmenden schafften die Herausforderung und tranken gar keinen Alkohol im Januar. Ein Drittel trank zumindest weniger als sonst. Frauen waren hier erfolgreicher als Männer. Die Motivationen hinter dem Verzicht waren verschieden: eine Pause vom Trinken, sich selbst etwas beweisen, etwas für die Gesundheit und den Körper tun. Die Studie endete nicht mit dem Monat. Auch sechs Monate später gaben noch gut die Hälfte der Teilnehmenden an, weniger zu trinken, bewusster zu trinken, sich physisch und psychisch besser zu fühlen.
Es geht auch ohne Alkohol
Aber im Dezember wird nicht nur mehr Alkohol konsumiert, sondern auch mehr gegessen. Im Durchschnitt sorgt das für 0,6 Kilo mehr auf der Waage. Auch hier sind Weihnachtsmärkte, Adventskalender und die Feiertage der Grund. Wem der Verzicht auf Alkohol nicht reicht oder wer eh nur wenig trinkt, startet immer öfter mit einer Zucker-Challenge ins neue Jahr. Die kann unterschiedlich aussehen: Entweder wird nur verarbeiteter Zucker aus dem Speiseplan gestrichen oder direkt radikal alles, also auch Fruktose. Die Wirkung? Abgesehen von dem Einfluss auf die Leber, ziemlich dieselbe wie beim Alkohol. Ebenfalls im Trend liegt ein veganer Monat oder 30-tägige Entspannungschallenges. Warum 30 Tage? Einerseits ist der begrenzte Zeitraum leicht einzuhalten. Andererseits braucht es Studien zufolge ungefähr 30 Tage, um Veränderungen zu automatisieren.
Woher kommt der Dry January?
Ausnahmsweise nicht aus Amerika, sondern aus Großbritannien. Der Anstoß für die Idee kam durch Emily Robinson: Um mit möglichst wenig Aufwand fit für einen Halbmarathon zu werden, verzichtete sie den Monat vorher auf Alkohol – und wurde ständig gefragt, wie so ein Monat ohne Alkohol denn ist. Ein Jahr später trat sie der Gesundheitsstiftung „Alcohol Change UK“ bei.
Der Gedanke, mehr Leute von einem alkoholfreien Monat zu überzeugen lag nahe. Und 2013 ging die Kampagne „Dry January“ offiziell an den Start. Über die Jahre hinweg verbreitete sich die Challenge, besonders über Social Media, in Europa und feiert dieses Jahr offiziell ihr zehnjähriges Jubiläum.