28. August 2024
Allgemein

Tims Thesen: Renaissance der Fremdsprachen?

An dieser Stelle erscheint jeden Monat Tim Holzhäusers Glosse mit einer gewagten These. Diesen Monat geht es um das Erlernen von Fremdsprachen auf ganz neue Weise.

Autor Tims Thesen

Redaktionsleiter Tim Holzhäuser

Neulich mit Mama im Auto, vier Stunden Fahrt und das Thema waren unter anderem Fremdsprachen, wie man sie lernt und – wichtiger – trainiert. Da waren wir uns schnell einig: Jeder, der sich schon mal in einem VHS-Kurs oder im einsamen Selbststudium mit, sagen wir, Französisch herumgeschlagen hat, kennt das Problem: Zwei Stunden pro Woche sind nichts.

Auch das Lernen zu Hause führt zwar zum Verständnis der Sprache, aber nicht zur Konversationsfähigkeit. Die Beispielsätze in einem durchschnittlichen Lehrbuch kommen in der Realität selten vor. Ich spreche aus familiären Gründen leidlich Portugiesisch. In Lehrbüchern steht im Kapitel „Reisen – Mietwagen zurückgeben“ etwas in der Art: „Tudo bem com o seu carro.“ Alles okay mit Ihrem Auto. Der brasilianische Angestellte, der die Kratzer zählt, könnte tatsächlich so etwas ähnliches sagen. Der Portugiese aber sagt: „Tud.“ Brasilianer: „Voce esta com calor?“ Ist dir heiß? Portugiese: „Taschkent?“

Ein Sparringspartner muss her

So etwas lernt man nicht in Kursen, sondern nur mit einem echten Sparringspartner. Aber wo soll der herkommen? Sie müssen beruflich vielleicht Chinesisch lernen, aber wo finden Sie in Hamburg einen Chinesen, der bereit ist, sich jeden Tag mit Ihnen für eine halbe Stunde zu unterhalten (bei weniger kann man es meiner Erfahrung nach komplett vergessen)?

Dann auf der Autofahrt die Idee: Man bräuchte eine KI, die unbegrenzt für Konversationen zur Verfügung steht. Denkbar wäre eine App für das Smartphone in Verbindung mit Kopfhörern. Dann könnten wir beim Sport, bei Spaziergängen, beim Pendeln im Auto, beim Aufräumen etc. fröhlich quasselnd eine Sprache lernen.

„Aber macht es auch Spaß?“

Am nächsten Morgen informierte mich mein iPhone (das die Konversation mitbekommen hatte) über Apps, die exakt das bieten: Eine KI, mit der man in der Sprache seiner Wahl über ein beliebiges Thema beliebig lange reden kann. Das Niveau lässt sich ebenso einstellen wie der Schwerpunkt – zum Beispiel Dialekte verstehen.

Nun aber muss der Einwand kommen: Die gleiche KI wird in Zukunft das Lernen von Sprachen überflüssig machen. Schon heute können Sie Ihr Smartphone quasi als Simultandolmetscher benutzen. Technisch noch nicht ausgereift, aber machen wir uns nichts vor, das wird kommen. Aber macht es auch Spaß? Ist es souverän, lässig, cool?

Geht so. Irgendwo zwischen Tennissocke und Segway auf dem Markusplatz. Die Telefonnummer der schnuckeligen Bedienung bekommen Sie so nicht. Daher These für diesen Monat: Das Lernen von Fremdsprachen wird in Zukunft einfacher werden, mehr Spaß machen und daher eine kleine Renaissance erleben. Die Konversationsfähigkeit wird allgemein zunehmen, was in meinen Augen keine schlechte Sache ist.

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