Othmarschen. Proteste blieben aus: Bei der gestrigen Infoveranstaltung zur geplanten Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Othmarschen nahe der A7 signalisierten die Anwohner ihre Zustimmung.
In der Elbschule in Othmarschen fand am 13. Juli 2015 eine Infoveranstaltung zu dem geplanten Bau einer Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung (ZEA) an der Paul-Ehrlich-Straße statt. Die erwarteten 400 Teilnehmer blieben aus, am Ende waren es circa 200 Interessierte, die andächtig der Worte von Referentin Johanna Westphalen von der Innenbehörde lauschten. Sachlich erläutert sie zu Beginn der Veranstaltung die Fakten. „Die Lage ist ernst, täglich erreichen bis zu 300 Flüchtlinge Hamburg. Die Hansestadt muss schnell handeln.“
Im ersten Halbjahr kamen schon so viele Flüchtlinge nach Hamburg wie im gesamten letzten Jahr. „Das stellt uns vor eine gewaltige Herausforderung.“ Schon jetzt leben 17.500 Flüchtlinge in der Hansestadt. Die Behörde für Inneres, die zuständig ist für die ankommenden Menschen, ist von der Situation ziemlich überrascht – es fehlt an Unterkünften. „Deshalb behelfen wir uns, hoffentlich kurzfristig, mit Zelten wie an der Schnackenburgsallee. Das sind absolute Notmaßnahmen.“ Hier schlafen 750 Flüchtlinge in Zelten.
Einleuchtend stellt Westphalen dar, welche Maßnahmen die Behörde ergreift, primär die Suche nach passenden Unterkünften. „An der Paul-Ehrlich-Straße ist keine Notmaßnahme geplant, sondern etwas dauerhaftes, denn es ist nicht abzusehen, dass in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren der Flüchtlingsstrom abreißen wird.“
Nahe der A-7-Abfahrt an der Paul-Ehrlich-Straße soll ein Gebäudekomplex entstehen, der mindestens für 600 Flüchtlinge Platz bietet. „Wir planen bei unseren Unterkünften alles mit ein – vom Catering bis zu den sanitären Anlagen – allerdings werden die Bewohner dort nur für einige Monate verweilen, bis über ihren Status entschieden ist.“ Der Status, beziffert den Gefahrengrad in ihrer Heimat. Westphalen sagt: „Syrer, Iraker und Afghanen haben gute Aussichten auf Bleiberecht, denn es sieht nicht so aus, als ob demnächst Frieden in ihren Ländern herrschen wird.“
Die geplante ZEA soll in zwei sechsgeschossigen Wohnriegeln errichtet werden. Das Ensemble soll sich dem gegenüberliegenden Othmarschen Park äußerlich anpassen. Ende 2017 soll der Neubau stehen. Allerdings ist bisher nur der ordentliche Bauantrag gestellt. „Wir wollen künftig mehr von solchen festen Häusern haben, damit wir keine Zelte mehr aufstellen müssen.“ Angst vor dem Haus müssen die Anwohner keine haben. „Unsere Erfahrungen mit den Erstaufnahmen in der Stadt sind gut, es gibt keine höhere Kriminalität.“
Die Besucher der Veranstaltung sind überraschend entspannt. Ein Nachbar schlägt direkt vor, in so einer Krisensituation gleich noch höher zu bauen, um mehr Notleidenden ein Dach über dem Kopf bieten zu können. „Man könne doch gleich für 800 Flüchtlinge planen“ und erntet begeisterten Beifall. Keine Spur von Angst um die schöne Aussicht zu spüren. Eine Dame sagt: „Menschen in einer so reichen Stadt in Zelten unterzubringen ist unwürdig“, und fragt, warum denn die Unterkunft nicht schon früher gebaut wurde. Kritisch wird sich auch über die zu befürchtende chaotische Verkehrssituation geäußert.
Den meisten Anwesenden aber geht es um die Flüchtlinge selbst. Ob es Angebote wie Traumatherapie oder Deutschkurse für Kinder und Erwachsene geben wird. Eine junge Frau fragt: „Was können WIR hier vor Ort konkret tun?“ und erhält große Zustimmung aus dem Publikum.
Von Sorgen ist bei den Teilnehmern der Infoveranstaltung nichts zu spüren. Westphalen sagt: „Wir erleben eine Welle der Hilfsbereitschaft.“ Weiter sagt die Beamtin: „Ich bin wirklich gerührt. Diesen Rückenwind brauchen wir, um diese gewaltige Aufgabe bewältigen zu können.“
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