1. Juni 2022
Verkehr

Ab heute gilt das 9-Euro-Ticket

Das 9-Euro-Ticket kann ab heute bundesweit im Nahverkehr genutzt werden. Hamburg war bei der Umsetzung des Günstigtickets besonders schnell. Wie kommt es an? Was sind die Knackpunkte?

Ein 9-Euro-Ticket

So unscheinbar sieht das berühmte Ticket aus. Bringt es die Verkehrswende oder ist es ein Flop?

Eigentlich sieht es ja recht unscheinbar aus, das 9-Euro-Ticket. Dabei halten es manche für eine Revolution. Andere sagen, es sei das größte Verkehrsexperiment seit Jahrzehnten und wieder andere sagen, es sei eine Schnapsidee. Wie auch immer, ab heute gilt das Ticket. Für 9 Euro kann man damit einen Monat lang im Nahverkehr fahren, bundesweit. Theoretisch ist es also möglich, sich mit Nahverkehrszügen- und Bussen von Flensburg bis Passau zu bewegen. In Hamburg zählen ebenso die Fähren zum Geltungsbereich. Die günstigen Monatstickets können auch für den Juli und August erworben werden. Bis zu 250 Euro können über den gesamten Aktionszeitraum pro Person eingespart werden.

Die Einführung des 9-Euro-Tickets in den Buchungssystemen der Verkehrsbetriebe lief scheinbar reibungslos. An den Automaten war und ist das Ticket einfach zu bekommen. Nach kurzer Suche findet sich auf dem Startbildschirm ein Kästchen für die günstige Monatskarte – auch unscheinbar, wie das Ticket selbst.

Grüne Welle?

Vielerorts war der Ansturm auf die Tickets groß. In Hamburg verkauft sich das Ticket auch gut. Gedränge scheint es jedoch nicht zu geben. In der Freien und Hansestadt Hamburg ging der Vorverkauf bereits am 20. Mai los. Das Ticket konnte online, per App und an Automaten gekauft werden. Überhaupt war Hamburg ein Bundesland, dass schnell auf den Zug mit dem Billigticket aufsprang, während andere sich noch sträubten. Vielleicht hat das auch mit dem grünen Verkehrssenator Dr. Anjes Tjarks zu tun. Er erhofft sich, dass viele Menschen ihr Auto stehen lassen und den Nahverkehr nutzen.

Auch der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) verspricht sich vom neuen Monatsticket einen Impuls für notwendige Veränderungen im Öffentlichen Personen Nachverkehr (ÖPNV). Es geht schlicht darum, ob die Verkehrswende gelingen kann, meint auch das Hamburger Abendblatt in seiner heutigen Ausgabe. Dort heißt es, wer jetzt nicht umsteige, tue es wohl gar nicht. Wenn das Ticket gut angenommen werde, sei klar, dass der Preis der entscheidende Faktor sei, um die Verkehrswende, hin zum ÖPNV, zu bringen. Wer jedoch keine Bahnen und Busse findet, dem nützt auch kein günstiges Ticket. Dem könnte tatsächlich ein Tankrabatt bei der Entlastung helfen. Trotzdem kann das 9-Euro-Ticket eine Art Test sein, ob die Verkehrswende gelingt. Nur ist das am Beispiel Hamburg irreführend, wenn man es auf Flächenstaaten übertragen will, zumindest ist Teilen.

Es fährt ein Zug nach irgendwo

Hier kommen die kritische Stimmen. Zum einen ist Hamburg als Stadtstaat privilegiert, denn die Wege sind relativ kurz und es gibt einen soliden ÖPNV. Ländliche Räume sind verkehrstechnisch meist unterversorgt. Zwar gibt es im Hamburger Umland ländliche Räume, sie machen aber nicht den größten Teil des Verkehrsnetzes aus. In Flächenstaaten und damit fast überall in Deutschland, ist es genau anders herum. Die ländlichen Gebiete sind eben jene, die einen guten ÖPNV bräuchten. Das 9-Euro-Ticket wird hier nicht für mehr Busse und Bahnen sorgen. Zum anderen ist fraglich, ob bundesweit genügend Busse und Bahnen zur Verfügung stehen, um höhere Fahrgastaufkommen zu bedienen. In Hamburg sah es da heute noch ganz entspannt aus.

Bereits jetzt herrscht in der Hansestadt eine hohe Taktung – die mit dem Hamburgtakt flächendeckend noch höher werden soll. Kritik kommt auch am Gießkannenmodus auf, mit dem die Entlastung stattfinden. Heißt: Alle können unabhängig vom Einkommen profitieren, ob beim ÖPNV oder beim Tanken. Das heißt auch, es gehen Einnahmen von denen flöten, die es sich leisten können, mehr zu zahlen. Aber ist diese Ansicht gerecht? Sollte man gleich nach Einkommen bezahlen oder gleich nach dem was man erhält? Schwierig. Einfach ist hingegen folgendes: Zwar ist es in Hamburg vergleichsweise einfach, Busse und Bahnen zu nutzen. Dennoch fahren (zu) viele Menschen mit dem Auto. Die Straßen sind überlastet. Andere können sich das bestehende ÖPNV-Angebot nicht leisten. Das 9-Euro-Ticket kann hier tatsächlich etwas bewegen.

Beliebt und gut aufgestellt

Der ÖPNV ist trotzdem bereits jetzt ein beliebtes Angebot bei den Hamburgerinnen und Hamburgern. Ändern wird sich daher vielleicht erstmal nur die Wahl des Tickets. Viele Kunden werden eine Rückerstattung für ihre Abos erhalten. Menschen in Grundsicherung können sogar kostenlos fahren. Günstiger kann man momentan wohl nicht fahren. Der Vorverkauf des Tickets lief gut. Auch die aktuellen Verkäufe waren gut. Wie stark die Tickets am ersten Tag genutzt wurden, ist jedoch noch nicht klar. Jedenfalls blieben überfüllte Busse und Bahnen aus. Auch die personell aufgestockten Bahnhöfe in Hamburg konnten keinen größeren Ansturm verzeichnen, wie die Morgenpost berichtete. Sollte sich das Wetter zum Wochenende bessern, ist mit einem Anstieg durch Ausflügler zu rechnen.

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