20. Oktober 2023
Panorama

Tims Thesen: Lieferverkehr – Wo soll er enden?

An dieser Stelle erscheint jeden Monat Tim Holzhäusers Glosse mit einer gewagten These. Diesen Monat geht es um Hamburgs ersten Online-Supermarkt und den anfallenden Lieferverkehr.

Autor Tims Thesen

Redaktionsleiter Tim Holzhäuser

Tims Thesen im Oktober 2023: Picnic macht das Leben leichter. Damit meine ich nicht das Essen auf dem Rasen mit kaltem Huhn und Rosé, sondern den Online-Supermarkt, der nun auch in Hamburg liefert. Ich will hier keine Werbung machen, daher nur so viel: Funktioniert. Es gibt keine Ladenflächen, sondern nur ein Lager und eine Fahrzeugflotte. Preise irgendwo zwischen Rewe und Edeka, regionale Produkte, auch in Bio- und Demeterqualität. Lieferung ist umsonst, wird also wachsen.

Neulich habe ich dann vom Balkon folgende Fahrzeuge in der kleinen Wohnstraße gezählt: DHL, DPD, UPS, ein Getränkelieferant und eben mein Picnic-Wagen. Für ein paar Minuten ging nichts mehr. Ähnliches hatte Chefredakteur Klaus auch schon in seinem Vorwort beklagt, da noch ohne Online-Supermärkte.

Wenn nun aber Dienste wie Picnic die Branche aufmischen, müssen die anderen Supermärkte nachziehen. Wir könnten in Zukunft also keine lineare Steigerung des Lieferverkehrs sehen, sondern eine exponentielle Kurve. Aber wo sollen all die Lieferanten fahren, wo parken?

Abholstation, Rohrpost? Wie verändert sich der Lieferverkehrs?

Hierzu zwei Thesen: Produkte ohne Kühlung mit leichtem Gewicht verlieren die sogenannte letzte Meile. Die Frischmilch und der Satz Hanteln werden also noch bis vor die Tür gekarrt, nicht aber die DHL-Warensendung mit zehn Paar Socken. Die landet in einer Packstation, die bald alle paar hundert Meter in jedem Viertel steht. Deutschlandweit gibt es schon jetzt über 8.000 dieser Stationen. Wenn sie zum Standard werden, dann fällt ein Großteil des Lieferverkehrs in den Wohnstraßen weg. Die These gewinnt an Plausibilität, bedenkt man den Personalmangel, der schon jetzt vielerorts eine Begrenzung des Lieferverkehrs darstellt.

These zwei: Wenn die Straßen voll sind, muss zusätzlicher Verkehr entweder nach oben oder unten ausweichen. Unten gab‘s schon in Form der Rohrpost. In Hamburg war sie von 1962 bis 1976 in Betrieb und zwar mit ordentlichen Dimensionen: Die Strecke führte zwar nur vom Hühnerposten zum Alten Wall, das aber im Kaliber 45 Zentimeter. Ein Behälter konnte bis zu 2.000 Briefe fassen und ergo auch für Waren genutzt werden. Der Hamburger Untergrund ist aber mittlerweile derart vollgebaut, dass ich diese Lösung für nicht allzu wahrscheinlich halte.
Drohnen? Schon möglich. Nicht zuletzt durch den Krieg in der Ukraine werden die Dinger rasant weiter entwickelt.

Es mag noch etwas nach Science-Fiction klingen, aber mich würde es nicht wundern, wenn Drohnen in ein paar Jahren keine Bomben befördern, sondern Socken, Bücher und im absoluten Glücksfall auch unser geliebtes Klopapier.
Bleibt die Frage nach dem Landeplatz. Ruft die Drohne einfach „Wahrschau!“ und klinkt aus, oder brauchen wir alle unseren kleinen Heliport auf dem Dach?

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