Die Maßnahmen betreffen unter anderem höhere Aufmerksamkeit bei Untersuchungshäftlingen und eine bessere Kommunikation zwischen den Behörden. Außerdem fordert das Maßnahmenpaket ein stärkeres, länderübergreifendes „Rückführungsmanagement“. Gemeint ist die Zusammenarbeit bei Abschiebungen, für die Hamburg nicht behördlich zuständig ist. Zudem will der Senat die Sicherheit im Zugverkehr und an Bahnhöfen insgesamt erhöhen – auch unter Einsatz von Videoüberwachung.
Justizsenatorin Anna Gallina sagt zum aktuellen Geschehen: „Wir haben in den vergangenen Tagen die Aufklärung, die wir aus Hamburg beitragen können, ins Zentrum unseres Handelns gestellt.“ Auch wenn die Aufarbeitung noch nicht vollständig abgeschlossen sei, habe man wichtige Maßnahmen bereits identifiziert, so die Senatorin. Anna Gallina betont den Nachholbedarf bei der Behörden-Kommunikation: „Wir brauchen bundesweit Klarstellungen und Vereinheitlichungen bei den Mitteilungspflichten und den Mitteilungswegen. Dafür werden wir konkrete Vorschläge erarbeiten und die nötigen Änderungen vorantreiben.“
Kommt die Überwachung im Nah- und Fernverkehr?
Innensenator Andy Grote plädiert für mehr „Videoüberwachung in Zügen des Regional- und Fernverkehrs.“ Die Stadt prüft hier in Abstimmung mit der Bundespolizei die Möglichkeiten. Die Überwachung soll eine IT-gestützte Warnfunktion ermöglichen. Auch der ÖPNV wäre von der Überwachung eingeschlossen.
Im Zusammenhang mit dem Angriff am 25. Januar rückt auch das Thema Abschiebung wieder in den Fokus. Innensenator Grote sagte hierzu, dass die „Rückführungen aus Haft“ konsequent vorbereitet und umgesetzt werden müssten. Das gelte auch bei „ausländerbehördlicher Zuständigkeit anderer Bundesländer“. Mit der Gemeinsamen Ermittlungs- und Rückführungsgruppe ausländischer Straftäter (GERAS) verfüge Hamburg hier über eine integrierte Dienststelle, die bundesweiter Standard werden sollte, so Grote weiter.
Das Maßnahmenpaket fordert mehr Kommunikation auf allen Seiten
Das Maßnahmenpaket umfasst derzeit gut vier Seiten. Es ist aufgeteilt in Sofortmaßnahmen sowie fünf weitere Punkte, die zum Teil die Zustimmung des Bundes voraussetzen. Neben verbesserter Kommunikation zwischen den Behörden geht das Paket auch auf die Kommunikation mit Häftlingen ein. Untersuchungshäftlingen soll, wie es bei Strafgefangenen bereits der Fall ist, ein Übergangsgespräch schon während der Haft angeboten werden. Es würde „weitere Hilfen nach der Entlassung“ vermitteln. Der Ausbau von Beratungsstellen und der Ausbau mehrsprachigen Informationsmaterials wird auch angeregt. Ein Grund für gewalttätige Rückfälle kann fehlerhafte oder mangelnde Resozialisierung sein. Eine gewisse Perspektiv- oder Orientierungslosigkeit steigert den Frust der ehemaligen Häftlinge. Hier fordert das Paket die Einführung von Übergangscoaches. Diese würden bereits während der Haft begleiten und könnten Bewertungen und Hilfestellungen frühzeitig auf den Weg bringen.
Neben der Überwachung, Abschiebung und Behördenzusammenarbeit erhält damit auch die Präventionsarbeit mehr Aufmerksamkeit. „Wir werden das Risikomanagement bei Gefangenen verbessern und Untersuchungsgefangene besser unterstützen“, fügt Senatorin Gallina hinzu.
Mehr Zusammenarbeit mit Verfassungs- und Staatsschutz
Eine falsche Fallbewertung könnte die Tat vom 25. Januar mitverschuldet haben, heißt es in der öffentlichen Debatte. Demnach wäre die Gefahr, die von Ibrahim A. ausging, falsch eingeschätzt worden oder falsch kommuniziert worden. Das Maßnahmenpaket schlägt hier vor, alle zuständigen Stellen besser einzubeziehen. Das heißt, Justizvollzug, Sicherheitsbehörden, Staatsanwaltschaft, Ausländerbehörde und die für soziale Fragen zuständigen Behörden solle zukünftig eine gemeinsame Fallbewertung erarbeiten.
Hinweise auf extremistische Haltungen oder Gefährdungspotenziale sollen an die zuständigen Stellen des Verfassungs- und des Staatsschutzes weitergeleitet werden. Dies scheint nach aktuellen Erkenntnissen nicht immer konsequent und umfassend zu geschehen.
Hintergrund
Am 25. Januar soll der Verdächtige Ibrahim A. in einer Regionalbahn von Kiel nach Hamburg mit einem Messer auf andere Fahrgäste eingestochen haben. Zwei junge Menschen erlagen ihren Verletzungen. Fünf weitere Personen wurden schwer verletzt. Der mutmaßliche Täter war kurz vor dem Angriff in Hamburg aus der Untersuchungshaft entlassen worden.