Schleswig -Holstein Wirtschaftsminister Madsen folgte am Freitag der Einladung des Konzerns Vincorion in Wedel. Der ehemals zu Jenoptik gehörende Betrieb bestreitet gut 70 Prozent seiner Arbeiten im Rüstungsbereich. Hier werden unter anderem Teile für die Panzertypen Puma und Leopard II gebaut. Dazu gehören Motoren für die Geschütztürme und Stabilisierungssysteme für die Primärwaffe. Hintergrund der Einladung an Madsen sind zwei Anliegen des Betriebes: Aus dem Sondervermögen der Bundesregierung für Rüstungszwecke sollen unter anderem 229 Puma-Panzer angeschafft werden. Bestellt wurde bislang kein einziger, teilte Vincorions Geschäftsführer Stefan Stenzel am Freitag mit. Dies soll sich zeitnah ändern, aber mit einer Einschränkung: Etwa eineinhalb Jahre nach Beginn des Ukrainekrieges, werde zunächst ein Viertel Pumapanzer bestellt. Stenzel sprach sich beim Minister dafür aus, Probleme der Branche, wie die Auftragslage, zu beachten.
Ein Problem der Nachhaltigkeit
Ein weiteres Problem bestehe weiter und dies sei der zweite Grund der Einladung an den Minister, so Stenzel: Die EU stufe Waffenproduktion nicht als nachhaltig ein. Zunächst klinge das auch plausibel, doch wenn man von der Zerstörung in der Ukraine ausginge, so sei klar, dass Umweltschutz dort lange Zeit nicht möglich sei. Er votiert daher für Waffen zur Stabilisierung und Vermeidung von Konflikten. In der Branche sage man hierzu: „Sicherheit ist die Mutter der Nachhaltigkeit“, ergänzt Stefan Stenzel. Die Entscheidung der EU führe dazu, dass viele Banken sich aus der Finanzierung von Rüstungsgütern zurückziehe. Dies müsse sich ändern, so der Geschäftsführer.
Gemessen an den lange Bestellwegen der Bundesregierung und den Lieferzeiten der Zulieferer, rechnet man in Wedel damit, dass man Ende nächsten Jahres von den neuen Bestellungen aus Deutschland profitiere. Trotz der Querelen auf Bundes- und EU-Eben geht der Betrieb in Wedel von 160 Millionen Euro Gewinn in 2023 aus. Das liege deutlich über den Ergebnissen der Vorjahres. Vincorion liefert Bauteile im Wert von jeweils 500.000 Euro für die Panzertypen Puma und Leopard II. Der nächste große Auftrag ist Teil einer Bestellung aus Groß Britannien.
Madsen: „Die Branche verdient mehr Anerkennung“
Madsen ergänzte, dass seine Wahlheimat Kiel zu einem Großteil Menschen in der Rüstungsbranche beschäftige. Bislang habe es aber an der Wertschätzung dieser Arbeit gefehlt. Nun werde sich das Blatt womöglich wenden, sagte er. Seinen Besuch in Wedel nutze er, um die Beschäftigten kennenzulernen. Zu hören bekam er unter anderem, dass es an Nachwuchs fehle. Rund 70 Fachkräfte sucht der Betrieb zeitnah. Aktuell arbeiten über 400 Beschäftigte im Wedeler Betrieb. Davon sind über 100 mit der Instandsetzung beschäftigt. Ein großes Problem sind hier auch die Lieferketten. Bestellungen im Rüstungsbereich, so bestätigte auch Madsen, sind nicht zeitnah umzusetzen. Vom Bestellweg der Regierung gehe dies bis zur Beschaffung der Einzelteile, erläuterte Stenzel. Hier müsse man teils Monate warten. Bei geringen Stückmengen rangiere man zudem öfter am Mindestbestellwert, so Stenzel. Daher sprach er sich dafür aus, dass Bestellungen nicht in kleine Partien aufgeteilt werden. Dies entlaste auch die Steuerzahler, da es Einfluss auf die Preise habe. Madsen erklärte weiter, dass er sich mehr Anerkennung für Angehörige der Bundeswehr und Angestellte in Rüstungsbetrieben erhoffe. Zudem sei er für schnellere Bestellwege und weniger Zurückhaltung bei den Banken.
Auf die Frage, ob das Land Schleswig-Holstein Rüstungsstandorte wie Wedel auch finanziell unterstützen wolle, verneinte Wirtschaftsminister Madsen. Er sehe hier keinen Handlungsbedarf des Landes für finanzielle Hilfe. Er wolle seine Wertschätzung zeigen und für die Bedeutung der Branche werben, die letztlich auch zivile Anwendungen unterstütze.
Wedel ist einer der größten Rüstungsstandorte Norddeutschlands
Neben Vincorion sind in Wedel auch die Rüstungskonzerne Atlas Elektronik, Rheinmetall und Ruag ansässig. Einige der Betriebe wurden bei Aufgabe des AEG-Standortes von dort ausgegründet. Wedel profitiert zum einen von der Geschichte des Standortes, an dem sich früh Betriebe wie Telefunken ansiedelten und der Nähe zu Hamburg mit seinem Hafen, Fachkräften und Zulieferern.