26. Juni 2024
Allgemein

Tims Thesen: Urlaub machen in der Ukraine?!

An dieser Stelle erscheint jeden Monat Tim Holzhäusers Glosse mit einer gewagten These. Diesen Monat geht es um einen ungewöhnlichen Reise-Wunsch.

Autor Tims Thesen

Redaktionsleiter Tim Holzhäuser

Sonnige Gemüter haben es in diesen Tagen nicht leicht. Wer sein Lebensglück über den DAX-Stand definiert, der trippelt mit einem Liedchen auf den Lippen den Strand entlang, aber alle anderen dürfte die Nachrichtenlage deprimieren. Da sitzt man im Bombenhagel von „Spiegel“ und ntv und fragt sich, ob dieser Tag den Sonnenaufgang überhaupt verdient hat …

„Da müsste man mal im Urlaub hin, wenn der Krieg vorbei ist.“

Dumpf brütend sah ich also zu, wie wieder ein ukrainisches Dorf zusammengeschossen wurde – aber dann dachte der Simpel in mir: Eigentlich ein sehr schönes Land. Müsste man mal im Urlaub hin, wenn der Krieg vorbei ist.

Der Intellekt übernahm sofort: Schwach-sinn! Wenn der Krieg endet, dann ist das gesamte Areal eine von Altmunition gesprenkelte Brache mit Sowjetstern an der Fahnenstange.
Simpel: Könnte sein. Vielleicht aber auch nicht. Deutschland ist ja auch keine von Altmunition gesprenkelte Brache mit Sowjetstern an der Fahnenstange.

Tatsächlich gibt es keine seriöse Langzeitprognose zu diesem Krieg und daher bleibe ich bei der so entstehenden These: Die Ukraine könnte zu einer beliebten Destination im globalen Tourismus werden. Nicht sechs Wochen nach Ende der Kampfhandlungen natürlich, wohl aber in den frühen 2030er-Jahren.

Ein Land, das alles Wünschensweret bietet

Es ist alles da: Sanfte Wiesen, tiefe Wälder, Seen und natürlich der Zugang zum Schwarzen Meer. Das Land ist nicht zu groß und nicht zu klein. Es gibt jede Menge Kultur und Menschen, die nicht gerade als Heulsusen bekannt sind. Die Lage ist zentral, gut zu erreichen. Eigentlich ein Wunder, dass diese Qualitäten in Westeuropa vor dem Krieg nicht erkannt wurden! Vielleicht war nicht genug Zeit. In den anderen ehemaligen Sowjetrepubliken war man da weiter. Eine Reinigungskraft aus Tschetschenien, mit der ich kurz nach Kriegsbeginn einen Plausch hatte, zählte mir äußerst aufgebracht auf, warum der Angriff so eine Tragödie war: „Schönes Land, nette Leute, leckeres Essen, gutes Wetter!“

Meine These stützt außerdem, dass die Ukraine jetzt eines der bekanntesten Länder der Erde ist. Zumindest dem Namen nach. Man hört ihn und hat auch sofort Bilder der Landschaft im Kopf – die, denkt man sich qualmende Panzer weg, wirklich ein Träumchen ist.
Man kann meine Ausführungen als pietätlos empfinden, denn schließlich könnte das Schlimmste in diesem Krieg noch kommen. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass ein Ukrainer des Jahres 2035 nicht sauer wäre, wenn er einen TUI-Katalog aufschlägt und dort sein Heimatland findet, zwischen Italien und Spanien, mit der Möglichkeit für Surfer im Sommer und für Langläufer im Winter, Kulturbustour nach Kiew, Genussflussfahrt auf dem Dnepr etc., alles bestens bezahlbar.
Gar nicht sauer wäre er.

Auch interessant