Die coolen Kids jobben in Bars oder Szenelokalen. Seit der Corona-Pandemie ist das anders. Betreiber suchen vergeblich Personal, das spüren auch die Gäste deutlich. Wie geht es mit der Gastrobanche weiter? Wer heute ins Restaurant geht oder einen Drink in einer angesagten Bar nehmen möchte, braucht nicht nur einen prallen Geldbeutel, sondern oft auch starke Nerven. Der Service in vielen gastronomischen Betrieben hat seit der Corona-Pandemie stark nachgelassen.
Die Gründe dafür sind laut Promiköchin Cornelia Poletto vielfältig: „Viele haben keine Lust auf Schicht- und Wochenendarbeit und das für einen Mindestlohn von knapp 13 Euro. In der IT oder in Bürojobs verdienen sie deutlich besser und haben geregelte Arbeitszeiten.“ Carina M. ist Studentin und hat sich bewusst gegen die Gastrobranche entschieden. „Ich arbeite nebenbei als Assistentin, das ist besser bezahlt als mein alter Barjob und ich habe abends frei.“
Viele Gastronomen wissen, dass der Ton in der Branche oft rau ist, das schreckt manchen ab, aber die Arbeit am Gast macht so viel Freude, dass die Nachteile in den Hintergrund treten. Poletto berichtet: „Ich bin gern nah am Kunden. Wir sind keine Teller-Taxis, wir begleiten den Restaurantbesuch mit einem Lächeln und verleihen dem Abend unaufdringlichen Glanz. Leider erfahren Servicekräfte wenig Wertschätzung, das frustriert.“
Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen diesen Unmut. Hier heißt es: „Die Anzahl der Beschäftigten in der Gastro sank 2023 um ein Viertel im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019. Bars hat es noch stärker getroffen. Hier fehlt jeder zweite Mitarbeiter.“
Wo sind die Aushilfen hin?
Aber wohin sind die Aushilfen abgewandert? Laut Südwestrundfunk sind die Gewinner der Verkauf und die Logistik. Die meisten Jobwechsler haben im Verkauf angefangen, etwa als Kassiererin im Supermarkt: Hier wurden laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft rund 34.800 Wechsler aus der Gastronomie und Hotellerie registriert. Das spürt auch der Gast. Ungelernte Hilfskräfte können ausgebildetes Servicepersonal nicht so leicht ersetzen. Poletto weiß: „Bei dem Thema Personalmangel beißt sich die Katze in den Schwanz. Meine Mitarbeiter wünschen sich geregelte Arbeitszeiten, aber wenn ich nicht genug Personal bekomme, kann ich diesen Wunsch nicht erfüllen. So greifen viele Kollegen auf ungelernte Hilfskräfte zurück. Was zur Folge hat, dass die Servicequalität dramatisch leidet.“
Belastungen erschweren Gastronomen das Leben
Weitere Belastungen bringen höhere Personalkosten, gestiegene Energie- und Lebensmittelpreise, die kürzlich angehobene Mehrwertsteuer und steigende Mieten. Guido Zöllick, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands, fordert deswegen für die Gastro Bürokratie-Abbau. Weiter betont Zöllik: „Die einheitliche Besteuerung von Essen mit sieben Prozent ist für die Zukunftssicherung der öffentlichen Wohnzimmer von elementarer Bedeutung. Die öffentlichen Wohnzimmer haben eine hohe gesellschaftliche und wirtschaftliche Relevanz. Dies gilt es, durch konkretes politisches Handeln anzuerkennen.“ Wertschätzung ist ein großes Schlagwort. Der Gast überlegt sich gut, ob er essen geht. Wenn dann auch noch der Service schlecht ist, ist der Kunde weg. Was können Gastronomen also tun? Torsten Olderog, Professor für Dienstleistungsmanagement weiß: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass Mitarbeiter auch künftig knapp sind. Jetzt müssen wir Arbeitsweisen und das System überdenken. Zu analysieren, wo werden Mitarbeiter wirklich gebraucht und wo kann es für den Gast attraktiv sein, etwas selbst zu machen?“
Gastronomen brauchen neue Ideen
Eine Taktik könnten Investitionen in technische Neuerungen wie Pager oder Serviceroboter sein. „Nicht, um den Menschen zu ersetzen, sondern um den Mitarbeitern eine entspannte Zeit am Gast zu verschaffen. So lange, wie wir in der Gastro an gutem Essen und einem Lächeln mehr gemessen werden, als an Kilometern im Service, so lange müssen wir besser werden, um am Ende für Personal und Gäste attraktiver zu werden.“
Einen modernen Ansatz fährt hier Gastronom René Schillag vom Schulauer Fährhaus. „Ich bilde 32 Fachkräfte, unter anderem aus Indonesien, in Kooperation mit einem Hotel in Kühlungsborn aus. Wir zahlen ihnen alle Lebenshaltungskosten und den Schulbesuch. Wir und unsere Gäste sind von der Freundlichkeit und dem Fleiß begeistert.“ Schillag sieht darin großes Potenzial.