Heute ist der Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus. Es ist zugleich der 80. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz. Viele Hamburgerinnen und Hamburger gedachten dieses Tages mit einer besonderen Geste: Sie putzten Stolpersteine. Die pflastersteingroße Gedenkplatten aus Messing markieren bundesweit den letzten Wohnort von Menschen, die Opfer des Naziregimes geworden sind. Angehörige der Führungsakademie der Bundeswehr begingen den Gedenktag, indem sie Stolpersteine im Grindelviertel reinigten. Es ist ein Stadtteil mit einem großen Geschichtsbezug.
„Nie wieder.“
Brigadegeneral Frank Pieper, Direktor Strategie und Fakultäten der Führungsakademie der Bundeswehr, erinnerte aus diesem Anlass: „Stolpersteine am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus zu pflegen, ist ein Beitrag gegen die Geschichtsvergessenheit. Denn die Stolpersteine geben den Opfern Namen, Gesichter und eine Ahnung vom Kontext, vom Leben, aus dem sie brutal gerissen wurden. Deshalb wollen wir den heutigen Tag nutzen, um neben dem Erinnern an die Opfer dem ‚Nie wieder‘ Stimme und Bild zu geben.“ Gemeinsam mit Militärrabbiner Shmuel Havlin und Dr. Uwe Janzen, dem 2. Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde in Hamburg, begrüßte er die Freiwilligen. Anschließend zogen sie in kleinen Gruppen los und machten die Namen der ermordeten Frauen, Männer und Kinder wieder sichtbar.
„Das Grindelviertel mit seiner großen, lebendigen jüdischen Gemeinde nannte man Anfang des 20. Jahrhunderts das Jerusalem des Nordens“, berichtete Militärrabbiner Shmuel Havlin. Demnach lebten in den 1920er-Jahren mehr als 30.000 Jüdinnen und Juden in Hamburg. Doch rund 10.000 von ihnen wurden deportiert und ermordet. Heute zählt die Gemeinde nur noch rund 3.000 Mitglieder.
„Umso wichtiger ist es, dass wir der Opfer öffentlich gedenken – gerade als Soldaten.“
Bei einer Führung durch die Synagoge Hohe Weide erklärte der Rabbiner den Soldatinnen und Soldaten die Tradition und Geschichte des Hamburger Judentums. Eindrücklich betonte er, es sei unfassbar, dass Menschen einfach verschwanden und man sie allein aufgrund ihres Glaubens ermordete. Und weiter: „Umso wichtiger ist es, dass wir der Opfer öffentlich gedenken – gerade als Soldaten. Denn die Bundeswehr ist eine Stütze der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Deutschland, die wir als Staatsbürger in Uniform verteidigen“, sagte Kapitänleutnant Enzo Franco P.
Mehr als 7000 Stolpersteine erinnern in Hamburg an die Ermordeten. Direkt neben denen, die die Führungsakademie poliert hat, leuchten jetzt Kerzen als Zeichen des stillen Gedenkens. Das Putzen der Stolpersteine hat in Hamburg bereits Tradition. Zahlreiche Schülerinnen und Schüler sowie Angehörige vieler Vereine und Institutionen beteiligen sich jährlich daran.